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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Wasser oder Natrium?“ erkundigte sich London. Er überragte den Piloten um Haupteslänge. Aus dem Funkgerät kam ein Zirpen, Gosse sprang hinzu, setzte Kopfhörer und Kehlkopfmikrofon auf und sprach leise mit jemandem.
       „Das kann nicht aus dem Reaktor sein“, sagte ratlos der Pilot. „Ich habe schweres Wasser, die Flüssigkeit ist durchsichtig und klar wie Kristall. Das dort jedoch ist schwarz wie Teer.“
       London stimmte ihm zu.
       „Dann ist eben die Kühlung in der Düse undicht geworden, und die Keramik ist geplatzt.“ Er sprach, als handele es sich um ein Streichholz. Die Havarie, die den Piloten mit seinem Raumschiff in diesem Loch gefangensetzte, regte ihn überhaupt nicht auf.
       „Bestimmt war es das“, pflichtete der junge Mann bei. „Der größte Druck m den Trichtern herrscht beim Bremsen.
       Wenn die Keramik an einer Stelle platzt, fegt der Hauptschub restlos alles hinaus. So ist es bei der Steuerborddüse passiert.“
       London sagte nichts dazu, und der Pilot meinte zögernd: „Vielleicht habe ich zu nahe aufgesetzt…“
       „Quatsch. Gut, daß Sie überhaupt gerade aufgesetzt haben.“
       Der Pilot wartete auf weitere Bemerkungen, die er als Lob auffassen konnte, aber London musterte ihn nur wortlos von dem zerzausten hellen Schöpf bis zu den Füßen in den weißen Stiefeln des Raumanzugs.
       „Morgen schicke ich einen Techniker zur Defektoskopie… Haben Sie den Reaktor auf Leerlauf gestellt?“ setzte er plötzlich hinzu.
       „Nein, ich habe ihn ganz abgeschaltet. Wie fürs Docking.“
       „Das ist gut.“
       Der Pilot sah nun schon, daß er niemandem von dem Kampf berichten konnte, den er direkt über dem Kosmodrom mit seiner Rakete ausgefochten hatte. Der Kaffee war ja gut gewesen, aber sollten die Gastgeber, die sich ihm dermaßen aufgedrängt hatten, nicht ein Zimmer und ein Bad für ihn haben? Er sehnte sich nach einer warmen Dusche. Gosse brabbelte immer noch ins Mikrofon, London stand über ihn gebeugt. Die Situation war unklar, aber spannungsgeladen. Der Pilot spürte, daß die beiden Wichtigeres am Hals hatten als seine Abenteuer und daß das mit den Funkmeldungen des Grals zusammenhängen mußte. Auf dem Fluge hatte er Fetzen davon mitbekommen — es war die Rede von verschollenen Maschinen und von der Suche nach ihnen. Gosse drehte sich auf seinem Sitz herum, so daß die Leitung des Kopfhörers sich straffte und ihm das Gerät von den Ohren auf den Hals riß.
       „Wo steckt denn dieser Sinko, den Sie bei sich haben?“
     
       „An Bord. Er soll den Reaktor überprüfen.“ London sah den Chef immer noch fragend an. Dieser machte eine kaum merkliche verneinende Bewegung mit dem Kopf und murmelte: „Nichts.“
       „Und ihre Hubschrauber?“
       „Sind umgekehrt. Sicht Null.“
       „Hast du nach ihrer Tragkraft gefragt?“
       „Sie schaffen es nicht. Was wiegt so ein Gigastrahler?“ wandte er sich an den Piloten, der der Unterredung zuhörte.
       „Ich weiß nicht genau. Knapp hundert Tonnen.“
       „Was machen Sie?“ drängte London.
       „Worauf warten Sie?“
       „Auf Killian…“, antwortete Gosse und setzte einen saftigen Fluch dazu.
       London entnahm dem Wandschrank eine Flasche „White Horse“, schüttelte sie, als wolle er prüfen, ob das für den Sachverhalt das geeignete Mittel sei, und stellte sie zurück in ihr Fach. Der Pilot stand abwartend da. Er fühlte nicht mehr die Last des Raumanzugs.
       „Wir haben zwei Männer verloren“, sagte Gosse. „Sie sind nicht im Gral angekommen.“
       „Nicht zwei, sondern drei“, verbesserte London finster. „Vor einem Monat“, griff Gosse den Faden auf, „bekamen wir einen Transport neuer Diglatoren. Sechs Stück, für den Gral. Dort konnten sie das Raumschiff nicht aufnehmen, weil sie mit dem neuen Beton des Kosmodroms nicht fertig waren. Die gesamte Rüstung der Platten, für die eine Kommission die Garantie übernommen hatte, war nämlich geborsten, als der ACHILLES, der erste Containertransporter, landete. Er wiegt neunzigtausend Tonnen, und es war ein Glück, daß er nicht umgekippt ist. Zwei Tage brauchten sie, um ihn von der Bruchstelle in die Werft zu ziehen. In aller Eile machten sie Zementspritzen, zogen einen feuerfesten Belag darüber und öffneten den Flughafen. Die Diglatoren aber standen bei uns. Die Herren Experten hielten einen Transport per Rakete für unrentabel, und Kapitän des

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