Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers
diejenige, an deren Fuß dieser Schuh paßt, die soll meine Gemahlin werden!‹ rief der Prinz, der für diese Gelegenheit seine prächtige Galarüstung angelegt hatte.
Jederman sprudelte vor Aufregung, und zwei Frauen wurden ohnmächtig. Und bald schon …«
»Warum?« fragte Hogshead.
»Hä?« antwortete Franck.
»Warum sind sie ohnmächtig geworden?«
»Ach … weil sie ihr Korsett zu eng geschnürt hatten. Unterbrich mich nicht immer, sonst höre ich auf. Also – wo war ich stehengeblieben?« Seine Augen wurden glasig, er zupfte sich am Bart … »Ah ja. Und bald schon hatte jede Frau ihren Fuß in den Schuh gesteckt, doch er paßte keiner von ihnen. Nicht einmal den verheirateten Frauen.
Prinz Chandoon war enragiert …«
»Was war er?« flüsterte Hogshead.
»Sauer«, antwortete Firkin leise.
Franck hatte weiter erzählt. »… und ließ deshalb sofort nach dem Zauberer Merlot schicken. Zwei Gardesoldaten rückten aus, um ihn für den liebeskranken Prinzen zu Hilfe zu holen.«
»Hast du nicht gesagt, diesmal sei’s eine Geschichte ohne Zauberei?« unterbrach Firkin.
»Äh, ja, also, aber …«, stotterte Franck aufgeregt.
»Du machst das immer so! Immer bringst du Merlot ins Spiel, damit er den Helden raushaut oder einen versteckten Schatz findet oder so was. Das ist gemogelt. Das ist einfach nicht wahr!«
»Firkin! Es ist doch nur eine Geschichte. Und mir gefällt sie. Also laß Franck jetzt zu Ende erzählen«, maulte Hogshead, den Firkins Einwände ärgerten.
»Ich weiß sowieso, wie die Sache ausgeht!« sagte Firkin, verschränkte die Arme und schmollte.
»Magie ist wirklicher, als du denkst, junger Mann«, erklärte Franck. Seine Stimme klang seltsam ernst, er blickte Firkin tief in die Augen. »Du wirst es noch früh genug erfahren. Du bist von ihr umgeben. Wenn du nur genau hinschaust, wirst du’s auch sehen.« Und ein wenig sanfter fügte er noch hinzu: »Aber dann sag mir doch: Wie geht die Geschichte aus?«
»Also«, begann Firkin großspurig, »Merlot kommt rein und findet mit seiner Zauberkraft das Mädchen, dem der Schuh paßt, und dann leben sie alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage.«
»Und welches Mädchen ist es?« fragte Hogshead.
»Welche wird’s schon sein?« schrie Firkin. »Die, die zu Hause bleiben und den Ofen saubermachen mußte.« Er grinste selbstgefällig und lehnte sich zurück.
Franck strich sich über das Kinn: »Dann sag mir noch eines, Firkin: Wie gut, glaubst du, gefiele einem zukünftigem König, dessen Jagd- und Turniergeschick legendär war, die Vorstellung, ein Mädchen zur Frau zu haben, die ihr Leben mit Ofenputzen, Sockenstopfen und dem Flicken von Geschirrtüchern verbracht hat, hä?«
»Nun ja … äh … möglicherweise nicht sehr …«
»Aha. Sie würden also nicht glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben, oder?«
»Äh … glaub ich nicht.«
»Du hast also nicht den richtigen Schluß gefunden, nicht wahr?«
»Hmmm … glaub ich nicht.«
»Was ist der richtige Schluß, Franck?« fragte Hogshead gespannt. »Erzähl schon. Bitte!«
»Tja also – ihr erinnert euch doch noch, daß man Merlot eine Botschaft schickte?«
»Ja«, sagte Hogshead.
»Ja«, sagte Firkin skeptisch. Er war neugierig, was sich Franck jetzt wieder ausdächte.
»Und wißt ihr auch, was in dieser Botschaft stand?«
»Nein. Hast du uns ja noch nicht gesagt.«
»Nun, es war eine Botschaft und eine Drohung. Merlot kam schleunigst an den Hof des Prinzen und gehorchte gern – weil er nichts lieber tat, als andere Menschen glücklich zu machen. Der Schuh war inzwischen in Fetzen gegangen, weil eine ganz besonders fette und gierige Frau dreimal versucht hatte, ihren Fuß hineinzuzwängen. Merlot brachte den Schuh wieder in Ordnung, und zwar genau so, daß er genau an den Fuß der Prinzessin Davina paßte, die der Prinz liebte, weil sie schön, klug und reich war – und weil ihrem Vater das beste Turniergelände weit und breit gehörte. Sie heirateten und schmissen ein Riesenfest, zu dem alle eingeladen waren.«
»Und was war mit dem anderen Mädchen?« fragte Firkin.
»Die … also die … äh … die wurde Brautjungfer.«
Firkin sah Franck an und schüttelte den Kopf. »Du kannst es einfach nicht lassen, oder? Du kannst einfach keine Geschichte ohne Zauberei und Magie erzählen. Auch wenn es überhaupt nicht nötig ist. Ein Schuster hätte den Schuh genauso gut richten können. Wie ich schon sagte: Ich glaube nicht an Magie, und es bräuchte einiges
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