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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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aber um so größeren Widerstand leistet, je rascher er sich bewegen will. Die Prototypen der Planetarmaschinen, die noch keine Begrenzer der Beweglichkeit hatten, waren schon nach wenigen Arbeitsstunden schrottreif. Dem Neuling, der mit dem Großschreiter ein paar Schritte gemacht hat, teilt sich die Überzeugung mit, die Kunst sei kinderleicht, und so kommt es, daß er bei der Ausführung einer einfachen Aufgabe, etwa wenn er eine Reihe Traversen auf die Mauern eines Baues legen soll, diese Mauern eingerannt und alle Stützen verbogen hat, ehe es ihm zu Bewußtsein gekommen ist. Doch kann auch die Maschine mit Sicherungen für den unerfahrenen Führer ihre Tücken haben. Die Werte für extreme Belastungen abzulesen ist ebenso leicht wie die Lektüre eines Buches über das Skilaufen. Nur ist dank solchen Lesestoffs allein noch nie jemand Meister im Riesenslalom geworden. Angus, der bereits gut mit Tausendtonnern vertraut gewesen war, spürte bei einer anfänglich nur leichten Beschleunigung der Schritte, daß sein Diener hier fast die doppelte Masse hatte. In der gläsernen Kabine hängend wie eine Spinne in einem wunderlichen Netz, bremste er sofort die Bewegung der Beine und blieb sogar stehen, um — absichtlich langsam — einige Übungen auf der Stelle zu machen. Er trat von einem Fuß auf den anderen, neigte den Rumpf mehrmals zur Seite und schritt erst dann mehrmals um seine Rakete herum. Sein Herz schlug schneller als sonst, aber alles ging fehlerlos. Er sah das unfruchtbare, grau im niedrigen Nebel liegende Tal, die fernen Lichterketten, die das Ende des Landeplatzes markierten, und unter dem Tower die Gestalt Gosses, winzig wie eine Ameise. Ein gedämpfter, wenig aufdringlicher Lärm umgab ihn, sein Ohr lernte jeden Augenblick besser die Unterscheidung der Geräusche. Er erkannte den Baß der Haupttriebwerke, der sich bald zu einem dumpfen Gesang steigerte, bald wie mit müdem Vorwurf brummte, wenn die nach vorn geworfenen hundert Tonnen schweren Füße zu jäh abgebremst wurden. Er hörte den Ruf der Hydraulik heraus, einen ganzen Chor, denn das Öl preßte sich durch Tausende Leitungen in die Zylinder, damit die Kolben jedes der panzerbeschuhten Gliedmaßen gleichmäßig hoben, beugten und auf den Beton setzten. Schließlich vernahm er noch den zarten Refrain der Gyroskope, die ihn automatisch dabei unterstützten, das Gleichgewicht zu halten. Als er einmal absichtlich eine schärfere Wendung versuchte, erwies sich das Massiv, in dem er steckte, nicht wendig genug für die Leistung der Motoren, die zwar gehorsam alles hergaben, den Riesen aber ins Wanken brachten. Er geriet dem Piloten jedoch nicht außer Kontrolle, denn dieser milderte sofort die Kehre, indem er ihren Radius vergrößerte. Dann trieb er eine Weile sein Spiel mit tonnenschweren Felsblöcken, die er vom Rand der Betonbahn aufhob. Immer wenn die Greifzangen knirschend zupackten, sprühten die Funken von dem Gestein. Keine Stunde verging, und er war sich seines Diglators völlig sicher, er war in dem wohlbekannten Zustand, den alte Hasen als „Verwachsensein von Mensch und Großschreiter“ bezeichneten. Die Grenze zwischen ihm und der Maschine war verwischt, ihre Bewegungen waren die seinen geworden.
       Um das Training abzuschließen, erklomm er einen Geröllhang bis in beträchtliche Höhe, und er hatte bereits so viel Übung, daß er am Krachen der Steine, die zertreten unter ihm wegrutschten, erkannte, was er dem Koloß, den er schon liebgewonnen hatte, zumuten durfte. Erst als er wieder zu den verschwommen glimmenden Linien des Flugplatzes hinunterstieg, stach in seine komplette Genugtuung wie eine Nadel der Gedanke an die bevorstehende Expedition, zugleich mit dem Bewußtsein, daß Pirx und die beiden anderen Männer, in ebensolche Riesen eingeschlossen, in der Großen Depression des Titan nicht nur steckengeblieben, sondern verschwunden waren. Ohne selbst zu wissen, ob er es als zusätzliche Übung oder zum Abschied tat, umschritt er in einem enger werdenden Kreis sein Raumschiff und führte noch ein kurzes Gespräch mit Gosse. Der Flugleiter stand inzwischen neben London hinter den Scheiben des Towers. Er sah sie, erfuhr, daß man über das Schicksal der Vermißten immer noch nichts wisse, und streckte vor seinem Aufbruch die eiserne Rechte hoch empor. Mochte diese Geste anderen auch pathetisch oder gar närrisch vorkommen, so zog er sie doch allen Worten vor. Er machte eine maßvolle Kehrtwendung, warf auf den unter der

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