Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum
Tür. »Verzeihung, wenn ich hier einfach so hereinplatze«, sagte ein munteres, fossiliertes Exemplar der Gattung Ältere Dame, das sich mit einem Tablett abschleppte, auf dem blaues Steingutgeschirr und Kekse angerichtet waren, »aber ich habe Euch beten hören und dachte mir, ein Täßchen Tee käme Euch vielleicht nicht ungelegen.«
»Ommmaaaddee … Oooh! Mademoisselle Servyette! Das ist aber nett!« säuselte Bharkleed. Er überschlug sich beinahe mit Dankesbezeugungen, um seine Verärgerung und die hektische Geschäftigkeit zu verbergen, die Flaezz beim Verräumen der Bescheinigungen entfaltete. »Wie aufmerksam von Euch! Beten kann in der Tat Durst machen!«
»Möchtet Ihr, daß ich Euch einschenke?« krächzte Mademoiselle Servyette. Wie ein arthritischer Geier kreiste ihre Hand über der Teekanne. Flaezz wurde allmählich rot im Gesicht, Rauch quoll aus seinem Mund und stieg kräuselnd auf.
»O vielen Dank! Aber das ist nicht nötig. Wenn wir auch Männer von geistlichem Stand sind, so sind wir doch durchaus in der Lage …«
»Aber da ich nun schon einmal da bin: Darf ich Euch vielleicht ein schönes Stück Kuchen anbieten, Eminenz? Ganz frisch, ich habe ihn eben aus dem Backrohr geholt. Man weiß doch, daß die Geistlichkeit eine Schwäche für Kuchen hat!«
»O nein, vielen Dank! Wir sind mit den Keksen bestens bedient.« Bharkleed riß allmählich der Geduldsfaden, energisch dirigierte er das wacklige Weiblein in Richtung Tür. »Wenn Ihr uns jetzt bitte entschuldigen wollt, wir haben noch eine ganze Menge zu beten.«
Flaezz wurde krebsrot, dann zartgrün, schaltete wie eine gestörte Verkehrsampel wirr hin und her.
»Aber selbstverständlich. Da will ich Euch nicht abhalten. Solltet Ihr allerdings irgend etwas brauchen …«
»Ja natürlich, Mademoiselle Servyette. Und vielen Dank noch mal!« Bharkleed schloß die Tür, wischte sich über die Stirn und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
Flaezz stürzte auf den Tisch zu, bekam einen Hustenanfall und stieß eine gewaltige Rauchwolke aus.
»Bruder Wenzl wollte uns eben mitteilen, was wir als nächstes unternehmen sollen«, knurrte er sarkastisch, wenn er nicht gerade würgte und spuckte.
»Ah, richtig! Laß hören«, drängte Bharkleed den Mitbruder.
»Nun, mir scheint, wir sind in dieser Gegend nicht so erfolgreich, wie wir sein könnten, weil wir hier kein …«
Es klopfte wieder. »Hallo!«
Flaezz fegte die Bescheinigungen vom Tisch. »Was jetzt?« flüsterte er.
»Moment noch!« rief Bharkleed und zuckte verzweifelt mit den Schultern.
»Ohmmmaahdeemmmoo …«, setzte Wenzl wieder ein.
Die Türklinke wurde nach unten gedrückt, Mademoiselle Servyette kam ins Zimmer gewackelt. »Ich wollte nur noch das hier vorbeibringen«, krächzte sie und fuchtelte mit einer Streichholzschachtel, »weil mir nämlich auffiel, daß die Kerzen nicht brannten, und da dachte ich, ob die vielleicht Licht brauchen, dachte ich, und habe deshalb die Streichhölzer vorbeigebracht, weil sie ja möglicherweise gebraucht werden.«
»Danke, Mademoiselle Servyette. Sehr gut beobachtet! Ohne ausreichende Beleuchtung läßt sich einfach keine richtige Atmosphäre erzielen. Doch dafür haben wir ja nun die Zündhölzer, vielen Dank auch, aber wir haben wirklich einiges zu erledigen.« Bharkleed schnappte sich die Zündholzschachtel und scheuchte die Zimmerwirtin zur Tür hinaus.
»Und Ihr wollt wirklich nicht ein Stückchen Kuchen? Bestimmt nicht? Ich habe ihn extra für Euch gebacken!« hörten sie Mademoiselle Servyette schnattern, während die Tür schon ins Schloß fiel.
»Nein. Und jetzt laßt uns in Ruhe. Wir haben zu tun. Wir müssen noch eine ganze Menge, äh, armer Seelen erretten.«
»Wie schön! Könntet Ihr dabei auch ein bißchen an mich denken?« fragte Mademoiselle Servyette, während sie schon das Treppenhaus hinunterstieg.
»Ja, ja! Adieu!« Bharkleed warf die Tür zu und wandte sich an Wenzl. »Was wolltest du gerade sagen?«
»Daß uns hier etwas sehr Wesentliches fehlt: ein Hebelpunkt, mit dem wir uns – stünde er uns zur Verfügung – im Handumdrehen die lückenlose Unterstützung des cranachischen Volkes verschaffen könnten.«
Es klopfte, die Tür flog auf, und vor den verdatterten Priestern stand Mademoiselle Servyette. Sie hielt eine Schüssel und einen Schwamm in den Händen. »Äh, nur weil mir gerade zufällig meine Salbölausrüstung in die Hände fiel: Wünschen die Herren vielleicht, daß ich ihnen die Füße
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