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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sie war gezwungen, sich an mir vorbeizudrängen. Sie griff nach Just ins Arm und nahm ihn an sich wie einen vergessenen Korb.
    »Schweigen ist eine andere Form der Lüge, Serene.« Sie hatte Justin herumgedreht und zog ihn mit sich zur Treppe. »Ihr wisst, dass Kronprinz Veritas noch lebt!«, rief ich hinter ihnen her. »Glaubt ihr, er kehrt nie zurück? Glaubt ihr, man wird euch nie zur Rechenschaft ziehen?«
    Sie bogen um die Ecke, und ich stand allein auf dem Gang, kochte vor Wut und verfluchte mich, weil ich so laut hinausposaunt hatte, was eigentlich noch geheim bleiben sollte. Doch der Vorfall hatte mich in eine überaus aggressive Stimmung versetzt.
    Ich streifte durch die Burg. In der Küche herrschte Chaos, und die Köchin hatte nur eben die Zeit, mich zu fragen, ob ich wüsste, dass man eine Schlange vor dem Feuer im großen Kamin gefunden hatte. Ich antwortete, wahrscheinlich wäre sie zur Winterruhe in den Holzstoß gekrochen und mit den Schei ten hereingebracht worden. Die Wärme hätte sie dann aus ihrer Winterstarre geweckt. Sarah schüttelte nur den Kopf und meinte, man wüsste von jeher, dass eine Schlange vor dem Feuer ein böses Omen sei. Dann erzählte sie mir wieder von dem Narbenmann am Brunnen, aber in ihrer Version hatte er aus dem Eimer getrunken, und als er ihn
senkte, war das Wasser, das über sein Kinn floss, rot wie Blut. Die Küchenjungen mussten ihr deshalb das Wasser zum Kochen vom Brunnen im Wäschehof bringen. Denn sie wollte nicht, dass an ihrem Tisch jemand tot umfiel.
    Dergestalt aufgeheitert, verließ ich die Küche, allerdings nicht, ohne mich an einer Handvoll Kekse schadlos zu halten. Schon nach wenigen Schritten trat mir ein Page entgegen. »FitzChivalric, Sohn von Prinz Chivalric?«, redete er mich in ausgesucht höflicher Form an.
    Die breiten Wangenknochen wiesen auf je manden aus Bearns hin, und als ich ihn mir ge nauer ansah, entdeckte ich an sei nem geflickten Wams sogleich die gelbe Blume, die Herzog Brawndy im Wappen führte. Für ei nen Knaben seiner Größe war er jäm merlich mager. Ich nickte ernst.
    »Mein Herr, Herzog Brawndy von Bearns, bittet Euch, ihn aufzusuchen, sobald es Euch genehm ist.« Er sprach die Worte mit großer Sorgfalt. Bestimmt war er noch nicht lange Page.
    »Mir ist es gleich jetzt ge nehm.«
    »Dann soll ich Euch zu ihm führen?«
    »Ich kenne den Weg. Hier, die kann ich dorthin nicht mitnehmen.« Ich reichte ihm die Kekse, und er nahm sie zögernd entgegen.
    »Soll ich sie für Euch aufheben, Herr?«, fragte er ernsthaft, und es berührte mich schmerzlich, dass ein heranwachsender Junge ein paar Kekse betrachtete wie Kostbarkeiten.
    »Vielleicht möchtest du sie für mich essen, und wenn sie dir schmecken, könntest du in die Küche gehen und unserer Köchin erzählen, wie sehr du ihre Kunst bewunderst.«
    Auch wenn noch so viel zu tun war, ich wusste, ein Kompliment von einem mageren Burschen würde Sarah zumindest mit einer Schüssel Eintopf belohnen.

    »Ja, Herr!« Sei ne Augen leuchteten auf, und er eil te davon, während die Hälfte von einem Keks bereits in seinem Mund war.
    Die minderen Gästequartiere waren jene an der gegenüberliegenden Seite der großen Halle. Ich nehme an, dass sie deshalb als weniger gut galten, weil ihre Fenster auf die Berge hinausgingen, statt aufs Meer, und die Räume dadurch dunkler waren. Davon abgesehen konnte man nichts gegen sie einwenden. Sie waren nicht kleiner und auch nicht weniger schön als die anderen.
    Allerdings stand dort, als ich das letzte Mal eins betreten hatte, noch die entsprechende Einrichtung. Gardisten des Herzogs führten mich in ein Wohn gemach mit nur drei Stüh len als Sitzgelegenheit und einem wackligen Tisch. Fidea begrüßte mich höflich, aber zurückhaltend und ent fernte sich, um ih rem Vater mitzuteilen, dass ich ge kommen sei. Die Wand teppiche und Go belins, die dem steinernen Gemach früher Wohnlichkeit und Farbe verliehen hatten, waren verschwunden. Es war in etwa so gemütlich wie eine Kerkerzelle. Nur ein knisterndes Feuer im Kamin verbreitete etwas freundliche Wärme. Ich blieb mitten im Zimmer stehen, bis Herzog Brawndy aus seinem Schlafgemach trat, um mich zu begrüßen. Er lud mich ein, Platz zu nehmen, und mit einer gewissen Befangenheit rückten wir zwei der Stühle näher zum Kamin. Brot und Pasteten hätten unsere Gäste in ih rem Quartier erwarten müssen, Wasserkessel und Be cher und Tee kräuter und Flaschen mit Wein. Ich schämte mich für den neuen,

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