Flucht aus dem Harem
Männer der englischen Upperclass oft angesehen hatten. Stattdessen schien er sich zu fragen, ob seine neue Errungenschaft die Investition wert war. Als wäre sie ein Pferd oder ein Teppich. Unwillkürlich ballte sie die Hände zu Fäusten und er hob die Brauen.
„ Was erweckt Ihre Abneigung, Lady Dexter?“
Sie straffte die Schultern. „Ich bin es nicht gewöhnt, gemustert zu werden wie ein Möbelstück.“
„ Nun, ich erfreue mich an Ihrer Schönheit, Lady Dexter. Fühlen Sie sich dadurch wirklich beleidigt?“ Er lächelte. „Ich tat es nicht.“
Zu ihrem Entsetzen spürte Serena, wie ihre Wangen heiß wurden. Sie wusste keine Antwort und suchte Zuflucht in einer Ausrede. „Kate sagte mir, dass Sie kein Englisch sprechen. Aber Sie beherrschen es nahezu akzentfrei.“ Und mit sämtlichen Zwischentönen, fügte sie unhörbar hinzu.
„ Alle Kinder wachsen im Harem auf. Die Knaben müssen ihn mit acht Jahren verlassen. Bis dahin hatte ich Gelegenheit, Englisch und einige andere Sprachen von den Sklavinnen zu erlernen. Später perfektionierten Lehrer meine Kenntnisse. Dadurch gelangte ich in den Dienst des Sultans und leite in seinem Auftrag diplomatische Missionen.“
„ Beeindruckend.“ Serena zwang ein Lächeln auf ihre Lippen.
„ Ich lerne schnell.“ Ein träger Blick streifte sie, ehe er das Thema wechselte. „Wollen wir uns zu Tisch begeben? Oder wollen Sie sich frisch machen und umziehen?“
Er bot ihr eine kurze Flucht an, eine Gelegenheit, sich zu sammeln und zu sich zu kommen. Aber Ausflüchte waren noch nie ihre Sache gewesen. „Vielleicht später, Mr. al-Zafar. Jetzt habe ich Hunger und der Koch wird eine weitere Verzögerung nicht gutheißen.“
Der Pasche zuckte die Schultern. „Warum sollte uns das kümmern? Aber auch ich habe Hunger. Also kommen Sie.“ Er ging durch den Raum bis er beim festlich gedeckten Tisch stand. Serena folgte ihm und setzte sich auf einen Stuhl, den er ihr zurecht schob. Kaum, dass er sich ihr gegenüber niedergelassen hatte, erschien eine Reihe orientalisch gekleideter Diener, die den Tisch mit reichlich gefüllten Platten und Schüsseln füllten.
Als sie mit dem Vorlegen begannen, gebot ihnen der Pascha mit einer Handbewegung Einhalt. „Wir bedienen uns selbst.“ Er griff nach dem Tranchierbesteck, wandte sich aber noch einmal den Dienern zu, um ihnen in seiner Sprache Anweisungen zu erteilen. Die Männer nickten und verschwanden nach einer ehrerbietigen Geste.
Serena sah ihm zu, wie er das gebratene Huhn in mehrere Teile zerlegte. Geschickt und ohne Zögern handhabte er das lange Messer – etwas, das die Männer ihrer Gesellschaftsklasse nie getan hätten. Körperliche Arbeit – und auch diese Dinge zählten dazu – war ihnen verpönt. Sie hätten das Huhn in der Küche zerteilen lassen oder bei Tisch von einem Diener, aber niemals selbst Hand angelegt.
Die Juwelen an seinen Fingern fingen das Kerzenlicht ein, als er ihr die Stücke auf den Teller legte und sich danach selbst bediente. Serena reichte ihm die Schüssel mit den Stampfkartoffeln und versuchte sich an einem strahlenden Lächeln, während sich ihr aus unerklärlichen Gründen die Kehle zuschnürte.
Es musste an seiner Präsenz liegen, an etwas, das sie nicht genau benennen konnte und das den Raum verengte, bis die Wände sie zu erdrücken schienen.
Der Pascha merkte nichts davon. Er aß mit gutem Appetit, während sie gefühlte Stunden auf einem Bissen herumkaute.
Als sie schließlich den nahezu unberührten Teller von sich schob, beugte er sich vor. „Nicht Ihr Geschmack, Lady Dexter? Soll ich etwas anderes kommen lassen?“
Sie schüttelte den Kopf und tupfte den Mund mit der Serviette ab. „Nein, ich habe wohl weniger Hunger als ich gedacht habe.“
Er griff nach einer Silberplatte, auf der sich fremdländisch anmutender Konfekt und kandierte Früchte befanden und hielt sie ihr hin.
„ Danke, ich bin wirklich satt.“ Wieder versuchte sie zu lächeln.
Mit einem Schulterzucken stellte er die Platte beiseite und nahm eine mit Marzipan gefüllte Dattel, die er langsam in den Mund schob. Während er bedächtig kaute, sah er sie unverwandt an.
„ Sie haben Angst, Lady Dexter.“
Serena lachte ein wenig zu laut. „Angst? Wovor sollte ich Angst haben? Etwa vor Ihnen, Mr. al-Zafar?“
„ Karim“, verbesserte er. „Vielleicht haben Sie vor mir Angst, vielleicht haben Sie aber auch Angst, dass Sie Ihrer Entscheidung doch nicht gewachsen sind.“
„ Nein“, sagte Serena entschieden. „Ganz und
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