Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Geschichte einzugehen.
Aber Fillory war nicht England. Zum einen war die Population des Landes sehr gering – insgesamt nur etwa zehntausend Einwohner, zuzüglich ungefähr genauso vieler sprechender Tiere, Zwerge, Geister, Riesen und so weiter. Darum waren er und die anderen Monarchen – oder Tetrarchen, wie auch immer – im Grunde nichts weiter als Kleinstadtbürgermeister. Während die Magie zudem auf der Erde etwas sehr Reales darstellte, war Fillory an sich
magisch.
Und das war ein großer Unterschied. Die Magie war Teil des Ökosystems, des Wetters, des Ozeans, der unbändig fruchtbaren Erde. Hätte man eine Missernte haben wollen, hätte man sich schon gewaltig anstrengen müssen.
Fillory war ein Land des Über-Überflusses. Alles, was angefertigt werden musste, konnte man früher oder später von den Zwergen erhalten, und diese waren beileibe kein unterdrücktes Industrieproletariat, sondern sie liebten es tatsächlich, alles Mögliche herzustellen. Wenn man nicht gerade ein so abscheulicher Tyrann war wie Martin Chatwin, gab es einfach zu viele Ressourcen und zu wenige Menschen, um so etwas wie innere Unruhen auszulösen. Der einzige Mangel, den Fillory zu beklagen hatte, war ein chronischer Mangel an Mangel.
Infolgedessen war jeder Versuch der Brakebills – wie sie genannt wurden, obwohl Julia, wie sie nicht müde wurde zu betonen, niemals in Brakebills gewesen war –, ernsthaft etwas in Angriff zu nehmen, an fehlenden Zielen für ernsthafte Versuche gescheitert. Das ganze Leben bestand aus Ritualen, Glanz und Gloria. Sogar das Geld war nur Show. Es war Spielgeld. Monopoly-Geld. Die anderen hatten bereits ihre Bestrebungen aufgegeben, sich nützlich machen zu wollen; Quentin dagegen konnte sich immer noch nicht ganz damit abfinden. Vielleicht hatte ihn das aufgestachelt, als er am Rand der Lichtung gestanden hatte. Irgendwo da draußen musste es doch etwas Reales geben, aber stets schien es ihm zu entwischen.
»Also gut«, sagte er schließlich. »Und was nun?«
»Na ja«, sagte Eliot, als sie wieder hineingingen, »da wären noch die Probleme mit der Außeninsel.«
»Der was?«
»Der Außeninsel.« Eliot griff nach einigen königlich aussehenden Dokumenten. »Sie hat keinen anderen Namen. Ich bin ihr König und weiß noch nicht einmal, wo sie liegt.«
Janet schnaubte. »Außen bedeutet: vor der Ostküste. Weit draußen, mehrere Tage zu segeln. Mein Gott, ich fass es nicht, dass sie dich überhaupt zum König gemacht haben. Es ist der östlichste Punkt des fillorianischen Königreichs. Glaube ich zumindest.«
Eliot starrte auf die Karte, die auf den Tisch gemalt war. »Ich sehe sie nirgends.«
Auch Quentin studierte die Karte. Bei seinem ersten Besuch in Fillory war er weit durch die westliche See gesegelt, auf der anderen Seite des Fillory-Kontinents. Sein Wissen über den Osten war hingegen äußerst lückenhaft.
»Die Karte ist nicht groß genug«, bemerkte Janet und zeigte auf Julias Schoß. »Da würde sie liegen, wenn wir einen größeren Tisch hätten.«
Quentin versuchte, sich die Insel vorzustellen: ein kleiner Streifen weißen tropischen Sandes, verziert mit einer dekorativen Palme, eingebettet in einen Ozean blaugrüner Ruhe.
»Bist du jemals dort gewesen?«, fragte Eliot.
»Niemand ist je dort gewesen. Es ist nur ein Punkt auf der Landkarte. Jemand, der vor ungefähr einer Million Jahren dort gestrandet ist, hat darauf ein Fischerdorf gegründet. Warum sprechen wir überhaupt über die Außeninsel?«
Eliot kehrte zurück zu seinen Papieren. »Sieht so aus, als hätten die Bewohner seit ein paar Jahren keine Steuern mehr gezahlt.«
»Wirklich?«, fragte Janet. »Wahrscheinlich deswegen, weil sie gar kein Geld haben.«
»Schick ihnen ein Telegramm«, schlug Quentin vor. » LIEBE AUSSENINSULANER STOP SCHICKT GELD STOP WENN IHR KEIN GELD HABT STOP SCHICKT KEIN GELD STOP .«
Ihre Zusammenkunft gewann immer mehr an Belanglosigkeit, während Eliot und Janet versuchten, sich gegenseitig darin zu überbieten, möglichst nutzlose Telegramme an die Außeninsulaner zu entwerfen.
»Na schön«, sagte Eliot schließlich. Der Turm hatte sich so weit gedreht, dass der lodernde Sonnenuntergang Fillorys den Himmel hinter ihm erleuchtete und sich rosafarbene Wolken auf seinen Schultern zu türmen schienen. »Ich werde die Fenwicks wegen Jollyby unter Druck setzen, und Janet knöpft sich die Lorians vor.« Mit einer schlaffen Geste fügte er hinzu: »Und irgendeiner wird irgendetwas
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