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Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Titel: Firkin 2: Die Frösche des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Hogshead. Die anderen sahen ihn erstaunt an. »Die Zukunft … Und sie beginnt … jetzt!«
    Und während er das sagte, wurden auf seinen Schultern, auf seinem Rücken schwarze Pünktchen sichtbar, als hätte sich jemand neben ihm eine Wolke extravagant gefärbter Schuppen aus den Haaren gestaubt. Er packte Courgette bei der Hand. Die Zeitfliegen ließen sich auch auf ihr, auf Firkin und Dawn nieder, sie klebten an ihrer Kleidung und flatterten mit den Flügeln – unnachgiebig, wie es ihnen aufgegeben war. Dawn schlug nach ihnen. Vergebens: Zahllose Zeitfliegen verliehen ihr Flügel, und schon hob sie vom Boden ab. Und Courgette? fragte sich Hogshead. Wo würde sie über kurz oder lang sein? Würden sie in der kommenden Gegenwart wieder zusammentreffen? Würde sie sich noch an ihn erinnern? Würden sie sich überhaupt schon jemals begegnet sein? Die vertrackte Logik dieses Problems wirbelte in seinem Kopf herum wie die Wäsche in einer überladenen Waschmaschine. Das surrende, schimmernde Strudel fiel über sie her, umfaßte sie und strömte mit schicksalhafter Bestimmtheit unabänderlich vorwärts. Hogshead umklammerte mit der freien Hand Courgettes Handgelenk – sie wurde fortgezogen, die Kraft unzähliger geflügelter Tentakel zerrte an ihr, sie stieg auf wie flüchtiges Helium. Der Vorgang war unwiderruflich, irreversibel, so unveränderlich, wie die Zeit selbst es war. Courgette öffnete den Mund und schrie. Kein Laut war zu hören. In diesem zeitlosen Sperrgebiet zwischen alternativen Zukünften hatte Frequenz keine Bedeutung.
    Hogsheads Finger klammerten sich fester um Courgettes Lederarmband, mit aller Kraft versuchte er, sie zu sich heranzuziehen. Er kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen zwei unbezwingbare Mächte: gegen die Prädestination, den stahlharten Klammergriff der definitiven Vorherbestimmung, und gegen den unentwirrbaren Filz der absoluten, vollkommenen Unvermeidlichkeit.
    Das Armband rutschte über das Handgelenk. Reflexartig krallte sich Courgette mit den Fingern an ihm fest – nur dieser dünne lederne Ring hielt sie jetzt noch zusammen. Der Ring schnitt ihr schmerzhaft in die Haut. Sie konzentrierte sich auf diese Empfindung, der Schmerz war ein Stück der Realität, die sie nicht verlieren wollte. Hogshead schlug wild um sich. Das Leder faserte aus und zerfranste, es war nicht mehr zu übersehen, daß es im Kampf gegen die Mächte der Unvermeidlichkeit unterliegen würde. Courgette blickte Hogshead in die Augen, die sie aus dem tumultuarischen Wirrwarr sehnsüchtig anfunkelten. Beide stürzten und purzelten sie jetzt, der Lederring, ihre letzte Verbindung, wurde zunehmend brüchiger.
    Und dann ereignete sich das Unausbleibliche: Der Ring riß entzwei und trennte Freundin und Freund. Der Trennungsakt vollzog sich leidenschaftslos, an ihm war nichts Bösartiges, weder Häme noch Schadenfreude. Er geschah, weil er zwangsläufig geschehen mußte.
    Hogshead stieß einen Schrei aus, der ungehört im schwirrenden, surrenden Lärm verhallte: Courgette wirbelte davon, wurde vor seinen Augen von den Flügeln der Zeit weggetragen und verschwand … verschwand weiß der Himmel wo.
     
    Als die summende graue Front des Ereignishorizonts an dem kleinen Zimmer hoch oben auf dem Dachboden des Westflügels von Schloß Isolon vorüberzog, fiel ein kleiner Stein, der dort ruhig über einem Tisch kreiste, aus einer Höhe von etwas mehr als einem Meter herab und schlug eine häßliche Delle in die Tischplatte aus Eichenholz. Es sollte noch lange dauern, bis einmal irgend jemandem dieser Kratzer auffiel.
     
    Aus einem Fenster unter der Dachspitze eines hohen Turms des befestigten Reichspalastes von Cranachan spähte ein dürrer Mensch, der über einem Auge eine fesche Augenklappe aus schwarzem Leder trug. Er wartete. Der Krieg mit Isolon war vorbei, König Erdrosselbart würde im Triumphzug zurückkehren. Er war sich vollkommen sicher, daß Cranachan gesiegt hatte. Seine Spione, die er nach Isolon geschickt hatte, hatten ihm jede Truppenbewegung gemeldet. Isolon konnte überhaupt nicht gewinnen. So glaubte er zumindest.
    Gespannt spähte er aus dem Fenster. Er wollte es unbedingt als erster erfahren und suchte mit angestrengt einäugigem Blick nach einem Hinweis, einem Zeichen, nach irgendeinem Anhaltspunkt.
    Eine dunkelgraue Wolke stieg weit hinten am Horizont auf.
    Das ist es! dachte er. Der Staub, den die zurückkehrenden Truppen aufwirbeln. Oder die Rauchwolke, die über den verbrennenden Leichen

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