Fluch der Toten: Roman (German Edition)
ich dachte, ich werde mich in eines dieser untoten Dinger verwandeln, konnte ich den Abzug nicht betätigen. Ich habe immer wieder gedacht, wenn ich sterben muss, muss ich eben sterben, und dagegen kann man nichts machen. Und jetzt warte ich darauf, dass ich an der Reihe bin, dass mir irgendein Scheiß passiert, wie jedem anderen auch. «
Rebecca saß schweigend da und dachte nach.
» Manchmal gehen die Dinge einfach schief « , wiederholte Stiles und schenkte Rebecca einen erwartungsvollen Blick.
» Manchmal ist es tatsächlich so. « Rebeccas Antwort war kaum mehr als ein Flüstern. Sie hatte die Hände im Schoß gefaltet, ihr Blick stierte ins Leere.
Für einen Augenblick herrschte Stille auf dem Dach des HQ . Dann wurde sie von jemandem unterbrochen.
» Wisst ihr was? « , sagte eine Stimme von der anderen Seite des Daches. » Man kann euch hier drüben hören. «
» Ach, lassen Sie sie in Ruhe, Thomas. «
» Mach ich, Sir. «
***
» Sieht aus, als gingen sie gleich ins Bettchen « , sagte ein Mann mit einer schwarzen Wollmütze. Er hockte einen halben Häuserblock vom HQ entfernt auf einem Dach. Er ließ das Fernglas sinken, durch das er geschaut hatte. An seinem Funkempfänger blinkte ein rotes Licht. » Zwei Mann sind gerade gegangen. Sind nach Süden unterwegs. «
Sawyers Stimme erwiderte über Funk: » Lasst sie in Ruhe. «
» Sir? « Der Mann mit der Wollmütze verdrehte die Augen und freute sich, dass der NSA -Agent jetzt nicht hier war und es sah. » Warum schnappen wir sie uns nicht einfach? Wir sind in Stellung. Wir sind ihnen waffentechnisch überlegen. Wir könnten den Laden stürmen. Warum nicht jetzt? «
» Weil « , sagte Sawyer grunzend, und sein Grinsen wurde in seiner Stimme hörbar, » ich noch nicht dort bin. Außerdem bringen wir ihnen ein paar besondere Partygeschenke mit. « Eine leichte Verärgerung machte sich nun in seinem Ton breit. » Und außerdem…Glauben Sie nicht auch, dass die einen nächtlichen Angriff geradezu erwarten? Sie haben Posten aufgestellt, und die halten Ausschau. «
Verwirrt, doch zu eingeschüchtert, um Sawyer weiterhin zu drängen, hob der Mann wieder sein Fernglas, setzte die Beobachtung fort und legte Sawyers Antworten unter der Rubrik » Rätsel des Lebens « ab.
***
Im HQ war in der Nacht alles still. Da sämtlicher Strom in die Labors im Keller geleitet wurde, waren die Zimmer bis auf das flackernde Licht der aus umliegenden Gebäuden erbeuteten Kerzen und Öllampen dunkel.
Wenn Sherman nicht auf dem Dach war, um eine Wachschicht abzureißen, wehten normalerweise musikalische Klänge durch die Korridore. Sherman war in klassische Musik vernarrt, die ihm, so meinte er, beim Einschlafen half. Deswegen hatte er einen uralten Aufziehphonographen angeschleppt und eine kleine Sammlung von Schallplatten angelegt. Da er heute Abend auf dem Dach weilte, waren die Gänge still, wenn man von einigen gemurmelten Gesprächen in den verschiedensten Räumen absah.
Rebecca hatte sich in ihre Schlafkammer zurückgezogen und die Tür hinter sich zugemacht. Sie drehte den Verschlussmechanismus des Knaufes und lehnte sich gegen das alte Eisen, die Arme vor der Brust verschränkt. Ein leiser Seufzer kam aus ihrem Mund. Sie dachte kurz über die Geschichte nach, die Stiles auf dem Dach erzählt hatte, und der Gedanke führte sie zu der neu entstandenen Hoffnung auf einen Impfstoff. Dies wiederum ließ sie erneut über Stiles nachdenken.
Bevor der Gedanke sie jedoch allzu sehr beschäftigen konnte, schaute sie sich kopfschüttelnd in ihrem Zimmerchen nach etwas um, das sie ablenken konnte.
Sie wusste, es war der Sicherheit nicht dienlich, sich an jemanden zu hängen. Sie löste sich von der Tür und begab sich in die Ecke zu der schmalen Liege, auf der sie nächtigte. Sie setzte sich hin, stützte die Ellbogen auf den Knien ab und ließ das Kinn auf ihren Händen ruhen. Am Ende starben alle. Da war es doch besser, man blieb allein und lebendig und ging seinem Tagwerk nach, bis man, wie Stiles sagte, selbst an der Reihe war. Weil beschissene Dinge nun mal passierten.
Ihr Blick suchte den Raum ab. Vor der Seuche hatte sie nicht zu denen gehört, die immer Ordnung hielten. Doch jetzt konnte sie Unordnung nicht mehr ausstehen. Das wenige, das ihr gehörte, hatte sie ordentlich, fast wie besessen, verteilt. Eine ungebrauchte Tischlampe stand zur Dekoration am Rand des Aktenschränkchens, das ihr als Kommode diente. Gleich daneben: Pistolengürtel, Feldflasche und
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