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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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nutzte den Wimpernschlag, den Heiko brauchte, um nach vorne zu stürzen und das Gestell festzuhalten, um abzuhauen, und zwar geradeaus ins Dunkel der Nacht hinein, in Richtung der Zuschauer, in Richtung der Menschenmenge. Lisa hatte instinktiv die Hände nach vorne gestreckt, aber stellenweise ergoss sich heißes Wachs über ihre Finger und Arme, auch wurden einige der Becher in Brand gesetzt und drohten, Lisas Haare und ihr Shirt zu versengen. Heiko sah die Panik in ihren Augen. Sie schrie nicht, aber ihr Blick verriet nackte Anstrengung und auch, dass sie nicht lange aushalten würde, denn das Stahlgestell war schwer, zu schwer, und sie drohte einzuknicken. Vom Nachbargestell kamen Helfer herbeigerannt, aber sie würden nicht rechtzeitig da sein, nicht, bevor die brennenden Becher Lisa verletzt hätten, und das durfte nicht passieren. Nun entfuhr Lisa doch ein Stöhnen, und das Gestell bewegte sich noch einige Zentimeter in ihre Richtung, sie knickte ein. Heiko mobilisierte all seine Kräfte und bekam endlich die metallene Konstruktion richtig zu fassen. Er hob die Figur ein paar Zentimeter an, gerade so weit, dass Lisa darunter hervorschlüpfen konnte, und ließ die Pilzlandschaft dann einfach ins Gras fallen. Mit einem dumpfen Knall schlug das Gestell auf der Wiese auf und setzte sofort etwas trockenes Gras in Brand. Heiko sah, wie sich bereits Helfer mit Wassereimern näherten, und lief los. Die ganze Aktion hatte nur Sekunden gedauert, auch wenn es ihm wie Stunden vorgekommen war. Noch im Laufen rief er Lisa zu, ob sie okay sei, und sie bejahte. Aus den Augenwinkeln bemerkte er noch, wie sich einer der Helfer Lisas Händen widmete, wie Lisa fahrig ihr langes Haar nach Funken durchsuchte, wie sie nach einem Flämmchen trat, das sich unter ihren Füßen zu einem Feuerchen ausbreiten wollte, dann konzentrierte er sich vollends auf den Flüchtenden. Dieser war vielleicht 20 Meter weit gekommen, weit, aber nicht weit genug, als dass er nicht mehr eingeholt werden konnte. Heiko verfluchte sich, dass er in letzter Zeit nicht mehr joggte. Er konzentrierte sich auf seine Atmung und darauf, seine Schritte gleichmäßig und schnell zu setzen, inbrünstig hoffend, dass auf seinem Weg keine unvorhergesehenen Löcher in der Wiese sein würden. Und in diesem Moment kam ihm der Mond zu Hilfe. Der Himmelskörper glitt hinter einer Wolke hervor und erhellte die Szenerie schlagartig so weit, dass Heiko Holderbergs rotes Holzfällerhemd ausmachen konnte. Heiko war etwas näher herangekommen, und Holderberg näherte sich der Absperrung, die ihn vom Publikum trennte. Kurz sah sich der Mann um und schien den Abstand zwischen ihnen abzuschätzen, dann übersprang er mit einer Leichtfüßigkeit, die man ihm so nicht zugetraut hätte, das Absperrband und tauchte in die Menge ein. Er überquerte den Weg, und Heiko sah gerade noch, wie er in ein Maisfeld lief, das direkt an den Hügel, der zur Treppe führte, angrenzte. Und Heiko wusste, dass er nur eine Chance hatte: Er musste Holderberg zur Treppe treiben, denn dort könnte er nur nach vorne weiter. Heiko sprang mit einem Satz über den Weg, tauchte ein in das Maisfeld, und schlagartig war es stiller, die Stimmen gedämpfter, und das Rascheln der Blätter im Wind allgegenwärtig. Heiko hielt kurz inne, um zu lauschen, um die Richtung auszumachen, in der Holderberg unterwegs war. Und tatsächlich hörte er Anomalien im gleichmäßigen Rascheln der Blätter, sie bewegten sich schräg in südwestlicher Richtung von ihm weg. Kluger Kerl, dachte sich Heiko, will sich über die Feldwege abseilen. Heiko wandte sich ebenfalls nach Südwesten, aber in einem flacheren Winkel, als er Holderberg vermutete. Dabei spürte er, wie all seine Kräfte sich konzentrierten, wie seine Instinkte messerscharf arbeiteten und wie sein Körper sich einzig und allein darauf ausrichtete, den Mann zu fassen, der einen Menschen auf dem Gewissen und beinah seine Lisa verletzt hatte. Sein Körper arbeitete maschinengleich, er setzte einen Fuß vor den anderen, fand endlich den Winkel, der passend war, um schnell durch die Maisstängel zu gelangen. Die Blätter peitschten ihm ins Gesicht und ritzten ihm die Wange auf. Er merkte es nicht einmal. Er lief weiter. Mechanisch, und meinte bei einem erneuten Innehalten, Holderberg jetzt schräg hinter sich zu hören. Leise tastete er sich geradeaus vorwärts, in westlicher Richtung, und hörte den schnaufenden Mann näher kommen. Weiter durch die Dunkelheit, weiter über den

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