Flucht ins Ungewisse
rutschte an den Bettrand und versuchte aufzustehen. Ich scheiterte daran, als ich meinen Kopf an der Stehlampe stieß, die sich einen guten halben Meter in den Raum bog. Ich fluchte leise und griff mir an den Scheitel.
Ich hörte, wie Lora sich ein Lachen verkniff. Aber es dauerte nicht lange, da prustete sie laut los. Ich schaffte es, mich unter dem kleinen Schirm herauszuwinden, und betrachtete Lora dabei, wie sie ihren Bauch hielt, sich dann beim Bett abstützte.
In diesem Moment strahlte sie etwas Warmes aus, das den gesamten Raum auszufüllen schien.
Es fühlte sich nicht gut an, der Witz des Tages (oder der Nacht) zu sein, aber ihr Lachen war ansteckend, was mir ein Lächeln ins Gesicht trieb.
Sie sah mich mit einem Auge an, immer noch leise glucksend. „Du lächelst das erste Mal!“, stellte sie erstaunt fest.
Ich wich ihrem Blick aus. „Gleichfalls.“
„Na gut“, sagte sie immer noch belustigt. „Da du mit deinen Supersinnen nicht einmal mehr einer Lampe ausweichen kannst, schlage ich Folgendes vor …“
Sie ging an die andere Seite des Bettes, nahm eines der Kissen und stellte es in der Mitte auf. Dann nahm sie das zweite, machte damit dasselbe. Sie baute eine Art Wand.
„Ich hier“, sie deutete auf ihre Seite des Bettes, „und du dort!“ Sie deutete über den kleinen Wall. „So können wir uns beide ausruhen, ohne Gefahr zu laufen, uns dabei zu berühren.“
Anscheinend war sie stolz auf ihre Erfindung.
Ich seufzte, sah sie an. Sie war nicht Amanda. Das würde schon gut gehen.
Die Arme unter dem Kopf verschränkt, legte ich mich wieder auf meine Seite des Bettes und starrte an die Decke. Ich fühlte mich wie ein ausgewrungener Schwamm …
„Matt?“ Loras Stimme klang ungewohnt eingeschüchtert, als sie meinen Namen aussprach. Sie lag am äußeren Rand ihrer Seite und drehte mir den Rücken zu. Die Polster versperrten mir die Sicht auf sie.
„Hm?“
Sie zögerte. „Du bist nicht von hier, oder?“
Was soll das jetzt schon wieder? „Nein.“
„Man merkt es, weil du keinen Akzent hast wie Nick oder Jess“, erklärte sie feststellend, nicht fragend. Sie bewegte sich etwas, strich dann deutlich hörbar über das Leintuch. „Tut mir leid, dass ich vorhin so ausgetickt bin.“
Zuerst erwiderte ich nichts. Hat sie sich gerade entschuldigt?
„Du bist noch sauer auf mich“, meinte Lora schließlich. „Klar, versteh ich. Ich vertrag es auch nicht, wenn mich jemand über Dinge ausfragt, über die ich nicht reden will.“
„Ich bin nicht sauer auf dich“, sagte ich mit matter Stimme. „Es ist vielmehr meine Vergangenheit, die ich nicht ausstehen kann und einfach nur vergessen will.“
Sie lachte leise, kraftlos. „Das kenn ich.“
Als ich aufwachte, befiel mich ein sehnsüchtiges Gefühl. Es war warm und dennoch eisigkalt. Ich befand mich in einer Art Wachtraum. Immer wieder spukten mir Amandas Worte durch den Kopf wie ein Tonband, das sich ständig wiederholte. Ich sah sie vor mir, sobald meine Konzentration etwas nachließ. Ich roch ihren ganz eigenen Duft, spürte ihre Hand an meinem Gesicht. Ach, verdammt noch mal!
Wütend zerrte ich an der Decke, wollte sie etwas hochziehen, während ich merkte, dass etwas nicht stimmte.
Ich musste mich förmlich dazu zwingen, meine Augen zu öffnen, womit auch meine Sinne mit einem Mal erwachten. Ich hörte einen leisen Atem. Roch den gewohnten Geruch des Waschmittels, das Nicks Haushälterin bei ihm daheim immer verwendete. Keine blonde Schlampe zu sehen! beruhigte ich mich.
Ich drehte meinen Kopf, worauf etwas kitzelnd über meinen Hals strich. Eine Hand?
Mein Körper fühlte sich schwer an und im nächsten Moment wusste ich auch, warum.
Lora lag dicht an mich geschmiegt. Ihr Arm lag quer über meine Brust, ein Bein hatte sie um meines geschlungen. Ihr Kopf ruhte an meiner Schulter.
Na, wenigstens war sie noch vollständig angezogen. Ich trug nur die Jeans, die an ihrer kratzte, wenn sie sich etwas regte. Wenn man in Klamotten schlief, fühlte man sich beim Aufwachen wie ein dreckiges Knäuel Wäsche.
Eine Mischung aus Lachen und Seufzen drang aus meiner Kehle. Wenn sie aufwacht, gibt sie sicher mir die Schuld dafür!
Für sie war ich nun mal pure Anziehungskraft. So wie früher für mich Amanda.
Ich nahm ihre Hand von meinem Hals, blieb aber sonst ruhig liegen. Seit sie hier war, hatte sie keine Nacht durchgeschlafen. Immer wieder war sie aufgestanden und unruhig durch den Waggon gewandert. Es war, als hätte man einen
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