Foundation 02: Die Stahlhöhlen
Hände auf die Knie und beugte sich vor, musterte
Baleys Gesicht. »Was ist denn los mit dir? Hast wohl in letzter
Zeit Pillen genommen? Du bist mit offenen Augen dagesessen, daß
ich schon dachte, du warst tot.«
Er fuhr sich durch das dünner werdende blonde Haar, und seine
eng beieinanderliegenden Augen musterten Baleys inzwischen
kaltgewordenes Mittagessen gierig. »Hühnchen!« sagte
er. »Allmählich kriegt man so was nur noch auf
ärztliches Rezept.«
»Nimm doch!« sagte Baley ausdruckslos.
Aber die guten Manieren siegten, und Norris sagte: »Oh, schon
gut. Ich gehe ohnehin gleich essen. Behalt es nur. - Sag mal, was ist
denn mit dem Alten los?«
»Was?«
Norris gab sich Mühe, beiläufig zu wirken, aber seine
Hände waren rastlos. »Ach, komm schon!« sagte er.
»Du weißt genau, was ich meine. Schließlich warst du
ja die ganze Zeit mit ihm zusammen, seit er wieder da ist. Was ist
denn los? Steht eine Beförderung bevor?«
Baley runzelte die Stirn und hatte das Gefühl, die
Wirklichkeit kehre wieder zurück, als die Rede auf
Büropolitik kam. Norris hatte etwa ebensoviel Dienstjahre wie er
und würde natürlich sorgsam auf jede Andeutung
irgendwelcher Bevorzugung Baleys achten.
»Keine Beförderung«, sagte Baley. »Das kannst
du mir glauben. Es ist nichts. Wirklich nichts. Und wenn du den
Commissioner haben willst, dann wünschte ich mir, ich
könnte ihn dir geben. Jehoshaphat! Du kannst ihn
haben!«
»Versteh mich nicht falsch«, meinte Norris. »Mir
ist es egal, wenn die dich befördern. Ich meine nur, wenn du
schon Einfluß auf den Alten hast, könntest du ihn doch
für den Jungen benutzen.«
»Welchen Jungen?«
Aber die Frage bedurfte keiner Antwort. Vincent Barrett, der junge
Mann, dem man den Job weggenommen hatte, um Platz für R. Sammy
zu machen, kam schlurfend auf sie zu. Er drehte eine Mütze
zwischen den Händen, und die Haut über seinen hohen
Backenknochen bewegte sich, als er zu lächeln versuchte.
»Hallo, Mr. Baley!«
»Oh, hallo, Vince! Wie geht’s denn?«
»Nicht besonders, Mr. Baley.«
Er sah sich hungrig um. Baley dachte: Der sieht verloren aus, halb
tot – degradiert.
Und dann dachte er wild, und seine Lippen hätten sich beinahe
bewegt, so zornig war er: Aber was will er von mir?
»Tut mir leid, Junge«, sagte er. Was gab es da sonst
schon zu sagen?
»Ich denke die ganze Zeit – vielleicht hat sich etwas
ergeben.«
Norris beugte sich zu Baley vor und sagte ihm ins Ohr: »Jetzt
muß wirklich etwas geschehen, um damit Schluß zu machen.
Die wollen jetzt auch noch Chen-Low entlassen.«
»Was?«
»Hast du das nicht gehört?«
»Nein. Verdammt, der ist C-3. Hat schon zehn Jahre auf dem
Buckel.«
»Stimmt. Aber eine Maschine mit Beinen kann seine Arbeit tun.
Wer wird wohl der Nächste sein?«
Der junge Vince Barrett schien das geflüsterte Gespräch
nicht zu hören. Er war ganz und gar mit seinen eigenen Gedanken
beschäftigt und sagte jetzt: »Mr. Baley?«
»Ja, Vince?«
»Wissen Sie, was man sagt? Man sagt, Lyranne Millane, die
Subäther-Tänzerin, sei in Wirklichkeit ein
Roboter.«
»Das ist doch albern.«
»Wirklich? Es heißt, man könnte Roboter machen,
die ganz wie Menschen aussehen, mit einer speziellen Plastikhaut oder
so etwas Ähnlichem.«
Baley dachte mit einer Art Schuldgefühl an R. Daneel und fand
keine Worte. Er schüttelte den Kopf.
Und der Junge fragte: »Meinen Sie, daß es jemanden
stört, wenn ich hier etwas herumgehe? Ich fühle mich besser
dabei, wenn ich die alte Bude sehe.«
»Nur zu, Junge.«
Der junge Mann schlenderte davon. Baley und Norris blickten ihm
nach. Dann meinte Norris: »Scheint, daß die
Traditionalisten doch recht haben.«
»Sie meinen, zurück zur Scholle? Ist es das,
Phil?«
»Nein. Ich meine, wegen der Roboter. Zurück zur
Scholle. Ha! Die alte Erde hat eine grenzenlose Zukunft. Wir brauchen
keine Roboter, das ist alles.« Baley murmelte: »Acht
Milliarden Leute. Und das Uran wird knapp! Was ist daran
grenzenlos?«
»Was ist dann schon, wenn das Uran ausgeht. Wir werden es
importieren. Oder einen anderen Kernspaltungsprozeß entdecken.
Man kann die Menschheit einfach nicht aufhalten, Lije. Da mußt
du optimistisch sein und an das alte menschliche Gehirn glauben.
Unser wichtigster Besitz ist unsere Findigkeit, und die werden wir
immer behalten, Lije.«
Er war jetzt richtig in Fahrt gekommen und fuhr fort: »Wir
könnten zum Beispiel die Sonnenenergie einsetzen, und die reicht
noch Milliarden Jahre. Wir können
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