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Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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nicht, daran habe ich nicht im entferntesten gedacht. Hatte eigentlich auch gar nicht vor, darauf zu sprechen kommen, äh …«, beendete er seine Ausführungen und lächelte. Es war ein erbärmliches Lächeln, Ausdruck der Empfindung, die ihn beherrschte: Angst. Große Angst.
    »Es handelt sich um dasselbe Kleidungsstück.«
    »Ah, ich verstehe.« Er verstand nichts. »Aber warum zeigt Ihr es mir?«
    »Deshalb.« Der König griff hinter sich und legte ihm eine weitere Hose vor, die beinahe mit der ersten identisch war. Sie war allerdings ein wenig besser gearbeitet, war an allen Stellen, die besonderer Belastung ausgesetzt sind, zur Verstärkung mit Nieten beschlagen und war weniger verschossen. Kurz gesagt, sie sah so aus, als hätte der betreffende Schneider seit der Fertigstellung der ersten Hose mindestens ein Jahr lang geübt.
    »Oho! Eine neue Hose. Wie, äh, wie schön. Wo habt Ihr sie her?« fragte Fisk und wollte die Antwort eigentlich gar nicht hören.
    »Ich habe sie auf dem Markt gekauft. In Isolon«, erklärte Gympl selbstgefällig.
    »Dann muß es eine Hose vom letzten Jahr sein«, konterte Fisk, der allmählich ärgerlich wurde.
    Der König winkte ihn zu sich heran, wendete die Hose und zeigte ihm ein kleines weißes Schild, das in der Hosennaht eingenäht war: Made in Isolon. Hergestellt aus 100% reinem Lemmingfell, Produktionsjahr 1024 MEZ.
    Fisk blieb der Mund offenstehen.
    »…?« wollte er wissen und starrte dumpf auf die beiden Hosen, die vor ihm lagen.
    »Es war ein hübscher Betrieb auf dem Markt.« Gympl drehte sein Messer hin und her. »Erstaunlich breites Angebot. Ich habe also das hier gekauft und dann das, ein paar von diesen, die auch, dann das, dann eines von dem, diese …«
    Eine Flut gelblicher Artikel quoll aus einem großen Sack, und schließlich hatte Gympl einen riesigen Stapel vor sich liegen.
    »Es sieht ganz so aus«, hörte er Gympls Stimme hinter dem ansehnlichen Haufen, »als ob in Isolon das Geschäft mit Lemmingfell läuft und floriert. Und wenn man sich ansieht, welche Preise sie dafür verlangen … Es muß sehr, sehr einträglich sein, dieses Geschäft.«
    Fisk riß sich zusammen, wollte das Wort ergreifen. »Aber …« Er fand keine Worte.
    Der König hieb mit der Faust auf den Tisch und schoß hoch wie eine Rakete. Die Krone auf seinem Kopf wackelte gefährlich.
    »Genau: Aber … Aber wieso? Aber warum? Aber was gedenkst du dagegen zu unternehmen?«
    »…«, würgte Fisk. Die Angst drückte ihm die Stimmbänder zusammen und wrang sie wie einen Putzlumpen.
    »Jetzt geh und laß dir etwas einfallen«, knurrte der König.
    Fisk konnte sich kaum im Gleichgewicht halten, als er sich lange und tief verbeugte und dann zur Tür schlich. Panische Angst! Eine Million Fragen! Alles drehte sich um ihn …
    »Verlaßt Euch auf mich, Sire«, schaffte er es noch zu krächzen, als er kratzfüßig und Rücken voraus durch die riesige Eichenholztür trat. »Ich werde … will … werde mir etwas einfallen lassen.«
    König Erdrosselbart, der vor Wut beinahe überkochte, bedachte ihn mit einem Grinsen, das flüssigen Stickstoff zum Gefrieren gebracht hätte. Eiskalt kreiste das Entsetzen im Blut des Innenministers und wurde mit dem Blutkreislauf zum Herzen transportiert, in dem von jeher arktische Temperaturen herrschten. Er spürte, wie er bleich wurde, er fühlte sich leer und ausgezehrt, vertrocknet wie die abgeworfene runzlige Haut einer vom Eis umschlossenen Eidechse.
    So wie ein Nachbild auf der Netzhaut verbleibt, so setzte sich jetzt ein bestimmtes Gefühl in Fisks kalter Seele fest. Der Eishauch des königlichen Zorns war gewaltig wie der glaziale Schrecken, der die Seele eines Verdammten lähmt. Fisk sah sich am Fuß einer mehr als hundert Meter hoch aufragenden Eiswand stehen, sah sich hinaufblicken, dorthin, wo eine tonnenschwere Ladung Eis zitternd auf die Gelegenheit wartete, ihn zu zermalmen und für immer in einem eisigen Grab zu begraben.
    Er schloß die Augen und bebte. Blankes Entsetzen schüttelte ihn.
     
    »Sind wir jetzt da?«
    »Was?«
    »Ob wir jetzt da sind?«
    »Nein!«
    »Oh.«
    Die Jungen stapften schweigend durch den Wald, in dem die Bäume turmhoch wuchsen, höher als alle Bäume, die sie jemals gesehen hatten, so hoch, daß sie sich unendlich klein vorkamen.
    »Ich hab Hunger!«
    »Was?«
    »Ich bin hungrig, und die Beine tun mir weh und die Schultern, und meine Füße brennen und ich hab Durst und …«
    »Halt endlich die Klappe!« schnauzte Firkin.

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