Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
lassen Sie mich mal einen hypothetischen Fall konstruieren! Nehmen wir mal an, es gäbe einen Politiker, der alles Interesse daran hätte, einen Reformkandidaten um jeden Preis zu besiegen. Dieser Politiker käme nun bei seinen Nachforschungen auf Eigenheiten, wie ich sie gerade erwähnt habe.
Nehmen wir ferner an, daß dieser Politiker nun, um dem betreffenden Kandidaten eins auszuwischen, zu Ihrer Gesellschaft kommt, weil diese das ideale Mittel zum Zweck sein kann. Erwarten Sie von ihm, daß er sagt: ›Der So-und-so ist ein Robot, weil er fast niemals mit anderen Leuten ißt und weil ich noch nie gesehen habe, daß er während eines Prozesses eingeschlafen ist. Und einmal, als ich mitten in der Nacht in sein Zimmer hineinspähte, da habe ich ihn mit einem Buch in der Hand aufrecht dasitzen sehn. Und außerdem habe ich in seinem Eisschrank herumgeschnüffelt und habe dort keine Nahrungsmittel gefunden‹? Würde einer so was sagen, so würden Sie ihn in eine Zwangsjacke stecken lassen. Sagt er aber: ›Er schläft niemals, er ißt niemals‹, dann macht Sie der Schreck über die Behauptung blind gegenüber der Tatsache, daß derartige Anklagen nie zu beweisen sind. Sie spielen das Spiel dieses Mannes, indem Sie sich zu seinem Werkzeug machen.«
»Trotz allem«, begann Lanning eigensinnig von neuem, »ganz gleichgültig, ob Sie diese Sache als ernst betrachten oder nicht, ist lediglich die von mir bereits erwähnte Mahlzeit nötig, um dem ganzen Spuk ein für allemal ein Ende zu machen.«
Wieder wandte Byerley sich der Frau zu, die ihn noch immer beobachtete. »Entschuldigen Sie, bitte! Ich habe Ihren Namen doch richtig verstanden. Sie sind doch Dr. Susan Calvin?«
»Jawohl, Mr. Byerley.«
»Sie sind die Psychologin der Gesellschaft, nicht wahr?«
»Die Robotpsychologin, bitte.«
»Ach, ich wußte gar nicht, daß Robots geistig so anders sind als Menschen.«
»Völlig anders.« Sie gestattete sich ein kaltes Lächeln. »Robots sind im Grunde anständig.«
Der Anwalt lachte. »Da versetzen Sie uns aber einen bösen Schlag. Was ich aber eigentlich sagen wollte: Da Sie eine Psycho – entschuldigen Sie – eine Robotpsychologin sind und eine Frau, so haben Sie bestimmt schon etwas getan, woran Dr. Lanning bisher noch gar nicht dachte.«
»Und was soll das sein?«
»Sie haben bestimmt etwas zum Essen in Ihrer Handtasche.«
Die wohlgeschulte Gleichgültigkeit in Susan Calvins Augen wurde einen Augenblick durchbrochen. »Sie überraschen mich, Dr. Byerley«, sagte sie.
Sie öffnete die Tasche und brachte einen Apfel zum Vorschein. Wortlos reichte sie Byerley die Frucht. Dr. Lanning, der zunächst etwas aus der Fassung geraten war, folgte der langsamen Bewegung ihrer Hände mit scharfen und wachsamen Blicken.
Gelassen biß Stephen Byerley in den Apfel und gelassen schluckte er den Bissen hinunter.
»Sehen Sie, Dr. Lanning?«
Dr. Lanning lächelte mit einer solchen Erleichterung, daß selbst seine Augenbrauen ein paar Sekunden lang wohlwollend erschienen. Leider dauerte diese Erleichterung nicht lange.
Susan Calvin sagte: »Ich war neugierig zu sehen, ob Sie den Apfel essen würden. Allerdings beweist dies im vorliegenden Fall absolut nichts.«
Byerley blickte auf. »Wieso nicht?«
»Das ist doch klar. Dieser Mann, Dr. Lanning, würde, wenn er ein humanoider Robot wäre, natürlich eine vollkommene Imitation darstellen. Er ist fast zu menschlich, um noch glaubhaft zu erscheinen. Schließlich und endlich haben wir ja menschliche Wesen unser ganzes Leben lang gesehn und beobachtet. Es wäre völlig unmöglich, uns mit etwas hereinzulegen, das etwa nur annähernd korrekt wäre. Solch ein Robot müßte ganz und gar in Ordnung sein. Beobachten Sie doch bitte das Gewebe der Haut, die Qualität der Regenbogenhaut, die Knochenformation der Hand. Ist er ein Robot, so wollte ich, unsere Firma hätte ihn hergestellt, denn er ist ein wirklich erstklassiges Fabrikat. Gut. Scheint es Ihnen also dann wahrscheinlich, daß irgend jemand, der in der Lage war, auf derartige Kleinigkeiten so viel Wert zu legen, nicht auch in der Lage sein würde, ein paar Apparate einzubauen, um essen, schlafen und trinken vorzutäuschen? Natürlich nur zur Benutzung in Notlagen – wie zum Beispiel jetzt eine entstanden ist. Daher kann eine Mahlzeit eigentlich gar nichts beweisen.«
»Nun warten Sie mal«, fauchte Lanning. »Ich bin nicht ganz so dumm, wie Sie offenbar beide glauben. Das Problem, ob Byerley ein Mensch ist oder nicht,
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