Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
Vom Netzwerk:
auf, stapfte an den Herd und schaltete ein.
     
    »Ach, du meine Güte, ach, du meine Güte«, flüsterte Firkin wieder. Er kam sich sehr verloren vor. Außerdem war er hungrig wie ein Wolf. Er hörte, wie es im Unterholz raschelte und krauchte, und strengte sich außerordentlich an, es nicht zu hören. Die Erinnerung an die vergangene Nacht war noch viel zu lebendig. Er duckte sich erschrocken, als plötzlich ledrige Flügel nur knapp an seinem Kopf vorbeiflatterten und in der dichten Schwärze verschwanden. Eine Eule schrie, viel zu laut und viel zu nahe. Sein überreizter akustischer Wahrnehmungsapparat verstärkte jedes Geräusch, das er in der Dunkelheit aufschnappte. Die Geräusche, die der Flügelschlag selbst des winzigsten Insekts verursachte, dröhnten wie der Fluglärm eines Geschwaders marodierender feuerspeiender Drachen. Das Rascheln der Spitzmäuse im hohen Gras klang, als nähere sich ein vor Hunger wahnsinnig gewordenes Rudel Hyänen, das Blut gerochen hatte. Blut. Sein Blut. Mit weitaufgerissenen Augen starrte er angestrengt in die pechschwarze Nacht.
    »Siehst du das?« flüsterte Hogshead.
    »Wo?«
    »Da drüben.«
    »Ich seh nicht, wo du hinzeigst.«
    »Da drüben.«
    »Wo?«
    Hogshead tappte so lange im Dunkel herum, bis er endlich Firkins Hand gefunden hatte. Er packte sie und hielt sie in die Richtung, in die er gezeigt hatte.
    »Da drüben … Siehst du das?«
    »Was?«
    »Findest du nicht auch, daß es da drüben ein klein weniger heller ist?«
    Firkins Augen starrten noch angestrengter in das optische Vakuum.
    »Äh … könnte sein.«
    »Stimmt doch, oder?«
    »… könnte sein.«
    »Was ist das?«
    »Keine Ahnung. Lichter, schätze ich. Gehen wir hin und sehen’s uns an.«
    »Solln wir? Wirklich?« fragte Hogshead unschlüssig.
    »Warum nicht?«
    »Warum nicht, warum nicht? Warum schon?«
    »Weil ich nicht dran denke, im Freien und im Dunklen rumzustehen, wenn da drüben« – es zeigte sinnlos irgendwo hin – »jemand ist, der Licht hat. Komm schon!«
    Firkin tappte los. Vorsichtig und ganz, ganz behutsam – man konnte ja nie wissen, worauf man trat. Oder wo hinein man trat.
    Äste, die sich ihnen aus dem Nichts entgegenstreckten, zerkratzen ihnen die Haut und schnappten nach ihren Kleidern. Dicht verknotete, kreuz und quer verschlungene Zweige versperrten ihnen den Weg, immer wieder stolperten sie übereinander. Schwarzer Efeu schlängelte sich um ihre Fußknöchel.
    Sie kamen nur langsam voran. Aber dann standen sie schließlich, erhitzt, verschwitzt und keuchend, am Rand einer Lichtung. Auf der Lichtung war die Lichtquelle. Ihre Herzen hämmerten vor Angst und Anstrengung, als sie leise aus dem Dunkel traten.
    Unglaubliches Entsetzen packte sie.
    Mit offenem Mund standen sie da und blinzelten in das grelle Licht, das einmal rot und dann wieder weiß aufflammte.
    »S… s… siehst du auch, was ich sehe?« flüsterte Firkin wie versteinert.
    »Äh … Was siehst du denn?«
    »Etwas … das … das es eigentlich gar nicht geben kann.«
    »Ja.« Hogshead fiel die Kinnlade herunter. Erst rot, dann weiß …
    »Hab immer geglaubt, so was gibt’s nur im Märchen.«
    »Ha.«
    »Oh.«
    Sie starrten über die blendendhell erleuchtete Lichtung. Harte schwarze Schatten fielen von ihren Füßen bis weit in den Wald hinter ihnen. Die Lichtung flammte rot, dann weiß.
    »Ich glaub, ich spinne.«
    »Ich auch.«
     
    »Es klingelt schon wieder, Papa.«
    »Was? Ach so, richtig.« Val Jambon sah auf. Er war in eine weiße Mehlwolke eingehüllt und rollte gerade emsig Teig aus.
    »Beeil dich lieber. Sonst wird er noch böse.«
    »Weiß schon. Reichst du mir die Krapfen rüber?«
    »Die so schön klebrig sind?« fragte das Mädchen und piekte neckisch an ihnen herum.
    »Ja die … Aber was machst du denn da, Kleines?«
    »Der hier ist Ausschuß. Hat ein Loch, siehst du? Darf ich den haben?« Die Kleine grinste ihren Vater an, legte den Kopf schief und stellte, um die Wirkung noch zu steigern, die Fußspitzen im spitzen Winkel zueinander.
    »Na gut, Courgette. Meinetwegen, du böses Mädchen. Und jetzt nimmst du zwei und legst sie auf einen Teller, ja?«
    »Ffoffort«, kam es aus einem Mund, der vollgestopft war mit den Überbleibseln eines enorm großen und ungemein klebrigen Krapfens.
    Das Serviertablett war schnell zusammengestellt: zwei zuckersüße Krapfen, ein Glas Orangensaft und – als kleine Dreingabe – zwei Schokokekse. Val Jambon nahm es, ging zur Tür und machte sich auf den weiten Weg

Weitere Kostenlose Bücher