Finsteres Licht
alle meine Muskeln an, kampfbereit, aber versuchte den Eindruck zu erwecken, ganz entspannt da zu stehen. Dann streckte ich meine Sinne nach ihm aus, um mir ein Bild von ihm zu machen. Seine Gefühle waren aufgewühlt. Er hatte … Hunger. Durst nach Blut. Wut und Schmerz. Seine letzte „Mahlzeit“ musste schon etwas länger zurückliegen. Ich wühlte weiter in seinen Empfindungen. Hinter dem Hunger regte sich ein Funken ... Trauer ? I ch konnte es nicht richtig spüren, weil es von dem Hunger, der Wut und dem Schmerz überschattet wurde, also wagte ich mich noch tiefer in seine finstere Welt. Plötzlich schlug es wuchtig auf mich ein. Eine brenn ende Stichflamme voller Kummer floss über mich hinweg wie ein Ts u nami. Sofort, ja schon beinahe r eflexartig, zog ich mich aus seinem Unterbewusstsein zurück und baute meine Schutzmauer auf, hinter der ich sicher vor fremden Empfindungen war. Das alles passierte innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde.
Er neigte seinen Kopf schief zur Seite und starrte mich unverwandt an, sagte jedoch nichts. Also musste ich den Anfang machen. Ich nahm all meinen Mut zusammen.
„Was machst du hier?“
Ich versuchte meine Stimme fest, entschlossen und frei von jeglicher Unsicherheit klingen zu lassen.
„Ich wü sste nicht, was dich das angeht “ , b ekam ich zornig zur Antwort.
Ein Zorn, der seine wirklichen Gefühle unterdrückte und ich wurde neugierig.
„Was ist passiert?“, hakte ich vorsichtig nach.
„Versch winde!“, zischte er bedrohlich.
Ich wusste, seine Selbstbeherrschung stieß an seine Grenzen. Der Hunger und die Wut überschatteten alles in ihm. Er tat mir … leid. William hatte mir tausendmal beteuert, da ss es keine Heilungschancen gab, aber warum glaubte ich ihm nicht ? Warum gab es in mir immer noch Hoffnung für diese kranken Vampyr e? Wäre es die Wahrheit, würde ich vermutlich nicht daran zweifeln, redete ich mir ein. Ich tat etwas, was ich bisher nicht getan hatte. Ich schaute zu Emily und Amanda und bedeutete ihnen mit einem Blick, dass es in Ordnung war was ich tun würde. Ich hoffte sie verstanden was ich ihnen sagen wollte. Der Junky starrte mich mit sein em bösartigsten Blick an.
Der Mond wanderte weiter und plötzlich leuchteten seine Pupillen dunkelrot und drohend. F ür einen kurzen Moment erschrak ich und zuckte innerlich zusammen. Es war nicht leicht sich an dieses Aussehen zu gewöhnen. Gefahr und Aggressivität kreischten wie wild gewordene Furien in diesen roten, stechenden Augen. Ich sammelte mich und starrte selbstsicher zurück. Auch meine Augen würden nicht länger ihre natürliche Farbe besitzen, denn auch sie leuchteten im Mondlicht. Ich nahm meine Sonnenbrille ab, die ich zu meinem Schutz vor den neugierigen Menschenblicken trug und präsentierte ihm meine blauen glühenden Augen . Er schluckte und musterte mich für einen Sekundenbruchteil, bevor er wieder seine steinharte Miene aufsetzte. Ich war eine Frau, nicht überdurchschnittlich groß , was auf andere Vampyr männer wahrscheinlich weniger eindrucksvoll wirkte. Aber das war ihr Fehler , nicht meiner . Ich zögerte einen Moment, ob ich das wirklich machen sollte. Aber ich entschied mich, es auszuprobieren und legte Mitgefühl in meine Stimme.
„ Warum trauerst du ?“
Er musterte mich und seine Mundwinkel zuckten ganz leicht, kaum wahrnehmbar.
„Sehe ich so aus als würde ich trauern ?“ Er legte seinen ganzen Groll in diese Worte.
„Ich kann es fühlen.“ Ich sagte das sehr ruhig und wartete seine Reaktion ab.
Wieder regte sich etwas in seinem Gesicht. Er wurde unsicher und musterte mich weiter . Er konnte nicht einschätzen was mich zu dieser Annahme brachte. Jeder Vampyr konnte Gefühle und Empfindungen von anderen wahrnehmen. Meistens waren das oberflächliche Gefühle, die un bewusst aus uns herausströmten und andere streifte n . William hatte vor meiner Verwandlung gesagt, dass ich das reinste Gefühlschaos wäre und nicht wüsste was ich wollte. Er konnte aber nicht tief genug in mich vordringen, um meine verborgenen Gefühle, jene deren ich mir hundertprozentig sicher war, zu sehen . Ich war erfüllt von Liebe , Angst und Sorgen, wegen ihm und meiner Mutter, meine r Familie und meinen Freunde n. Hoffnung, Trauer und Wut auf mein Leben und auf alles was damit verbunden war , a ll diese Gefühle beherrschten meine letzten Tage als Mensch , was sich ihm als Gefühlschaos darbot. Doch ich war in der Lage tiefer zu graben und auch die versteckten und
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