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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
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fragte mich nach dem anderen Kanu: wo es sei, wo wir es verloren hätten, was darin gewesen sei.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich antwortete genau das, was wir vorher abgesprochen haben – daß wir es an der letzten üblen Stelle verloren haben.«
    »Hat er dann noch was gesagt?«
    »Nein, und ich habe keine Ahnung, worauf er hinauswollte.«
    »Aber ich«, sagte ich. »Ich glaube es wenigstens, und da kann es Scherereien geben: vielleicht keine richtigen Scherereien, aber immerhin Scherereien.«
    »Wieso, um Himmels willen?«
    »Weil wir das grüne Boot doch schon vorgestern verloren haben, und vielleicht hat man es – oder einen Teil davon – schon gefunden, bevor wir überhaupt die Stelle erreichten, wo wir es angeblich verloren haben.«
    »Um Gottes willen.«
    »Wir müssen also versuchen, eine Erklärung zu finden. Es kann durchaus sein, daß der Kerl zur nächsthöheren Polizeibehörde geht und da erzählt, daß an unserer Geschichte irgendwas faul ist, und dann werden sie uns die Seele aus dem Leib fragen. Denk an die Kriminalfilme: die Polizei trennt die Verdächtigen und versucht, sie zu widersprüchlichen Aussagen zu bringen. Wir müssen also sofort noch einmal alles durchgehen, damit wir uns nicht doch in Widersprüche verwickeln.«
    »Schaffen wir das?«
    »Wir müssen es wenigstens versuchen. Ich glaube, daß wir es schaffen können. Laß uns noch mal von vorn anfangen. Wir haben das andere Boot da verloren, wo Drew wirklich getötet wurde, ja?«
    »Ja. Das kann niemand bestreiten. Aber wenn wir sie an die Stelle bringen oder wenn sie selbst da hinaufgehen …«
    »Nun warte doch mal. Wir sagen, daß wir zum erstenmal weiter flußaufwärts gekentert sind und daß wir da schon das grüne Kanu verloren haben und daß Lewis sich da verletzte. Aber wir sind alle davongekommen und sind dann zusammen in Lewis’ Kanu weitergefahren. Das Boot war überladen, und wir mußten uns unbedingt um Lewis kümmern und hatten daher das Kanu nicht richtig in der Gewalt, als wir in die letzten Stromschnellen gerieten. In diesem letzten Kilometer Wildwasser hat es uns dann erwischt, und Drew hat es nicht mehr geschafft. Dabei bleibst du. Bleib dabei, ja? Wenn wir dabei bleiben, sind wir morgen abend oder sogar schon heute abend wieder zu Haus.«
    »Und wenn sie uns nicht glauben? Was soll ich ihnen erzählen, wenn die kleine Ratte mir ins Gesicht sagt, ich hätte ihm was ganz anderes über das Kanu erzählt?«
    »Sag ihm – und jedem, der dabei ist –, daß er dich mißverstanden haben muß. Hat jemand zugehört, als er gestern mit dir sprach?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Gut. Und ich glaube auch nicht, daß ich es dem ersten Polizisten schon gesagt habe. Auf jeden Fall wird er dich nicht noch mal fragen, sondern er wird gleich zu mir kommen und mich fragen. Wenn er das tut, werd ich schon fertig mit ihm. Ich bin auf ihn vorbereitet. Ich bin froh, daß du mir die Sache erzählt hast. Wirklich.«
    »Müssen wir sonst noch was ändern?«
    »Soviel ich weiß, nicht«, sagte ich.
    »Noch einmal, Ed, wenn sie uns nun nicht glauben? Wenn es nun so viel Unklarheiten gibt, daß sie doch weiter flußaufwärts suchen?«
    »Dann kann es, wie ich schon sagte, Scherereien geben. Aber ich glaube nicht, daß sie das tun werden. Denk an die entsetzlich vielen Stromschnellen und Wasserfälle, die wir vorgestern heruntergekommen sind. Überall hätte es passieren können. Und an der Stelle, wo Drew getötet wurde, und auch da, wo wir den anderen Kerl versenkt haben, waren die Felswände der Schlucht am höchsten und steilsten. Es gibt nur drei Möglichkeiten, dahin zu kommen. Erstens, wenn man flußaufwärts fährt, wenn also das ganze Suchkommando stundenlang und wahrscheinlich tagelang gegen eine Stromschnelle nach der anderen ankämpft und gleichzeitig den Fluß und die Stromschnellen überall genau absucht, und zwar jeden Meter. Darauf werden sie sich bestimmt nicht einlassen, nur weil einer aus dem Ort hier unsere Geschichte nicht glauben will. Mit einem Außenbordmotor würden sie es nicht schaffen, und jedes Motorboot wäre ungeeignet. Die zweite Möglichkeit ist, flußabwärts zu fahren, und wenn sie das tun, müssen sie über dieselben Stromschnellen hinweg wie wir, und du weißt ja, wie die aussehen. Oder hättest du vielleicht Lust, es noch einmal zu machen? Sie würden ihr Leben riskieren, und das ist ihnen die Sache nicht wert. Und außerdem – wie könnten sie da durchkommen, wenn sie zugleich suchen

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