Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
die Wachen sehen.
Die Wachen. Was für Waffen trugen sie?
Welche Art von Zauber beherrschten sie?
Spürten auch sie seine Anwesenheit?
Fledderer hatte nie Fey mit derartigen Fähigkeiten erwähnt, aber Fledderer erzählte auch nicht alles über die Fey. Auch Adrian, Lukes Vater, hatte nie von dergleichen berichtet. Er hatte gemeint, daß die Fey für gewöhnlich magische Konstruktionen zu ihrem Schutz errichteten: zum Beispiel den verzauberten Torkreis eines Schattenlandes oder das Schattenland selbst.
Die Fey gerieten kaum jemals in Situationen, in denen sie Wachen benötigten. Der Anführer einer Truppe war meistens ein Visionär, der Schattenländer errichten konnte. Aber der Schwarze König war mit zu vielen Soldaten auf der Blauen Insel eingefallen, um für sie alle Schattenländer zu errichten. Luke bezweifelte, daß kleineren Einheiten wie den Posten, die ländliche Gegenden kontrollierten, überhaupt Visionäre zur Verfügung standen.
So viele Visionäre konnte es nicht geben.
Auch Fledderer hatte behauptet, Visionäre seien selten.
Sehr selten.
Luke schluckte und überquerte den hinteren Teil des Feldes, bis er sich dem Haus wieder näherte. Er hatte sein ganzes Leben auf dem Land verbracht. Er wußte, wie man von einem Gehöft zum anderen gelangte, ohne allzuviel Lärm zu machen. Er war froh, daß Antoni kein Vieh hielt, denn Tiere wurden leicht unruhig. Außerdem hoffte er, daß sich unter den Fey keine Tierreiter befanden, die ihn wittern konnten.
Hinter dem Haus standen zwei hohe, als Windschutz dienende Bäume. Auch auf der Vorderseite hatte Antoni Bäume gepflanzt, allerdings niedrigere. Vielleicht konnte sich Luke die Bäume zunutze machen. Aber wie? Auf einen von ihnen klettern und von dort aus die Pläne der Fey belauschen? Fey pflegten ihre Pläne nicht in Gruppen zu diskutieren. Etwas von einem Ast herunterwerfen, um die Fey im Haus aufzuscheuchen? Von einem Baum aus angreifen?
Keine dieser Ideen überzeugte Luke.
Er blieb hinter dem ersten Baum stehen und befühlte die rauhe Rinde. Sein Herz pochte wie wild. Er hatte noch nie Fey ausspioniert. Genaugenommen war er ihnen nur ein einziges Mal, vor zwanzig Jahren, so nahe gekommen und hatte sie angegriffen.
Jener Angriff hatte mit Lukes Gefangennahme geendet.
Luke grub die Nägel in die Rinde.
Er durfte nicht länger darüber nachdenken. Es lenkte ihn bloß ab.
Er mußte sich etwas einfallen lassen.
Südlich der Bäume lag die Scheune. Auch vor ihrer Tür stand ein Wachposten. Schliefen Soldaten in der Scheune? Im Haus selbst schienen alle wach zu sein. Was konnte der Fey sonst noch bewachen? Ein Waffenlager? Infanteristen besaßen Waffen, aber sie trugen sie für gewöhnlich bei sich. Andere Arten von Fey waren selbst Waffen.
Gefangene? Befanden sich Gefangene in der Scheune? Gefangene, wie Lukes Vater einst einer gewesen war?
Lukes Herz klopfte noch schneller. Er hatte nicht gehört, daß in dieser Gegend jemand verschwunden war. Sogar Antoni und seine Familie bewirtschafteten noch einen anderen Hof. Soweit Luke wußte, hatten die Fey niemanden getötet oder gefangengenommen.
Andererseits war Luke nichts über das Schicksal seines Vaters, Coulters und Fledderers bekannt. Hatten die Fey sie wieder gefangen genommen? Nach den Geschichten, die man sich erzählte, hatte Luke angenommen, sie seien entkommen. Vor zwei Wochen hatten sie sich sogar gegen einen ganzen Trupp Infanterie verteidigt. Irgendwie war es Coulter gelungen, die Soldaten aufzuhalten, und dann war er mit seinen Gefährten geflohen.
Luke hatte angenommen, daß sie in Sicherheit waren.
Aber wenn die Fey sie doch wieder eingeholt hatten? Würden sie ihre Gefangenen wirklich hierher bringen?
Oder gab es noch andere Gefangene?
Warum sollten die Fey so lange nach der Invasion noch Gefangene machen?
Um sie zur Arbeit zu zwingen? Um an ihnen Experimente durchzuführen wie damals an Ort? Um sie in Waffen zu verwandeln, wie sie es mit Luke gemacht hatten?
Mit einem Schlag verwandelte sich Lukes Angst in heftigen Zorn. Die Fey hatten kein Recht, sich an Unschuldigen zu vergreifen.
Gefangene zu befreien war genau die Art von Überraschung, die Luke vorschwebte.
Aber es würde nicht einfach sein.
Bevor Luke einen Plan aushecken konnte, mußte er feststellen, ob sich in der Scheune tatsächlich Gefangene befanden. Er mußte um jeden Preis vermeiden, daß eine kleine, unerfahrene Truppe von Bauern dem Schwarzen König direkt in die Arme lief.
Bevor er eine Entscheidung
Weitere Kostenlose Bücher