Fieber an Bord
sagte: »Mr. Borlase, wir beginnen mit der Steuerbordbatterie zu feuern. Lassen Sie laden und ausrennen, bitte.«
Borlase musterte ihn besorgt. An seinem Hals zuckte ein Nerv. »Auf welches Ziel, Sir?«
»Auf den Schoner. Sie sollen sehen, daß unsere Schüsse zu kurz liegen. Das wird sie in Sicherheit wiegen und überzeugen, daß wir nicht Anker lichten und den Rauch selbst ausnutzen werden.«
Minuten später krachten die Steuerbord-Zwölfpfünder einer nach dem anderen in einer rollenden Salve. Der Pulverqualm wälzte sich mit dem Wind zu dem anderen Rauch. Der Schoner war jetzt völlig dahinter verschwunden, und als Bolitho nach den beiden Booten ausschaute, entdeckte er nur noch das Kielwasser des letzten. Ihre Rümpfe waren wie die Halbinsel völlig verborgen.
Er zog seine Uhr. Die Sonne stand jetzt hoch, und sie konnten sich nicht länger darauf verlassen, daß Schatten die Siedlung schützen würden. Er fragte sich flüchtig, was Raymond wohl machte. Ob er an Viola dachte?
»Signal vom Ausguck auf dem Berg.« Fitzmaurice hatte sein Teleskop vor dem Auge.
Bolitho trat unter die Wanten des Besanmasts und beschattete sein Gesicht gegen den zunehmenden Sonnenglast. Der Gestank von den Feuern auf dem Abhang war hier schon schlimm; wie er in den Booten sein mochte, konnte man sich nur schwer vorstellen. Er fühlte sich übel und plötzlich schwindlig und wünschte, er hätte das von Allday angebotene Frühstück doch angenommen.
Er war wütend auf sich selbst. Nun, jetzt war es zu spät. Nahe am Berggipfel sah er ein Licht aufblitzen, den von einem Spiegel zurückgeworfenen Reflex der Sonne, wie er es bei den Infanteriesoldaten in Amerika beobachtet hatte. Das Verfahren hatte seine Grenzen, war aber schnell, vorausgesetzt, daß man vorher genügend einfache Signale vereinbart hatte.
Fitzmaurice sagte in seinem hochmütigen Ton: »Segel in Nord, Sir.«
Bolitho nickte. Das war der Beginn des großen Dramas, in dem sich keiner seiner Rolle sicher war. Die Segel mußten zur Narva l gehören, die aus ihrem Versteck irgendwo im Norden herbeieilte, wahrscheinlich in der Erwartung, den Schoner allein und im Besitz der Bucht oder ihrer Zugänge zu finden.
Er versuchte sich zu erinnern, wie spät es auf seiner Uhr gewesen war. Wo mochten die beiden Boote sein? Wie lange würde es dauern, bis das andere Schiff um die Landzunge herum in Sicht kam?
Er trat an die Reling über dem Geschützdeck und sah zu, wie die Zwölfpfünder wieder ausgerannt wurden. Swift blickte zu ihm auf. »Noch einmal, Sir?«
Bolitho hörte Lakey sagen: »Jetzt kann ich von dem Schoner nichts mehr sehen, auch von den Riffen nicht. Mein Gott, was für ein Qualm!«
Allday stand beim Niedergang und beobachtete die untätigen Bedienungen der Achterdeckgeschütze. Er wandte sich wieder seinem Kapitän zu und sah ihn schwanken und beinahe fallen. Alle anderen starrten in den Qualm hinaus oder beobachteten die Bedienungen der Zwölfpfünder.
Mit drei Schritten war er an Bolithos Seite. »Ich bin hier, Captain. Immer mit der Ruhe.« Er sah Bolitho ins Gesicht.
Es glänzte vor Schweiß, und die Augen waren halb geschlossen wie in schrecklichen Schmerzen.
Bolitho keuchte: »Die Leute dürfen mich in diesem Zustand nicht sehen.« Er schluckte hart, seine Arme und Beine zitterten stark unter einem heftigen Kälteschauer. Als wäre er bei einer Kreuzfahrt im Nordatlantik an Deck.
Allday murmelte verzweifelt: »Das Fieber! Es muß das Fieber sein. Ich gehe den Arzt holen.« Er bemerkte einen Matrosen, der heraufstarrte, und schnauzte: »Kümmere dich um deinen Dienst, verdammt noch mal.«
Bolitho packte Alldays Arm und richtete sich langsam auf.
»Nein. Muß durchhalten. Jetzt kommt der schlimmste Teil. Das wissen Sie doch!«
»Aber, Captain!« Allday sprach eindringlich auf ihn ein. »Es wird Sie umbringen. Ich kann das nicht zulassen.«
Bolitho atmete tief ein und machte sich von Allday frei. Zwischen den Zähnen sagte er betont: »Sie ... tun ... was ...
ich ... sage!«
Er zwang sich, langsam zu den Netzen zu gehen, klammerte sich daran fest und versuchte, die Kontrolle über seinen bebenden Körper zu gewinnen.
»Sie sollen das Feuer fortsetzen.« Der Lärm mochte helfen, und wenn er sie nur von ihm ablenkte.
Das Krachen der Breitseite donnerte über das Wasser, die Geschosse verloren sich in der Dunstwand.
Er hörte sich selbst sagen: »Gott, laß Thomas Erfolg haben.
Mit so wenigen Leuten können wir uns nicht bewegen.« Die Worte
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