Bezwinge mein Herz
22. Juli 1746
„I hr solltet wirklich einen Bissen zu Euch nehmen“, ermahnte Elly ihre Herrin. „Ihr braucht Nahrung für Euer Baby.“
Montana Gordon lehnte sich bleich in die Kissen zurück.
„Ich kann ja doch nichts bei mir behalten“, jammerte sie.
„Master Bhreac wird mir den Kopf abreißen. Er hat mir ausdrücklich aufgetragen, dafür zu sorgen, dass Ihr Euer Frühstück esst. – Wenigstens zur Hälfte.“
„Aber ich kann nicht!“, beharrte Montana.
Elly setzte sich neben ihre Herrin auf das Bett und nahm eine Schüssel mit Porridge vom Tablett, welches auf einem Tischchen stand.
„Ein paar Löffel Porridge“, bat Elly. „Euer Gemahl hat sogar extra für Honig bezahlt. Der Wirt musste erst welchen kaufen gehen. Und es ist mit Rahm angemacht. Ganz cremig. – Schaut!“
Montana blickte auf den Haferbrei und hatte das Gefühl, sich auf der Stelle übergeben zu müssen. Schwach schüttelte sie den Kopf.
Elly machte sich große Sorgen um ihre Herrin. In drei Tagen würden sie mit dem Schiff nach Amerika fahren und Montana Gordon, im dritten Monat schwanger, war so schwach, wie ein Neugeborenes. Wie sollte die arme Person nur die Seereise überstehen? Sie würden bei günstigen Umständen etwa sechs Wochen auf See sein, wenn der Wind schlecht stand entsprechend länger. Elly hatte selbst ein wenig Angst vor der Überfahrt. Sie hatte lieber festen Boden unter den Füßen. Was, wenn das Schiff sank oder sielle von Piraten angegriffen werden würden?
„Warum isst du nicht den Porridge und sagst meinem Gemahl, ich hätte ihn gegessen?“, schlug Montana hoffnungsvoll vor.
Elly schüttelte den Kopf.
„Nein. Erstens werde ich Euren Gatten lieber nicht anlügen, denn wenn er es erfährt, dann gnade mir Gott. Zweitens möchte ich ja auch, dass Ihr endlich zu Kräften kommt. Wir reisen in drei Tagen ab. Ihr müsst ein wenig mehr auf die Rippen bekommen, sonst übersteht ihr die Reise nicht.“
Seufzend nickte Montana und ließ sich von Elly einen Löffel mit Porridge in den Mund schieben. Sie musste würgen, aß jedoch tapfer noch zwei weitere Löffel. Beim Vierten konnte sie es nicht mehr aufhalten und sie erbrach sich.
„Tut mir leid … tut mir leid ...“, stammelte sie unter Tränen.
Elly versuchte, ihre Herrin, das Bett und sich selbst so gut es ging zu reinigen.
„Ist schon gut. Ihr könnt doch nichts dafür. Aber es ist jammerschade um das gute Essen und Ihr habt wieder nichts im Magen.“
„Ich versuche es heute Nachmittag nochmal“, versprach Montana.
Elly seufzte und half ihrer Herrin, sich das schmutzige Nachthemd auszuziehen und ein neues überzustreifen, dann räumte sie das Zimmer auf.
„Ich werde die Wirtin um frische Bettwäsche bitten und um Wasser, um Euer Nachthemd zu waschen. Dann muss ich wohl oder Übel Eurem Gatten berichten.“
„Er weiß, dass du dein Bestes tust. Ich kann eben einfach nichts bei mir behalten. Erst später am Tag klappt es besser.“
„Manchmal“, meinte Elly resigniert. „Hoffen wir, dass heute etwas drin bleibt.“
*
Nachdem Elly organisiert hatte, dass man das Bett ihrer Herrin frisch bezog, wusch sie die schmutzigen Sachen und hängte sie zum Trocknen auf. Da sie ihr Kleid ebenfalls hatte waschen müssen und ihr Sonntagskleid noch feucht war von der Wäsche, die sie gestern gemacht hatte, blieb ihr nur noch ihr altes Kleid, mit welchem sie vor drei Jahren nach Broch Dubh gekommen war, um sich dort vorzustellen. Das Kleid hatte sicherlich schon bessere Tage gesehen und war mittlerweile auch ein paar Zentimeter zu kurz geraten, doch es musste reichen, bis ihre anderen Sachen trocken waren. Schicklich war der zu kurze Rocksaum nicht gerade, aber was sollte sie machen?
Pflichtbewusst machte sie sich auf zum Gasthaus Black Stallion . Sie sollte Master Bhreac vom Zustand seiner Frau unterrichten, da er sehr beunruhigt war. Er wollte sich in dem Gasumlh in dethaus mit dem Kapitän der Sealion treffen, um alle Papiere für die Überfahrt zu erledigen.
Sie hatten das herrschaftliche Anwesen Broch Dubh fluchtartig verlassen müssen, nachdem Master Bhreac einen englischen Soldaten getötet hatte. Damals hatten Soldaten Ellys Herrin, die zu dem Zeitpunkt noch nicht mit Master Bhreac verheiratet gewesen war, verschleppt und Bhreac hatte sie gerade noch befreien können, ehe einer der Soldaten sie vergewaltigen konnte. Kurzerhand hatte Bhreac den Sassenach getötet und war mit Montana geflohen. Nun waren alle bis hier nach Thurso
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