Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
Vom Netzwerk:
habe ich gemeint«, sagte sie. »Für Putzlappen ist es nicht zu gebrauchen.«
    Sie lächelte; wir lächelten.
    Bobby und ich stiegen in Drews Auto und fuhren zum Krankenhaus. Zwei Streifenwagen standen in der Einfahrt.
    »Da wären wir«, sagte ich. »Bleib stark.«
    Wir gingen hinein, und ein Bursche in Weiß brachte uns zu Lewis’ Station. Drei Leute von der Polizeistreife standen dort in ruhigem Gespräch beisammen und bearbeiteten ihre Zähne mit Zahnstochern; Lewis lag in einer Ecke des leeren Saales in seinem Bett und schlief; vielleicht stand er auch unter dem Einfluß von Beruhigungsmitteln. Über seinen Beinen lief die Bettdecke über ein Korbgerüst. Der aschblonde Arzt saß neben ihm, hielt den Kopf gesenkt und schrieb etwas. Als er meine schweren Schritte hörte, drehte er sich um.
    »Hallo, Killer«, sagte er. »Wie haben Sie geschlafen?«
    »Gut. Besser als auf den Klippen.«
    »Hält die Naht?«
    »Das wissen Sie doch. Sie wird halten, wie Sie gesagt haben. Da geht nichts mehr rein oder raus.«
    »Gut«, sagte er und wurde auf seine Weise wieder ernst.
    Lewis kam zu sich, bevor ich noch irgendwas sagen konnte. Von der Hüfte an aufwärts konnte er sich etwas bewegen. Es war, als wollte er seine Muskeln vorführen. Man sah seinen Bizeps und seine Adern hervortreten, und er schlug die Augen auf. Ich wandte mich an die drei von der Polizeistreife.
    »Haben Sie schon mit ihm gesprochen?« fragte ich.
    »Nein«, sagte einer von ihnen. »Wir haben darauf gewartet, daß er wieder zu sich kommt.«
    »Es ist wohl soweit«, sagte ich. »Oder jedenfalls bald. Lassen Sie ihm noch eine Minute.«
    Lewis sah mir in die Augen.
    »Hallo, Tarzan«, sagte ich. »Wie sieht’s aus beim großen weißen Medizinmann?«
    »Weiß«, sagte er.
    »Was haben sie alles mit dir gemacht?«
    »Das kannst besser du mir erzählen«, sagte er. »Mein Bein ist ganz schwer, und irgendwo rumort ein Schmerz darin. Aber ich habe ein sauberes Bettlaken, und ich höre nicht mehr dieses kratzende Geräusch, wenn ich mich bewege. Ich nehme also an, daß alles in Ordnung ist.«
    Ich stellte mich zwischen Lewis und den nächsten Polizisten, stellte mich ganz dicht zu ihm, und zwinkerte ihm zu. Er zwinkerte zurück, und jeder, der nicht gewußt hätte, daß es ein Zwinkern war, hätte nichts gemerkt.
    »Bloß nie wieder durch diese letzten Stromschnellen«, sagte er. »Jedenfalls nicht heute.«
    Er hatte mir das Stichwort gegeben, ohne es zu wissen. Ich nahm es auf und hoffte nur, daß er es laut genug gesagt hatte.
    »Alles ist da schiefgegangen«, sagte ich. »Drew ist ertrunken, habe ich dir das schon gesagt?«
    »Ja, ich glaube«, sagte er. »Ich kann mich nicht erinnern, ihn danach im Kanu noch gesehen zu haben.«
    »Erinnerst du dich noch an all den Schaum?« fragte ich.
    »Ja, doch«, sagte er. »Ist es dort passiert?«
    »Ja, da hat es Drew erwischt«, sagte ich langsam. »Aber dich und das Boot von Steinhauser hat’s schon beim ersten Kentern erwischt, weiter flußaufwärts.«
    »Ich konnte nichts sehen«, sagte er. »Als ich hochsah, konnte ich noch nicht mal den Himmel sehen.«
    »Keinen Himmel«, sagte ich. »Überhaupt keinen Himmel.«
    Jetzt wandte ich mich dem Polizisten zu.
    »Warten Sie, bis Sie es mal gesehen haben«, sagte ich. »Dann werden Sie verstehen, wovon er spricht.«
    »Würden Sie bitte draußen – « sagte einer der Polizisten zu uns.
    Wir zogen uns auf den Flur zurück. Jedenfalls hatte Lewis die Sache mitgekriegt; ich war ganz sicher, daß er sie mitgekriegt hatte, und zwar gerade noch rechtzeitig.
    Bobby und ich gingen in unseren neuen Sachen auf und ab. Wir hatten noch keine Gelegenheit gehabt, uns zu rasieren, waren stoppelbärtig, aber sauber. Eine Rasur hätte einen neuen Menschen aus mir gemacht, aber auch so war es schon sehr gut. Und vielleicht war es besser, nicht zu schnell wieder zivilisiert zu werden.
    Nach ungefähr fünfzehn Minuten kam einer der Polizisten gemächlich auf uns zugeschlendert und sagte: »Wie wär’s, wenn wir zurück in die Stadt fahren?«
    »Okay«, sagte ich. »Wie Sie wollen.«
    Ich stieg vorne neben ihn in den Streifenwagen ein, und wir fuhren zurück. Ich sagte nichts, und er sagte auch nichts. Als wir in der Stadt waren, ging er in ein Café und führte ein paar Telefongespräche. Es beunruhigte mich etwas, ihn hinter doppeltem Glas – der Windschutzscheibe und dem Schaufenster – telefonieren zu sehen. Damit begann vielleicht der weitverzweigte und undurchsichtige

Weitere Kostenlose Bücher