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Fleisch und Blut - Der Kannibale

Fleisch und Blut - Der Kannibale

Titel: Fleisch und Blut - Der Kannibale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Lee
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Sagen Sie mir, ist das nicht abartig und geisteskrank?»
    «Vielleicht hast du recht, Felix. Wir duzen uns, vergessen? Ich habe den Männern ihr Leben genommen. Sag mir, wozu sollte ich lügen? Sie wollten es, sie verlangten geradezu danach, das musst du mir glauben, Felix. Sie haben mich dazu berufen, ihnen diese Schmerzen zuzufügen und sie zu töten.» Stolz hob er seine Brust und lächelte vor sich hin.
     
    Felix Tägli wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihm eine geknallt, mit aller Kraft mitten in dieses grinsende Gesicht geschlagen. Er musste sich zusammenreissen. Der Blick auf die Schwerter an der Wand hielt ihn davon ab und ermahnte ihn, die Füsse still zu halten. Scheissdeal! Worauf hatte er sich da eingelassen?
    Lex Reinwarth wiegte sich in Stolz: «Bin ich nicht ein Held, ein Wegbereiter? Ich habe den Mut, der anderen wie dir fehlt. Wenn meine Opfer sich nichts sehnlicher wünschen, als das, dann reden wir doch nicht von Mord, oder? Ich habe ihnen beim Sterben geholfen, ihnen eine Last abgenommen.»
     
    «Über das Gesetz können Sie sich mit Kommissar Aemisegger unterhalten. Ich bin für Ihre Titelgeschichte zuständig. Finden Sie nicht, dass Sie die Würde Ihrer Opfer verletzen, indem Sie sie herabwürdigen und das nur, um Ihre Gelüste zu stillen?»
     
    «Felix, ich sehe, du verstehst mich ebenfalls nicht!», zeigte sich Reini erstmals gekränkt, gar etwas aggressiv. Er war bislang stets ruhig und gelassen geblieben, hatte ausschweifend erzählt, ganz so als rede er über die Zubereitung eines Coupe Dänemark, während er die Schokoladensauce darüber träufelte. Doch jetzt war er sichtlich gereizt. Seine Stimmung schwankte. Der Chefredaktor hatte ihn in seiner Eitelkeit verletzt.
    «Niemals habe ich die Männer herabgewürdigt oder verachtet. Wieso sonst würde ich sie essen wollen? Ich kenne niemanden, der seine Mahlzeit mehr schätzt, als ich selbst.»
    «Die Männer – wie viele davon wurden Opfer Ihrer Gier?»
    «Ach Felix, du stellst mir Fragen! Woher soll ich das wissen, ich habe nicht mitgezählt.»
     
    Tägli musste leider feststellen: Lex Reinwarth war ein hochintelligenter Mann. Nur fokussierte er seine Möglichkeiten auf Dinge, die in dieser Welt keinen Platz und schon gar keinen Bestand haben durften. Wäre des Menschen Fleisch des Menschen tägliches Brot, wäre dies höchst fatal und würde das Dasein der Gesellschaft bedrohen. Doch jemand wie Lex Reinwarth, der bereits als Kind vom Morden geträumt hatte, der seinem Drang nach Menschenfleisch nachgab, sich in die widerwärtigsten Fantasien verstrickte, der konnte nicht normal ticken. Und doch war sich Lex Reinwarth sehr wohl bewusst, dass man einen Menschen nicht töten durfte.
    «Offen gesagt, für mich besteht kein Unterschied, ob ich ein Schwein, ein Rind oder einen Menschen esse, ausser dass ich beim Verzehr von Menschenfleisch konzentrierte Energie in mir aufnehme. Das Vorgehen ist sonst genau dasselbe. Bei einem Kalb hätte ich schon eher Mitgefühl, im Gegensatz zu den meisten Menschen. Sie essen doch auch hin und wieder Kalbfleisch?»
     
    «Ich bin Vegetarier!» Warum war Tägli nicht schon eher drauf gekommen. Natürlich war er bislang kein Vegetarier gewesen. Mit dieser Aussage erhoffte er sich bloss, nicht vom Fleisch essen zu müssen. Der Appetit nach Fleisch war ihm bereits vergangen. Ab heute würde er Vegetarier werden, gesetzten Falles, dass er lebend hier rauskommen würde. So gesehen war es noch nicht einmal gelogen.
     
    Lex Reinwarth hatte den Chefredaktor die ganze Zeit über haargenau beobachtet. Er stand auf, drehte sich um und lief langsam – schon beinahe schwebend – zu den Schwertern. Behutsam hob er das eine von der Wand und leckte die scharfe Klinge mit der Zunge. Gefolgt von einer Ansage an den Chefredaktor: «Und jetzt, Felix, schreibst du folgendes, ich will, dass es genauso in der Zeitung kommt, wie ich es sage.» Reini drehte sich mit dem Schwert in der Hand wieder um und lief direkt hinter den Chefredaktor, um ihm über die Schultern zu spähen. In Richtung der verschlossenen Tür, hinter der sich noch immer die Kommissare und die Detektivin befanden, rief er: «Wir sind gleich fertig.»
     
    Reinwarth diktierte dem Chefredaktor: «Ich bin überzeugt, d er Kannibalismus wird sich schon bald und auf der ganzen Welt ausbreiten. Der Mensch ist eine geeignete Nahrungsquelle, er reproduziert sich in hohem Ausmass und steht sozusagen unbegrenzt zur Verfügung. Ich spreche hierbei nicht von

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