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Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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war böse geworden, ja beinahe übelwollend. Wenn man ganz genau in einigen der dunkleren Winkel und Nischen nachgesehen hätte, insbesondere kurz bevor ein Streit oder eine Rauferei ausbrach, dann hätte man so etwas gesehen wie das breite Grinsen der Edamer Katze. Sie war nicht mehr einfach nur Luft. Sie war verdichtete Luft, war Luft unter Druck, breiig und breit. War Atmosphäre – Schtimmung.
     
    Der alte Mann saß, mitten in einem riesigen Wald, am Boden, saß an einen Baum gelehnt und las. Im Licht der Spätnachmittagssonne glitzerten die Blitzstrahlen, die blechernen Monde und Sterne, die billig lackierten Sternzeichen, der ganze Flitter auf seinem langen schwarzen Umhang und dem hohen, spitzen Hut. Neben ihm lag ein abgerissener, verknitterter Rucksack.
    Dieser alte Mann war Whintz, einer der letzten Vertreter einer sterbenden Zunft: Whintz, der fahrende Zauberer, der wie seine wenigen noch übriggebliebenen Zunftgenossen von Stadt zu Stadt zog, hexte, beschwor und den Zauberstab schwang, Tränklein mischte und die üblichen Zauberkunststückchen vollbrachte, mit deren Hilfe sich das Leben ein wenig angenehmer gestalten ließ.
    Im Augenblick war er, nachdem er einen anstrengenden Vormittag mit magischer Scherenschleiferei und parakosmischer Flickschusterei hinter sich gebracht hatte, mit seiner Weiterbildung beschäftigt. Vor langer Zeit, im Jahre 1034 MEZ, hatte ihn sein Vater für einen Fernlehrgang Magische Kunst – Einführung und einfache Anwendungen angemeldet. Manche Kurse waren ihm ganz brauchbar erschienen: Taschenspielertricks für Anfänger etwa, aber auch Elementarhokuspokus oder Psychologie für Fortgeschrittene – alles Fertigkeiten, die ihn in den Stand setzten, die erforderliche mystisch-magische Aura zu verstrahlen, wenn er tropfende Wasserhähne reparierte oder Warzen besprach.
    Im Laufe der Jahre hatte er dann die Erfahrung gemacht, daß sich alle möglichen praktischen Tips und Tricks als Magie verkaufen ließen, wenn man nur entsprechend aussah und sich entsprechend auszudrücken wußte.
    In einer vor kurzem erschienenen Veröffentlichung hatte die Kommission Thaumaturgischer Philosophen und Psychologen eine auf der Grundlage aktueller Datenerhebungen erarbeitete Untersuchung zur Evaluierung des Marktwertes des Dienstleistungsangebots des Gewerbes der Fahrenden Zauberer vorgelegt. Die Kommission war in dieser Studie zu dem Ergebnis gekommen, daß sich der Glaube an den Wert zauberischer Dienstleistung einem ganzen Bündel von Faktoren verdankt, das sich folgendermaßen zusammensetzt: Zu 15 Prozent basiert dieser Glaube auf einem tatsächlich erzielten Ergebnis, zu 38 Prozent auf der Wirkung der körpersprachlichen Mittel, die der Zauberer anwendet, und zu 54 Prozent auf der Wirkung, die er durch Stimme und Tonfall erzielt. Die Addition dieser Werte ergab in toto erstaunlicherweise einen Wert von 107 Prozent – ein augenfälliger Beweis dafür, daß manche Leute einfach übers Ohr gehauen werden wollen.
    Whintz verstand sich vielleicht nicht übermäßig auf Magie und Zauberei. Dafür verstand er aber um so mehr von der Leichtgläubigkeit seiner Mitmenschen – er hatte geradezu einen Röntgenblick dafür. Und auf dieser Leichtgläubigkeit gründete sein beruflicher Erfolg.
    Stoff der heutigen Hausaufgabe war das Kapitel Beschwörungsformeln und Zaubersprüche für Fortgeschrittene. Mit echter Magie hatte er sich zeitlebens schwergetan. Genauer gesagt: Er hatte sie eigentlich noch nie verstanden. Was – um es noch genauer zu sagen – allein daran lag, daß er die Zeichen der ASCII-Schrift [vi] nie verstanden hatte.
    Konnte er die einmal lesen, dann konnte auch er Zaubersprüche sprechen, mit denen sich etwas bewirken ließ – er war sich da ganz sicher. Und heute war es soweit. Er war soweit. Ganz bestimmt. Heute wollte er es versuchen.
    Er holte aus seinem Rucksack ein großes, in Leder gebundenes und überraschend schweres Buch, dessen Einband mit seltsamen Runen und ASCII-Zeichen verziert war. Alt sah es aus, uralt und außerordentlich magisch.
    Und das war es auch.
    Sein Großvater hatte es ihm gegeben, damals, als er noch viel zu klein gewesen war, um derartige Dinge verstehen zu können. »Hüte es wohl«, hatte er gesagt, »und verwahre es gut. Ich sehe schwere Zeiten kommen … Hör jetzt endlich auf zu gurgeln, Whintz! Schwere Zeiten … Krieg und Hungersnot werden über dieses Königreich kommen … Nein, ich will deine Rassel jetzt nicht! … über dieses Königreich

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