Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers
Wasserpfütze markiert war.
»Schau, was ich dir mitgebracht habe!« piepste sie. Ihr Vater liebte Pilze. Courgette wußte, welche Freude sie ihm damit machte.
»Pilze!« Val Jambon zuckte zurück. Schon wieder diese verfluchten Pilze! Tag für Tag schleppt sie mir diese verdammten Dinger ins Haus.
Courgette räumte ihre Taschen aus, legte ihre Mitbringsel auf den großen Eichenholztisch, trat dann einen Schritt zurück und betrachtete stolz die Ausbeute.
Das, dachte Val Jambon, geht zu weit.
»Vielen Dank, Courgette. Sehr lieb von dir. Äh – wächst eigentlich sonst nichts im Wald?«
»Doch. Alles mögliche.«
»Hab ich mir doch gedacht. Und warum bringst du mir dann immer Pilze mit?«
»Weil du Pilze magst«, sagte sie und lächelte treuherzig.
»Paß auf, ich zeige dir jetzt mal was.« Val Jambon drehte sich um und öffnete einen Schrank. Eine Flut rundlicher weißer Pilze ergoß sich über den Fußboden, so lange, bis er knöcheltief in einem Berg davon stand. Courgette blieb der Mund offenstehen.
»Natürlich mag ich Pilze«, sagte Val Jambon und stieg aus dem wachsbleichen Haufen. »Aber nicht solche Mengen. Und auch nicht täglich. Vielleicht bringst du mir morgen einmal etwas anderes mit, ja?«
Sie nickte bemitleidenswert und starrte auf den Pilzhaufen.
Ich verrate ihr vielleicht besser nichts von den vierzehn Schubladen und den sechs Geschirrschränken, die voll sind mit dem verdammten Zeug, das sie mir angeschleppt hat … Bräche ihr das Herz … Irgendwann einmal wird sie schon vernünftig. Hoffe ich …
Val Jambon war ein sehr aufgeschlossener und liebevoller Mensch, ein Mann, wie ihn jeder gern als Lieblingsonkel hätte. In gewisser Weise war er ein Kind geblieben und hatte wunderbarerweise nie gelernt, anderen Menschen wirklich böse zu sein. Beinahe sein ganzes Leben lang hatte er sich dem Kochen gewidmet. Hatte Jahre damit verbracht, die Kunst der Nahrungszubereitung zu erlernen, die Kunst der Dessertkreation und der Menüplanung, so daß es mittlerweile kaum mehr etwas gab, das er nicht mit vollendeter Perfektion kochen, schmoren, braten, rösten, frikassieren oder dämpfen konnte. Seine bevorzugten Schöpfungen aber waren mächtige, gehaltvolle, zuckersüße Kuchen und Nachspeisen. Zum seinem Glück schätzte die auch der König am allermeisten.
Val Jambon reichte Courgette ein Stück Apfelkuchen, verschwand im hintersten Winkel der Küche, stöberte in verschiedenen Schränken herum und ließ dabei die Kochtöpfe auf dem Kohlenherd vor sich hinköcheln und die Backöfen vor sich hinbacken. Courgette kaute geistesabwesend auf ihrem Apfelkuchen herum und dachte vermutlich an rosafarbene Kaninchen. Vielleicht aber auch an etwas ganz anderes.
In diesem Augenblick faßte viele Stockwerke über ihnen und weit hinten am anderem Ende des Schlosses eine Hand nach einer Klingelschnur und zog. Die rote Schnur straffte sich und übersetzte – über verschiedene Transmissionsscheiben und eine mehrere hundert Meter lange Strecke – die vertikal gerichtete Zugbewegung in eine horizontale und brachte damit eine Glocke in der Küche zum Klingeln. Val Jambon blickte auf die Glocke, dann auf die Uhr und dann zu Courgette hinüber.
»Frühstück für Il Pipifax maximus, denke ich.« Er stand auf, richtete eilig ein Tablett an und machte sich auf den langen Weg zur Schlafkammer des Königs.
Courgettes rosafarbene Kaninchen tobten ausgelassen über die kleinen grünen Wiesen ihrer Erinnerung.
Firkin stellten sich die Nackenhaare auf, als er den Atem hinter sich spürte.
»Ist ätwas nicht in Ordnunk?«
Firkin fuhr herum und blickte in die wasserblassen Augen von Vlad Langschwein, der durch die vergitterte Tür ins Zimmer blickte.
»Aber woher denn! Ich nehme an, es handelt sich um eine absolut normale Reaktion. Das Übliche, wenn man so lange eingesperrt ist«, schnauzte ihn Firkin an.
»Kainer von mainen Opf… Gästän hat jämals eine so gewaltige säälische Erschittärung erlittän. Allerdinks hat auch noch kainer värsucht, die Wände zu ässen … Sind die jungen Härren etwa hungrik?«
»Nein. Bloß nicht noch einmal was zu essen!«
»Ich wärde die Wände wieder instandsätzen missen, wenn die Härren nicht mehr da sind.«
»Warum sind die Wände überhaupt aus Pfefferkuchen?«
»Damit die Täuschunk perfekter ist«, grinste Vlad hämisch. »Jeder kennt die Gäschichten, die ihm saine Mutter erzählt hat, als er noch ein Kind war: Gäschichten von Märchenschlässern und
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