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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
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paar Tagen zurückkommen würden.
    Ich wollte Mrs. Ballinger die Nachricht von Drews Tod selbst überbringen. Ich sagte noch, ungefähr Mitte der Woche wäre ich wieder zu Hause. Ich fuhr mit Drews Wagen zu Biddiford’s, einem großen Holzhaus, in dem es lebhaft zuging. Alle saßen an einem langen, wackligen Tisch aus Kiefernholz beim Abendessen, und zahlreiche Fliegenfänger hingen von der Decke. Bobby war auch da; er kaute mit vollen Backen. Ich blinzelte ihm zu und setzte mich zu ihm. Die anderen Gäste – Farmer, Holzarbeiter und Kaufleute – machten uns Platz, und ich interessierte mich nur noch für das Essen. Überall sah ich Brathähnchen, und immer mehr wurden rings um mich aufgetragen, Brathähnchen und Kartoffelsalat und schweres, grobes Graubrot und Bratensauce und Butter und gebratener Speck und rote Bohnen und Maisbrei und frische weiße Rüben und Kirschkuchen. Es war gut; es war alles gut. Danach brachte mich eine Frau nach oben und zeigte mir mein Zimmer, in dem ein Doppelbett stand. Ein Einzelzimmer war nicht mehr frei. Bobby war in einem anderen Raum untergebracht. Mein Mund war ausgedörrt, und mein ganzer Körper war wie ausgetrocknet, und ich ging wieder nach unten in den Keller zu den Duschen und stand da in der blaugrünen Nacht, und das Flußwasser strömte über meinen Kopf und ließ meinen festen neuen Verband zu einem schweren Päckchen anschwellen. Unter dem warmen Wasser fing die Wunde wieder ein wenig zu bluten an. Ich wäre fast im Stehen eingeschlafen, aber ich kam wieder zu mir, als das Wasser allmählich kälter wurde. Dann ging ich mit nassem Haar und mit dem durchnäßten Verband über der Wunde nach oben und legte mich ins Bett. Es war überstanden. Die ganze Nacht war ein einziger Wachtraum.
     

Nachher
    Als ich aufwachte, hielt ich an meiner Seite wieder ein festes, glühendes Paket. Ich wurde ziemlich schnell wach, weil die Spätmorgensonne – so sah sie jedenfalls aus – anfing mir auf die Augenlider zu stechen. Ich lag in einem großen ländlichen Gastzimmer mit knallroten Vorhängen und einem riesigen Spiegel an der Wand mir gegenüber, mit einem kleinen Bad hinter mir und einer Kommode neben mir, an der alle Griffe fehlten, und einem geknüpften Flickenteppich unter dem Bett und um das Bett herum. Ich lag im Bett und dachte nach. Zuerst wollte ich mit Bobby sprechen und dann mit Lewis. Ich stand auf, nackt bis auf den Verband, und nahm die zerfetzte, zerschlissene und ärmellose Nylonkombination vom Boden auf. Ich zog sie nicht gern wieder an, aber was blieb mir übrig? Ich suchte in den Taschen nach Geld. Ich hatte noch ein paar Scheine, die zwar so aussahen, als habe der Fluß sie ausgegeben, aber es war immerhin Geld, und wir brauchten welches. Ich ließ Messer und Gürtel im Zimmer zurück und machte mich auf die Suche nach Bobby. Im Spiegel sah ich aus wie ein Überlebender nach einer Explosion, ein Ärmel abgerissen, ein Hosenbein der Länge nach aufgeschlitzt, bärtig, mit rotgeränderten Augen und unfähig zu sprechen. Aus diesem Gesicht lächelte es mir etwas blaß entgegen, zwischen den Bartstoppeln hindurch. Als ich von der Frau, die das Frühstück abräumte, erfahren hatte, wo Bobby war, ging ich nach oben zu seinem Zimmer und klopfte. Er schlief noch, aber es war besser, die Gedanken, die mir in der Nacht gekommen waren, gleich jetzt mit ihm zu besprechen und nicht erst später. Ich klopfte energisch, und endlich machte er auf. Ich setzte mich in einen Schaukelstuhl, und er saß auf dem Bett.
    »Erst einmal«, sagte ich, »brauche ich etwas zum Anziehen und du eigentlich auch, falls unser Geld langt. Deine Sachen sind noch in einem besseren Zustand als meine, also geh du los, und besorg mir eine Hose – Blue jeans genügen vollkommen – und ein Hemd. Besorg dir, was du brauchst, und wenn dann noch Geld übrig ist, kauf mir Schuhe. Derbe Schuhe.«
    »Okay. In der Nähe muß es ja irgendein Kaufhaus geben. In diesem Ort ist alles gleich um die Ecke.«
    »Und nun hör mir noch einmal gut zu. Bis jetzt ist alles klargegangen; wir sind fein heraus. Man kümmert sich um Lewis, und unsere Geschichten – vielleicht sollte ich sagen unsere Geschichte – kommen an. Ich habe nirgends den Schimmer eines Zweifels bemerkt. Du etwa?«
    »Ich glaube nicht, aber ich bin nicht so sicher wie du. Hat der eine Kerl dich auch nach den Kanus gefragt?«
    »Nein. Welcher Kerl? Was ist denn mit den Kanus?«
    »Der kleine Alte, der hier anscheinend das Gesetz vertritt. Er

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