Fleisch und Blut - Der Kannibale
Aemisegger. Sie beindrucken mich, so viel Cleverness hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Nun, Chefredaktor Felix Tägli soll mich interviewen. Mit ihm werde ich als einziger Person sprechen. Sollten Sie nicht darauf einsteigen, erfahren weder Sie noch der Richter nur ein Sterbenswort von mir. Dann müssen Sie halt schauen, wie weit Sie mit Ihren Beweisen kommen werden.»
Lex Reinwarth lachte laut und schrill.
«Sie wollen ein Zeitungsinterview? Was bezwecken Sie damit, wollen Sie die Gesellschaft zum Nachahmen aufrufen?»
Kommissar Aemisegger war perplex. Mit einem Deal wie diesem hatte er nicht gerechnet.
«Das werden Sie weder kontrollieren noch verhindern können. Wenn ich etwas verraten soll, dann nur in einem Gespräch mit Felix Tägli. Und nur unter der Bedingung, dass das Interview auf die Titelseite kommt.»
«Ich stelle mich hundert Prozent dagegen!», sagte Köppel.
«Ach, der Köppelchen gönnt mir die Popularität nicht! Überlegen Sie es sich. Mein Angebot steht.»
«Da gibt es nichts zu überlegen. Wir kriegen Sie auch so dran!»
Aemisegger riss langsam, aber sicher der Geduldsfaden. Dass ihm Reinwarth ein Ultimatum stellte, passte ihm gar nicht. Niemand hatte ihn unter Druck zu setzen. Aber was sollte er tun? Würde er ihn weiter frei herumlaufen lassen, wären weitere Knochenfunde die Tagesordnung. Reinwarth war keiner, der ruhen würde. Er hatte die Qual der Wahl. Mit einem Geständnis würde er ihm das Handwerk legen können. Umgekehrt hätte er weitere Todesfälle zu verantworten.
«Von mir aus. Solange Sie mir nicht beweisen können, dass ich eine Straftat begangen habe, bitte ich Sie, meinen Hof zu verlassen. Ich will nichts weiter von Ihren Verdächtigungen hören. Kommen Sie wieder, wenn Sie auf meinen Deal eingehen möchten oder etwas Handfestes in den Händen haben.»
«Wir haben doch Beweise: was ist zum Beispiel mit den hängenden Körpern, die wir letzte Woche bei Ihnen in der Scheune entdeckt haben?», warf Köppel ein.
«Sie meinen, als Sie bei mir eingestiegen sind und Hausfriedensbruch begangen haben? Ich wüsste nicht, wovon Sie sprechen» antwortete ihm Lex Reinwarth kalt. Der Umgang mit den Ermittlern kühlte ab. Diesen Köppel fand er zwar ganz reizend in Bezug auf seine Gelüste. Es war kein Leichtes, die Finger von ihm zu lassen.
Aemisegger gab klein bei: «Okay, okay, ich stimme dem Interview zu. Vorerst müssen wir jedoch Felix Tägli fragen, ob er überhaupt an einem Bericht interessiert ist.»
«Na sehen Sie – es geht doch. Rufen Sie ihn an und fragen ihn.»
«Am einfachsten wäre es, Sie würden uns auf den Polizeiposten begleiten und wir rufen den Chefredaktor von unterwegs aus an.»
«Sie sind mir vielleicht ein Schlaumeier. Nein, ich komme natürlich nicht mit auf den Polizeiposten. Wenn Sie eine Aussage von mir wollen, dann klären Sie das sofort mit dem Zeitungsmenschen. Sollte sich Herr Tägli einverstanden erklären, dann ist meine Bedingung, dass er sofort hierher auf den Hof kommt. Das Interview wird unter vier Augen stattfinden. Meinetwegen können sie aus dem Nebenzimmer zuhören.»
«Auf keinen Fall! Sie kommen jetzt mit!» Köppel war genervt. Das musste klappen, so kurz standen sie davor, ihn festnehmen zu können und somit die Bevölkerung vor seinen Schandtaten zu schützen. Es konnte einfach nicht sein. Es machte ihn rasend, dass dieser Reinwarth immer noch sein Spiel mit ihnen spielte, dass er sogar Forderungen an sie stellte. Aber Tatsache war, sie hatten leider keinen Beweis für die Tötung. Auch wenn es wahrscheinlich und offensichtlich war, dass nur dieser Reini dafür in Frage kam.
«Köppelchen, weshalb sollte ich mich mit Ihnen abgeben? Ihnen fehlt jeglicher Sinn für das Gute und Schöne. Ich will hören, was Ihr Chef zu sagen hat. Wie hat Ihnen übrigens mein Aufschnitt geschmeckt, Herr Aemisegger?»
Kommissar Aemisegger zog es den Magen zusammen. Er war schreckhaft und dünnhäutig geworden. «Wo soll denn dieses Interview stattfinden, in welchem Raum haben Sie sich das vorgestellt?»
«In meiner Stube im Erdgeschoss. Sie kennen sie von Ihrem Besuch.»
Aemisegger nickte.
Die Detektivin sagte nichts. Sie konnte es nicht verhindern und hoffte schweren Herzens, Felix Tägli würde das Angebot ablehnen.
Aemisegger meinte: «Einverstanden. Ich wiederhole Ihr Angebot: Sie wünschen ein Interview mit Felix Tägli. Wenn wir das für Sie organisieren, werden Sie im Gegenzug geständig sein und
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