Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
nicht.
»Entschuldigung«, sagte er, »mein Asperger hat mir mal wieder einen Streich gespielt.«
»Das war also nur ein Zufall«, entgegnete sie schnippisch, »dass er gestorben ist, unmittelbar nachdem der Hase den Tod verkündet hat? Vielleicht irren wir uns, und der Hase sagt gar nicht die Zukunft voraus, sondern kontrolliert sie.«
»Vielleicht mag er einfach nur nicht gefangen werden«, entgegnete Julia.
»Es fällt mir schwer zu glauben, dass die Geschicke des Universums von einem sprechenden Hasen gelenkt werden«, bemerkte Eliot, »obwohl es einiges erklären würde.«
Es war fünf Uhr nachmittags, die übliche Zeit für ihr Zusammentreffen. In den ersten Monaten nach ihrer Ankunft auf Schloss Whitespire hatte Eliot die anderen drei sich selbst überlassen in der Annahme, sie würden schon von allein ihren Platz als Herrscher finden und die Aufgaben übernehmen, für die sie aufgrund ihrer jeweiligen Talente am besten geeignet waren. Das hatte zu einem totalen Chaos geführt, vieles war liegengeblieben, anderes dagegen doppelt erledigt worden, von zwei verschiedenen Leuten auf zwei verschiedene Arten. Daher hatte Eliot ein tägliches Treffen eingeführt, bei dem sie jene Probleme des Königreiches durcharbeiteten, die ihnen allen am dringendsten erschienen. Das Fünfuhrtreffen schloss traditionell den möglicherweise umwerfend-umfassendsten Whiskeyservice ein, den es je auf einer der vermutlich zahllosen Welten des Multiversums gegeben hatte.
»Ich habe seiner Familie versprochen, dass wir uns um das Begräbnis kümmern«, sagte Quentin. »Er hatte nur seine Eltern, er war Einzelkind.«
»Ich sollte ein paar Worte sagen«, meinte Eliot. »Er hat mir das Jagdhornblasen beigebracht.«
»Wusstest du, dass er ein Werlöwe war?« Janet lächelte traurig. »Wirklich wahr. Er folgte dem Sonnenkalender – er verwandelte sich nur zu den Tagesundnachtgleichen und zu den Sonnenwenden. Er sagte, es helfe ihm, die Tiere zu verstehen. Er war behaart – am ganzen Körper!«
»Bitte«, sagte Eliot, »ich möchte nicht wissen, woher du das weißt.«
»Es war in vieler Hinsicht hilfreich.«
»Ich habe eine Theorie«, warf Quentin rasch ein. »Es könnten die Fenwicks gewesen sein. Die haben einen Hass auf uns, seitdem wir hier sind.«
Die Fenwicks waren die älteste jener Familien, die die Herrschaft unter sich aufgeteilt hatten, bevor die Brakebills-Absolventen nach Fillory zurückgekehrt waren. Sie waren nicht sehr erfreut gewesen, Schloss Whitespire räumen zu müssen, besaßen jedoch nicht genügend politischen Einfluss, um sich dagegen wehren zu können. Daher begnügten sie sich damit, Unfrieden am Hof zu stiften.
»Mordanschläge wären eine echte Steigerung für die Fenwicks«, bemerkte Eliot. »Normalerweise beschränken sie sich eher auf Nadelstiche.«
»Und warum sollten sie Jollyby töten?«, fragte Janet. »Jollyby war allseits beliebt!«
»Vielleicht hatten sie es auf einen von uns abgesehen und nicht auf ihn«, erwiderte Quentin, »weil sie davon ausgegangen sind, dass einer von uns den Hasen fangen würde. Wisst ihr, dass sie jetzt schon das Gerücht streuen, wir hätten Jollyby getötet?«
»Aber wie sollten sie es angestellt haben?«, fragte Eliot. »Glaubst du im Ernst, sie hätten ein Kaninchen als Auftragskiller losgeschickt?«
»Niemand kann den Sehenden Hasen beeinflussen«, entgegnete Julia. »Die Einzigartigen Geschöpfe mischen sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen ein.«
»Vielleicht war es gar nicht der Sehende Hase, sondern ein verwandelter Mensch in Hasengestalt. Ein Werhase! Ach, ich weiß auch nicht.«
Quentin rieb sich die Schläfen. Wenn sie doch nur stattdessen diese blöde Echse gejagt hätten. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er vergessen hatte, wie Fillory wirklich war. Er hatte sich eingebildet, alles würde sich zum Besseren kehren, nachdem Alice Martin Chatwin getötet hatte – kein Tod mehr, keine Verzweiflung, Enttäuschung und was der Hase noch alles vorausgesagt hatte. Aber nichts hatte geendet. Es war nicht wie in den Büchern. Es ging immer weiter.
Et in Arcadia ego.
Obwohl er wusste, dass es verrückt war und einer kindischen Logik folgte, wurde er das vage Gefühl nicht los, dass Jollybys Tod seine Schuld war, dass das alles nicht geschehen wäre, wenn er nicht dieses Abenteuer begehrt hätte. Oder hatte er es nicht genug begehrt? Welche Spielregeln galten? Vielleicht hätte er doch die Lichtung betreten sollen. Vielleicht hätte er an
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