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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Probe oder Die bestrafte Liebe)

    Morse hatte keine Schwierigkeiten, dem Straßenplan zu folgen. Er verließ den kleinen Parkplatz am östlichen Ende der Strandpromenade, bog nach rechts ab, dann, kurz vor der Ampel, nach links und da sah er auch schon das große, schuppenähnliche Gebäude an der linken Seite der engen Einbahnstraße Coombe Street: . Drinnen befanden sich, wie Morse sah, nachdem er die beiden hohen Holztore aufgestoßen hatte, achtzehn Parkplätze, durch diagonale weiße Linien markiert, neun an jeder Seite des DURCHFAHRT-FREIHALTEN-Ganges in der Mitte. Wegen einer beginnenden Veränderung der Gelenke der Wirbelsäule war er in der letzten Zeit nicht mehr besonders geschickt bei Dingen wie rückwärts in eine schräge Parklücke einparken, und da die Garage fast voll war, brauchte er länger, als er hätte brauchen sollen, um den Jaguar in gleichen Abstand zu einem Mercedes mit einer J-Zulassung und einem Vauxhall mit einer Y-Zulassung zu bringen. Aus langer Gewohnheit, wie schon vorher, überflog er die Nummernschilder der geparkten Autos, aber als er vor etwa einer Viertelstunde das Gästebuch durchblätterte, hatte wenigstens etwas bei ihm geklingelt.
    Aber jetzt? Nichts. Überhaupt nichts.
    Es gab keinen dringenden Grund für Morse, die Annehmlichkeiten von Zimmer 27 sofort zu erkunden, und sein Blick fiel auf die Bar, als er das Hotel betrat. Er bestellte sich also eine Halbe vom besten Bitter und setzte sich in die Fensternische, direkt neben dem Eingang, und beinahe genau auf den Abschnitt grünen Leders, der zehn Minuten früher von einem der beiden für Zimmer 14 eingetragenen Gäste frei gemacht worden war.
    Er hätte doch sicherlich Grund, einigermaßen zufrieden mit dem Leben zu sein? Aber er war es nicht. Nicht wirklich. Im Augenblick sehnte er sich nach den beiden Dingen, die für den Rest seines Urlaubs aufzugeben er sich noch an diesem Morgen feierlich geschworen hatte: Zigaretten und Zeitungen. Das Rauchen hatte er in der Vergangenheit schon so oft aufgegeben, daß ihm ein solcher Kraftakt verhältnismäßig einfach schien; nie zuvor jedoch hatte er beschlossen, daß es ein echter Gewinn für seinen Seelenfrieden sein könnte, wenn er eine ganze Woche oder so völlig frei von der Katastrophendiät wäre, die die guten Tageszeitungen täglich servierten. Aber vielleicht war das auch eine dumme Idee...
    Seine rechte Hand griff instinktiv nach der beruhigenden rechteckigen Schachtel in seiner Jackentasche, als die Dame des Hauses zu ihm trat, ihn willkommen hieß und ihm die Speisekarte gab. Es war vielleicht etwas mehr als reiner Zufall, daß Morse keine Sekunde zögerte, die Suppe aus Meeresfrüchten und das Perlhuhn zu wählen. Aber vielleicht auch nicht — und es ist eigentlich ziemlich unwichtig.
    «Etwas zu trinken dazu, Sir?» Sie war eine angenehm unbeschwert wirkende Frau, Ende vierzig, und Morse warf einen anerkennenden Blick auf das Dekollete ihres schwarzen Kleides, als sie sich mit der Weinkarte vorbeugte.
    «Was empfehlen Sie?»
    «Eine halbe Flasche Medoc? Hervorragender Jahrgang! Etwas Besseres werden Sie kaum finden.»
    «Eine ganze Flasche wäre vielleicht besser», schlug Morse vor.
    «Eine ganze Flasche also, Sir!» Das Abkommen wurde von beiden mit einem Lächeln unterzeichnet.
    «Könnten Sie die Flasche gleich öffnen und auf dem Tisch stehenlassen?»
    «So machen wir es immer.»
    «Ich, äh... Das wußte ich nicht.»
    «Er atmet gern ein wenig, nicht wahr?»
    «Wie wir alle», murmelte Morse, aber zu sich selbst, denn sie war schon fort.
    Ihm wurde klar, daß er Hunger hatte. Er hatte nicht oft Hunger; gewöhnlich nahm er die meisten Kalorien in flüssiger Form zu sich; gewöhnlich konnte er, wenn er zu einem Festessen im College eingeladen war, nur zwei der vorgesehenen Gänge schaffen, gewöhnlich tauschte er eine Vorspeise oder ein Dessert bereitwillig gegen eine Extraration Alkohol ein. Aber an diesem Abend hatte er Hunger, ganz entschieden, und er war froh, daß ihm, unmittelbar nachdem er seine zweite Halbe Bier geleert hatte (noch immer keine Zigarette!) mitgeteilt wurde, sein Essen sei fertig. Er hatte schon einige Male durch die Glastüren links von ihm in den Speisesaal geschaut, wo viele jetzt essend an ihren Tischen saßen, über die weißen Tischtücher mit den dunkelbraunen Matten gebeugt, unter dem gedämpften Licht der Kronleuchter aus Kristallglas. Es sah einladend aus, fast romantisch.
    Als er für

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