Finnen von Sinnen - Finnen von Sinnen
der Finnen überbrückt werden oder aber mit der Frage: Was macht eigentlich Matti Nykänen? Über das Thema Alkohol (selbst Jelzin trank immer nur Finlandia-Wodka!) landen Sie dann zwangsläufig bei überschwänglichen Hymnen zum neuesten Kaurismäki-Film, wobei unklar bleiben darf, ob er nun von Mika oder Aki gedreht wurde.
Lieben Sie es gesellschaftspolitisch, ist spätestens jetzt der Zeitpunkt, in einem Nebensatz die PISA-Studie zu erwähnen und, sofern es opportun erscheint, das nordische Gesamtschulkonzept direkt auf den Besuch einer finnischen Forschungsgruppe bei der damaligen Bildungsministerin der DDR zurückzuführen - also Margot Honecker.
Sie können es sich aber auch einfacher machen und nun direkt ins Themenfeld Technik und Innovation wechseln. Ja, es ist wahr, NOKIA hat seinerzeit tatsächlich mit Gummistiefeln und Kondomen angefangen, und ja, recht betrachtet ist Linux besser als Windows, womit der Übergang zur Hochkultur vollzogen wäre. Gerne mit dem Kalevala-Epos, das J.R.R. Tolkien bekanntlich als Vorbild für sein Epos Der Herr der Ringe diente. Oder aber Sie finden lobende Worte für die zeitlos schönen Nierenväschen Alvar Aaltos (langes a!).
Am besten allerdings verlegen Sie sich auf Sibelius’ frühe Symphonien sowie die betörenden Wagner-Arien Karita Mattilas (ich habe sie vergangenen Sommer in Savonlinna gehört - sagenhaft, wirklich!). Und dann gibt es da natürlich noch dieses neue, zeitgenössische Kompositionsgenie. Wie war doch gleich sein Name? Arno, Arvo … Arvo Pärt. Und der gute Mann ist Este. Sagen Sie es ruhig. Das nimmt Ihnen niemand übel. In Sachen Finnland lernt jeder gerne dazu.
Es geht selbstverständlich auch ganz ohne Kultur und Landeskunde. Dass olut Bier heißt, wissen meiner Erfahrung nach 90% der Deutschen, und eine ähnlich hohe Anzahl vermag erstaunlicherweise auch ein spontanes yksi, kaksi, kolme von sich zu geben (wissen Sie, was eins, zwei, drei auf Türkisch heißt?). Selbst mit den verbleibenden 10% der RTL-II-Fraktion sind Sie sofort im Thema, meist geht es dabei dann um exzessive Urlaubserlebnisse im mallorquinischen Morgengrauen. Verdammt, wie hieß die jetzt noch mal?
Zugegeben, das mit den Namen bleibt ein Problem. Eines aber steht unzweifelhaft fest: Finnland tut uns gut! Dem Körper wie der Seele. Und daran wird kein Amoklauf je etwas ändern.
Auch Vera fühlt sich so wohl wie schon lange nicht mehr, gönnt sich zur Feier des Tages gar ein Gläschen Erdbeerbowle. Nur als ich sie frage, wie es denn beruflich so gehe, kehrt die Traurigkeit in ihre Augen zurück: »Ha ja, es muss halt.« Nach einem weiteren Schluck Erdbeerbowle erzählt sie uns von ihren Berufsschülerinnen,
die zu spät und völlig übermüdet in die Klasse kommen, weil sie die Nächte auf dem Babystrich zubringen. Nein, schüttelt meine finnische Frau auf Nachfrage energisch den Kopf, das gebe es ihres Wissens in Finnland so nicht, was die gute Vera sich natürlich schon gedacht hat. Aus heiterem Himmel äußert sie ihr Bedauern darüber, dass Bob und Zaida nicht gekommen sind.
Wirklich schade. Wir hätten sie aus Gründen der biografischen Vollständigkeit von Herzen gern dabeigehabt. Bob und Zaida waren meine erste kalifornische Anlaufstation. Bob, ein entfernter Verwandter Elmars, den wir nur aus Erzählungen kannten, bestand darauf, mich vom Flughafen abzuholen, versprach, dies mit dem Cabrio zu tun, und versicherte meinen Eltern ferner, ich würde ihn am Gate schon erkennen. So viele zwei Meter fünf große Menschen gebe es selbst in Kalifornien nicht.
Wie wahr. Bob erwies sich als ein Mittfünfziger mit schwarzer Ray-Ban-Sonnenbrille und roter Corvette. Ich katalogisierte ihn nach wenigen Minuten als das coolste mir bekannte Wesen - was wohl auch daran lag, dass er beruflich Raketenantriebe für Rüstungssysteme entwarf, darüber nicht weiter sprechen durfte und es auch nicht tat.
Wir haben wiederholt versucht, es bis auf die Stunde zu rekonstruieren, denn anzunehmen ist, dass ich meine Frau mit ihren schmalen finnischen Augen damals, auf San Franciscos Fisherman’s Wharf, zum ersten Mal sah. Jedenfalls arbeitete sie in der Woche meiner Ankunft
dort als Verkäuferin in einem Sportartikelgeschäft. Aber irgendetwas passte dann doch nicht zusammen.
Einerseits halte ich es für ausgeschlossen, nicht in dieses Geschäft gegangen zu sein, denn es gab damals kein amerikanisches Sportgeschäft, in das ich nicht gegangen wäre, andererseits bin ich mir absolut
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