Firkin 2: Die Frösche des Krieges
cranachische Heer war kampfunfähig! Doch dann nahm er – Zweifel hin, Verwunderung her – als gegeben hin, was er vor sich sah: einen Haufen wehrlos zappelnder Soldaten. Schnarrend legte er los und brüllte Befehle, ließ die Cranachier gefangennehmen und gab das Kommando zum Rücktransport in ihre Heimatstadt.
Scheint so, sinnierte er, als hätten wir Cranachan tatsächlich besiegt. Irgendwie …
Nur wenige Sekunden, nachdem Apathos die letzte Fuhre Geröll vor der Tür aufgeschüttet hatte, verkündete ein rasant hämmernder Trommelwirbel, das Geräusch stampfender Füße, daß der Trupp der cranachischen Reichsgeheimpolizei den Eingang der Froschkammer entdeckt hatte. Ein paar wummernde Stöße gegen Stahl (der Versuch, die Tür mit der Schulter aufzubrechen), dann ein kurzes Gemurmel, schließlich die zittrige Stimme von Zhorrothustra: »Aufmachen! Ihr erspart euch eine ganze Menge Scherereien, wenn ihr die Tür öffnet!«
»Niemals!« schrie Apathos trotzig. »Ihr kommt hier nicht rein! Nie!«
»Das Thaumatron ist ruiniert … Ihr habt keine Chance«, hörten sie Zhorrothustra durch die Stahltür. Seine Stimme klang metallisch scharf.
»Es gibt immer eine Chance!« schrie Praxx.
»Du warst schon immer ein optimistischer Einfaltspinsel«, höhnte Zhorrothustra. »Bleibt ruhig da drinnen, wenn es euch Spaß macht! Wir kommen auch ohne euch rein … Und wenn ihr Widerstand leistet – Pardon wird nicht gegeben!«
Zhorrothustras Stimme war kaum verklungen, da erschütterten drei dröhnende Schläge die Kammer – die schwere Artillerie hatte sich an die Arbeit gemacht.
Die Zeit wurde knapp. Bhoerrnies Axt hackte und holzte mit ohrenbetäubendem Krach, und wo Mjoelnir und der Lockenwickler einschlugen, zersprang der Stahl mit berstendem Knall. Unablässig hämmerten sie drauflos. Die Tür war mit Buckeln und Beulen übersät, der Rahmen vibrierte ratternd, der Putz fiel von der Wand, rutschte ab wie losgebrochene Lawinenmassen. Hinter Praxx, Apathos und den anderen drei Technikern plumpsten und platschten die Frösche in der lauwarmen Brühe, der Lärm hatte sie neugierig gemacht: Fütterzeit …? Die Hiebwaffen wummerten ohne Ende weiter. Gedämpftes Geschrei war durch die Tür zu hören, die immer mehr ausbeulte, aufmunternde, anspornende Zurufe. Nicht mehr lange, dann würde …
Es war ein überwältigender Anblick: Über fünfzehntausend Soldaten waren marschbereit angetreten. Nur bei näherem Zusehen fiel auf, daß es sich um zwei verschiedene Armeen handelte: Die Soldaten unterschieden sich auffällig sowohl durch ihre Uniformen als auch durch ihre Mimik. Dreitausend erleichtert grinsende Gesichter umringten den Haufen der zwölftausend cranachischen Kriegsgefangenen, die eher niedergeschlagen und geknickt dreinschauten; die – immer noch gut verschnürt, aber aufrecht – bereitstanden zur schmachvollen Rückkehr in den Palast. Vor ihnen hatten sich, hoch zu Roß, König Kharthezsh und die Kriegsherren von Isolon aufgebaut, Brummas wie üblich ganz hinten. Kharthezsh zwirbelte erleichtert, ganz gewaltig erleichtert seinen Knebelbart und blickte voll Genugtuung auf die gefangenen Anführer der cranachischen Armee, die mit hängenden Köpfen vor ihm standen: auf Frundl, Gympl und den fassungslosen Thatarr, die neben ihrem König angetreten waren, die von den ominösen Hörnern in Schach gehalten und vorsichtshalber noch von jeweils fünf Schwertkämpfern bewacht wurden …
Kharthezsh rieb sich schadenfroh die Hände. Er freute sich schon auf die öffentliche Demütigung der vier cranachischen Heerführer, auf ihre traditionelle Verbannung aus dem Königreich, die unter Androhung des schrittweisen Ausweidens ausgesprochen werden würde. Ebenso froh stimmte ihn der Gedanke daran, daß er jetzt zwölftausend Soldaten mehr zum Spielen hatte. Aufmarsch, Abmarsch, Eilmarsch, Nachtmarsch, Parademarsch – was sich nicht alles anstellen ließ mit zwölftausend Wehrdienstleistenden …!
Mit einem Wink seiner fürstlichen Hand gab König Kharthezsh, Herr der Doppelmonarchie Isolon-Cranachan, den Befehl zum Abmarsch zu seinem befestigten Reichspalast, dem Amtssitz seines jüngst erworbenen Königreichs.
Im Korridor vor dem Eingang der Froschkammer hob Hauptmann Schikaneder die Hand und gebot dem Bombardement auf die Stahltür Einhalt. Die drei Krieger waren zwar gut vorangekommen, dem ungeduldig gespannten Thatarr ging indes alles viel zu langsam. Nicht nur ihm. Alle wollten sie endlich in die
Weitere Kostenlose Bücher