For the Win - Roman
geklungen. Schließlich war das Gold ja für Mala, und Yasmin konnte an gar nichts anderes denken als an sie. Außerdem hatte sie Malas Armee auf ihrer Seite. Alle arbeiteten zusammen.
Aber sie hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen, und alle paar Minuten drängten sich Reporter mit Kameras und Diktiergeräten in Mrs. Dottas Café und stellten alle möglichen verrückten Fragen. Es kostete sie eine Menge Selbstbeherrschung, sich ruhig und sachlich mit ihnen zu unterhalten, wo doch alle Nerven ihres Körpers bis zum Reißen gespannt waren. Seht ihr denn nicht, wie beschäftigt ich bin? Seht ihr denn nicht, dass ich zu arbeiten habe? Doch die Armee hielt sich tapfer, nicht einer der Soldaten verlor die Geduld, und die Reporter kamen aus dem Staunen über sie und ihre seltsame Arbeit gar nicht mehr raus.
Wenigstens die Stahl- und Textilarbeiter waren schlau genug, sie nicht zu unterbrechen, aber die waren ohnehin vollauf mit der Erschließung Dharavis beschäftigt. An jeder Straßenecke erzählte man sich, wie sie ein paar Dharavikinder vor bewaffneten Bösewichten gerettet hatten, und die Arbeiter, die ihrem Beispiel folgend in den Streik getreten waren, waren voller Bewunderung.
Doch Stück für Stück gelang es der Armee, das kleine Vermögen anzuhäufen. Yasmin fand eine Mission mit angemessener Bezahlung für drei oder vier Spieler und schickte sie der Reihe nach in die Höhlen, wo sie sich den Zwergen und Ogern stellten. Dann schritt sie nervös die engen, glühend heißen Gänge zwischen den Rechnern auf und ab und gab den Kämpfern Tipps, bis sie die geforderte Summe nach einer gefühlten Ewigkeit beisammenhatten.
»Ashok!«, rief sie und platzte schon in sein Büro. Er saß, Knopf im Ohr, über seinen Rechner gebeugt und redete mit seinem Dr. Prikkel in Amerika. Er hob die Hand, bat den Mann, ihn kurz zu entschuldigen – sie hasste es, wie unterwürfig er klang, musste ihm aber zugutehalten, dass er die ganzen Verhandlungen hindurch die Ruhe bewahrt hatte – , und schaltete auf stumm.
»Yasmin?«
»Wir haben Malas Lösegeld beisammen«, erklärte sie.
»Alles klar!« Rasch schickte er eine Botschaft an die Zelle in Singapur, ließ sich Banerjees Nummer geben und wählte sie. Diesmal klang Banerjee schon weniger verschlafen.
»Rama zum Siege!«
»Wir haben Ihr Geld«, erklärte Ashok. »Unser Team bringt es jetzt zur Hütte des Treuhänders. Sie können gern nachsehen.«
»So ernst, so geschäftlich … Es ist doch nur ein Spiel, mein Freund, entspannen Sie sich!«
Yasmin glaubte, sie müsse gleich kotzen. Dieser Mann war so … böse . Wie konnte man nur so werden? Sie verstand nun besser, wie es Mala häufig gehen musste. Als ob es Leute gäbe, die Strafe geradezu herausforderten, und sie diejenige wäre, die für die Vollstreckung zuständig war. Mühsam unterdrückte sie ihren Zorn.
»Schön, wunderbar. Ich sehe, dass das Geld gerade eingetroffen ist. Ich werde Ihnen sagen, wo Ihre Freundin ist, sobald Sie den Treuhänder anweisen, das Geld freizugeben, ja?«
Ashok wiegte den Kopf und überlegte. Da dämmerte Yasmin etwas, das ihr von vornherein hätte klar sein müssen: Treuhänder hin oder her, entweder mussten sie darauf vertrauen, dass Banerjee Mala gehen lassen würde, sobald er das Geld bekommen hatte, oder Banerjee musste darauf vertrauen, dass er sein Geld bekommen würde, nachdem er Mala hatte gehen lassen. Treuhänder waren für Geldgeschäfte gedacht, nicht für Lösegeldübergaben. Ihr Unwohlsein verstärkte sich noch.
»Lassen Sie zuerst Mala frei, und dann … «
»Also wirklich. Wieso sollte ich das wohl tun? So sehr, wie Sie mich verachten, werden Sie mir doch nie geben, was Sie versprochen haben. Schließlich können Sie dreihunderttausend Runensteine auch selbst gut gebrauchen. Ich dagegen habe wenig Verwendung für ein respektloses kleines Mädchen. Warum sollte ich Ihnen denn nicht sagen, wo Mala ist?«
Ashok und Yasmin tauschten Blicke. Sie dachte an ihr letztes Treffen mit Mala. Wie müde sie gewesen war, wie abgemagert, welche Schmerzen sie in ihrem Bein gehabt hatte. »Mach es«, sagte sie, die Hand über dem Mikro.
»Das Passwort für den Treuhänder ist ›Rama zum Siege‹.« Ashoks Stimme klang hölzern.
Banerjee lachte kurz, dann legte er sie auf Warteschleife. Kurz darauf ging eine Meldung auf Ashoks Schirm ein. »Er hat das Geld.« Er wartete eine Minute. Eine weitere Minute. Dann rief er Banerjee zurück.
»Rama zum Siege«, meldete sich Banerjee
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