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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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seinen Kopf, aber er war doch auch schon wieder ruhig genug, um über die rhetorischen Möglichkeiten nachzudenken, die dieser Umstand ihm bei seinen späteren Berichten darüber bieten würde. Widerstandslos stieg er aus seinen Kleidern und drehte sich auf eine entsprechende Aufforderung hin sogar zum Fluss um.
    Er sah den Mississippi durch die niedrigen Bäume schimmern, dachte daran, wie oft er als Junge schwimmen gegangen war und warum er es eigentlich so lange nicht mehr getan hatte. Fast glaubte er, das Wasser bereits auf seiner Haut zu spüren, hörte das leise Rauschen der Strömung und zuletzt einen scharfen Knall.
    John hatte sich die Stelle sehr genau ausgesucht. Er kannte den Fluss gut genug, um zu wissen, dass erst zwei oder drei Tage später bei Plaquemine oder Seymourville eine nackte Leiche angetrieben würde. Mit ein wenig Glück hatten Fische und Alligatoren dann bereits ihre Arbeit getan.

159.
    Matutaera Tawhiao Te Wherowhero, König der mächtigen Waikato-Stämme, war ein kluger Mann. Er sah mit Freude, wie die Herrschaft der Pakeha in Neuseeland unter den Schlägen Titokowarus im Süden und Te Kootis im Osten erzitterte. Ihm war klar, dass beide fest auf seine Unterstützung rechneten, denn er konnte im Ernstfall eine Armee von dreitausend Kriegern aufstellen und wusste, dass sie zu dritt, unter seiner Führung, die Weißen vermutlich ins Meer werfen konnten. Aber er wusste auch, dass dann die Engländer zurückkommen würden, mit einer gewaltigen Kriegsflotte, Heeren und Waffen, denen die Maori wenig entgegenzusetzen hätten.
    Es war besser, sich mit einer schwachen und eingeschüchterten Kolonialregierung in Wellington auseinanderzusetzen, als mit London; einem neuseeländischen Premierminister günstige Bedingungen abzuhandeln als seiner königlichen Kollegin Viktoria. Da auch den Weißen klar sein musste, dass ihr Überleben als eigenständige Kolonie letztlich von seiner, Tawhiaos Tätigkeit oder eben Untätigkeit abhing, wäre auf diese Weise sein Königreich auf Jahre hinaus gesichert. Im Hinblick auf Te Kootis Aufstand ließ sich diese Politik auch mühelos umsetzen. Der Mann war ein Emporkömmling, den niemand wollte, und er war offensichtlich verrückt. Tawhiao lachte herzlich über seine Drohung, der Fluch Jehovas und das Schwert des Propheten würden ihn und all seine Gefolgsleute treffen, wenn sie nicht endlich Hilfe brächten.
    Der Krieg im Osten war ohnehin nicht viel mehr als eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Stämmen, ein Kampf um Land und Einfluss wie damals in den Musketenkriegen. Schon bei seinem Überfall auf Matawhero hatte Te Kooti mehr Maori als Weiße umgebracht und alte Rechnungen beglichen. Nichts war logischer, als dass die Pakeha seine Verfolgung weitgehend
ihren Kupapa-Verbündeten überließen und selbst nur hier und da mit eher kleinen Abteilungen ihrer Soldaten in Erscheinung traten.
    Sein alter Freund und General Titokowaru bereitete dem König weit größere Schwierigkeiten. Er hatte den gefürchteten Manu-Rau getötet, den berühmten McDonnell aus dem Feld geschlagen und nun auch den eher berüchtigten Whitmore besiegt. Sein Ziel war einfacher: nicht den Himmel auf Erden, sondern nur die Taranaki-Region für die dort lebenden Stämme zu gewinnen. Nach dem Sieg bei Moturoa war sein Ruhm unbeschreiblich gewachsen. Immer neue Krieger der unterschiedlichsten Stämme schlossen sich ihm an. Nur noch ein weiterer Triumph, und Tawhiao würde auch seine jungen, tatendurstigen Männer nicht mehr vom Krieg zurückhalten können. Oder noch schlimmer: Titokowaru könnte Taranaki ohne seine, des Königs Hilfe befreien und würde daraufhin zwangsläufig selbst die Rolle spielen, die Tawhiao für sich reklamierte.
    Es war eine schwierige Situation, und was sie für den Maorikönig noch unübersichtlicher machte, war die Tatsache, dass der kleine weiße Colonel Whitmore verrückt geworden zu sein schien, seine Truppen aus Taranaki zurückzog, auf Schiffe lud und zur Ostküste brachte.
     
    Whitmores Überlegung war ebenso einfach wie kühn. Er wusste, dass Titokowaru noch immer zu wenig Männer hatte, um Wanganui Town oder auch nur einen der befestigten Außenposten offen anzugreifen. Er war es seinerseits leid, den genialen Verteidiger ein drittes Mal nach dessen Spielregeln zu attackieren. Seine Truppe war müde und durch die Niederlagen demoralisiert, die Siedler verängstigt, eingeschüchtert.
    Um Titokowaru verächtlich zu machen und den Siedlern zu zeigen,

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