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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Gott!«, stieß Quentin hervor. »Was für ein Ungeheuer!«
    »Der Big Ben der Uhrenbäume«, bemerkte Janet hinter ihm.
    »So einen habe ich noch nie gesehen«, sagte Eliot. »Glaubst du, es ist der erste, den die Wächterin je erschaffen hat?«
    Wie auch immer, es war ein fillorianisches Wunder, ein echtes – wild, großartig und seltsam. Quentin hatte schon lange keines mehr gesehen, oder besser: keines mehr bemerkt. Eine Regung durchfuhr ihn, wie er sie seit Embers Grabmal nicht mehr empfunden hatte: Angst, nein, mehr noch. Ehrfurcht. Sie standen im Angesicht des Mysteriums. Das war das Ursprüngliche, die Hauptlinie, die ur-, uralte Magie.
    Sie verharrten alle nebeneinander und blickten über die Wiese. Der Minutenzeiger der Uhr stand im rechten Winkel vom Stamm ab wie ein gebrochener Finger. Einen Meter vom Fuß des Baumes entfernt, dort, wo die Zahnräder aufgeschlagen waren, wuchs ein kleiner Sprössling, wie ein junger Ahorn, der in dem lautlosen Sturm hin und her schwankte. In seinem schlanken Stamm tickte eine Taschenuhr. Ein entzückendes Beiwerk, typisch Fillory.
    Das war vielversprechend!
    »Ich gehe als Erster.«
    Quentin wollte losmarschieren, aber Eliot legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Lass das lieber.«
    »Warum?«
    »Weil sich Uhrenbäume normalerweise nicht so bewegen und ich noch nie einen gesehen habe, der derartig zerstört war. Ich wusste gar nicht, dass sie überhaupt kaputtgehen können. Hier ist es nicht geheuer. Der Hase muss uns hergeführt haben.«
    »Schon klar. Aber das ist doch klassisch, oder?«
    Julia schüttelte den Kopf. Sie sah blass aus und hatte ein trockenes Blatt in den Haaren, war aber wieder auf den Beinen.
    »Sieh dir mal an, wie regelmäßig die Lichtung ist«, warf sie ein. »Ein perfekter Kreis oder jedenfalls eine Ellipse. Vom Zentrum strahlt ein kraftvoller Arealeffekt aus. Oder von den Zentren«, fügte sie leise hinzu, »falls es eine Ellipse ist.«
    »Wer weiß, wo du da hineingeraten würdest«, gab Eliot zu bedenken.
    »Natürlich weiß man das vorher nicht. Deswegen gehe ich ja rein.«
    Es war genau das, was er brauchte. Genau darauf hatte er, ohne es zu wissen, gewartet. Mein Gott, war das lange her! Hier winkte ein Abenteuer. Wie konnten die anderen auch nur einen Augenblick zögern? Hinter ihm wieherte Wildfang leise in die Stille hinein.
    Hier ging es gar nicht um Mut. Sie hatten einfach vergessen, wer sie waren, wo sie waren und warum sie hier waren. Quentin griff nach seinem Bogen und zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher. Nur um es auszuprobieren, legte er an, spannte den Bogen und schoss auf den Baumstamm. Doch bevor er sein Ziel erreichte, verlangsamte sich der Pfeil, so als flöge er durch Wasser. Sie sahen, wie er dahinschwebte und wie in Zeitlupe nach hinten abkippte und umgedreht wurde. Schließlich kam er ganz zum Stillstand, fünf Meter über dem Boden.
    Dann zerbarst er geräuschlos in weiße Funken.
    »Wow!« Quentin lachte unwillkürlich. »Die Lichtung ist hammergeil verzaubert!«
    Er drehte sich zu den anderen um.
    »Was sagt ihr dazu? Das sieht mir verdammt nach einem Abenteuer aus. Erinnert ihr euch noch an Abenteuer? Wie in den Büchern.«
    »Ja, erinnert ihr euch noch?«, erwiderte Janet regelrecht aufgebracht. »Erinnert ihr euch noch an Penny? Lange nicht gesehen, oder? Echt, ich habe keine Lust, dir für den Rest meiner Regierungszeit als Königin das Essen kleinzuschneiden.«
    Erinnert ihr euch noch an Alice?, hätte sie genauso gut sagen können. Quentin erinnerte sich noch allzu gut. Alice war gestorben, aber sie hatten überlebt – und verhieß das hier nicht Leben? Er wippte auf den Zehenspitzen. Sie kribbelten und schwitzten in seinen Stiefeln, nur zwei Handbreit vom Rand der verzauberten Lichtung entfernt.
    Natürlich hatten die anderen recht. Hier stank es förmlich nach schräger Magie. Es war eine Falle, eine bis zum Anschlag zusammengepresste Sprungfeder, die darauf brannte, loszuschnellen und ihn in ihren Spiralen zu fangen. Aber das war ihm nur recht. Er wollte seinen Finger hineinstecken und sehen, was passierte. Eine Geschichte, eine Suche begann hier, und er war bereit zum Aufbruch. Bereit für etwas Frisches, Klares, Unsicheres im Kontrast zu dem trägen, weichen, fetten Palastleben. Die schützende Plastikfolie war entfernt worden.
    Er fragte: »Wollt ihr wirklich nicht mitkommen?«
    Julia sah ihn nur an. Eliot schüttelte den Kopf.
    »Ich bleibe lieber in Sicherheit. Aber ich kann dir von hier aus

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