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Fleischeslust - Erzaehlungen

Fleischeslust - Erzaehlungen

Titel: Fleischeslust - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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Rock-’n’-Roll-Freaks mit ihren Nietenarmbändern und den tuntigen Frisuren. Die waren zumindest bereit, sich auf die Illusion einzulassen, »Puffs Afrika-Großwildranch«, die auf einem tausend Hektar großen Grundstück gleich vor den Toren von Bakersfield lag, sei der wahre Jakob – die Etoscha-Pfanne, der Ngorongoro-Krater, die Serengeti –, aber diese Maklertypen sahen jeden Sprung im Verputz. Immer wollten sie nur wissen, wieviel er für das Grundstück gezahlt hatte und ob es auch parzelliert werden durfte.
    Er blickte zu den grinsenden gelben Zähnen der Rappenantilope hinauf, die an der Wand hinter ihm hing – jener Antilope, die sein Vater in Britisch-Ostafrika erlegt hatte, damals in den Dreißigern –, und stieß einen Seufzer aus. Geschäft war Geschäft, und letzten Endes war es ja auch schnurzegal, wer seine Löwen und Gazellen durchlöcherte – solange sie dafür zahlten. Und das taten sie immer, den vollen Betrag, und zwar in bar. Dafür sorgte Bernard.
    »Vor sechs Monaten waren wir doch bei Gino Parducci essen, Nik, oder? Sechs Monate ist das her, oder? Und hab ich damals nicht gesagt, wir würden diese Afrikageschichte in sechs Monaten durchziehen? Stimmt’s?«
    Nicole Bender saß entspannt auf dem Beifahrersitz des weißen Jaguar XJS, den ihr Mann ihr zum Valentinstag geschenkt hatte. Auf ihrem Schoß verstreut lag ein Stapel Handarbeitszeitschriften, darauf zwei Bambusstricknadeln, an denen das Embryonalstadium eines Kleidungsstücks hing, so blaß, daß sich die Farbe kaum definieren ließ. Sie war siebenundzwanzig, blond und früher Schauspielerin/Dichterin/ Fotomodell/Sängerin gewesen; ihr Trainer hatte ihr vor zwei Tagen erst gesagt, sie habe von allen Frauen, mit denen er jemals gearbeitet habe, wohl die vollkommenste Figur. Natürlich wurde er dafür bezahlt, solche Dinge zu sagen, doch tief im Herzen ahnte sie, daß es die Wahrheit war, und sie mußte es immer wieder hören. Sie wandte sich an ihren Mann. »Ja«, sagte sie, »allerdings. Aber ich hab dabei eher an Kenia oder Tansania gedacht, um ehrlich zu sein.«
    »Ja, ja«, gab er ungeduldig zurück »ja, ja, ja.« Er stieß die Worte hervor wie Kugeln aus einem der brandneuen schimmernden großkalibrigen Jagdgewehre, die im Kofferraum lagen. »Aber du weißt genau, ich kann mir keine sechs Wochen Urlaub nehmen, nicht jetzt, wo wir gerade das neue Büro in Beverly Hills aufmachen und das Montemoretto-Geschäft so gut wie in der Tasche haben... Außerdem, da drüben ist es ziemlich gefährlich, alle sechs Minuten bricht dort eine Revolution oder ein Bürgerkrieg oder sonstwas aus, und was glaubst du, wem geben sie die Schuld, wenn alles drunter und drüber geht? Den Weißen, logisch. Und jetzt sag mal: wo wärst du dann am liebsten?«
    Mike Bender war ein nur mühsam gezügeltes Energiebündel, eine Dampfwalze von Mann, der es innerhalb von nur zwölf kurzen Jahren vom Empfangssekretär zum König und Despoten seines eigenen Maklerimperiums gebracht hatte. Er hörte sich gerne reden, die kostbaren Wörter kullerten ihm von den Lippen wie Münzen aus einem Spielautomaten, beim Sprechen berührte er mit den Fingerspitzen flüchtig die Zunge, die Haare, die Ohren, die Ellenbogen und den Schritt seiner Hose, wand sich geradezu in der rastlosen Dynamik, die ihn reich gemacht hatte. »Und dann gibt’s da Tsetsefliegen, schwarze Mambas, Beriberi, Beulenpest und weiß Gott was sonst noch alles – ich meine, stell dir Mexiko vor, nur hundertmal schlimmer. Nein, wirklich, glaub mir – Gino hat mir geschworen, daß diese Ranch fast hundertprozentig an die Realität rankommt, nur eben ohne den Streß.« Er schob die Sonnenbrille vor und sah sie über den Rand hinweg prüfend an. »Willst du etwa sagen, du würdest dir lieber den Arsch abfressen lassen, in irgendeinem windschiefen Zelt in, in« – ihm fiel einfach kein hinreichend ungemütlicher Ort ein, deshalb improvisierte er – »in Sambesiland?«
    Nicole zuckte die Achseln und schenkte ihm eine Andeutung des Schmollmundlächelns, das sie für die Fotografen aufgesetzt hatte, als sie mit neunzehn in der Sommergarderobe für den J.-C.-Penney-Katalog posierte.
    »Du kriegst deinen Zebrafellvorleger schon noch, wart’s nur ab«, beruhigte Mike sie, »und dazu noch ein paar Köpfe von Löwen oder Gazellen, oder was sich eben an der Wand im Arbeitszimmer gut machen würde, okay?«
    Der Jaguar schoß durch die Wüste wie ein Lichtstrahl. Nicole nahm ihr Strickzeug vom Schoß,

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