Foundation 02: Die Stahlhöhlen
mir’s bitte, Dad!«
»Nichts, Ben. Jedenfalls geht es dich nichts an. Ist das klar? Sieh jetzt zu, daß du ins Bett kommst! Wenn ich zurückkomme, möchte ich, daß du im Bett liegst. Hast du gehört?«
»Aber, Dad! Sagen könntest du es mir doch. Ich sag’s doch nicht weiter.«
»Ins Bett mit dir!«
»Du bist fad!«
Baley schob sein Jackett etwas zur Seite, während er an dem Fernsprecher im Korridor stand, um so jederzeit nach seinem Blaster greifen zu können. Er sprach seine persönliche Nummer in das Mundstück und wartete, während ein Computer in fünfzehn Meilen Entfernung die Nummer überprüfte, um sich zu vergewissern, daß das Gespräch zulässig war. Er brauchte nur ganz kurz zu warten, da Ermittlungsbeamte in Baleys Stellung in bezug auf ihre Dienstgespräche keinerlei Einschränkungen unterlagen. Er nannte die Nummer der Wohnung seiner Schwiegermutter.
Der kleine Bildschirm unten in dem Gerät wurde hell, und ihr Gesicht sah ihn an.
»Mutter, ich möchte Jessie sprechen«, sagte er leise.
Jessie hatte offenbar bereits auf ihn gewartet. Sie kam sofort. Baley sah ihr Gesicht und verdunkelte den Bildschirm dann absichtlich.
»Also gut, Jessie. Ben ist hier. Also, was ist los?« Seine Augen suchten dabei ruhelos seine Umgebung ab, lauerten.
»Ist bei dir alles in Ordnung? Du bist nicht in Gefahr?«
»Natürlich ist hier alles in Ordnung, Jessie. Und jetzt hör auf damit!«
»O Lije, ich hab’ solche Angst.«
»Weshalb denn?« fragte er angespannt. »Das weißt du doch. Dein Freund.«
»Was ist mit ihm?«
»Das hab’ ich dir doch gestern abend gesagt. Es wird Ärger geben.«
»Das ist doch Unsinn! Ich behalte Ben heute nacht bei mir, und du gehst jetzt schlafen. Gute Nacht, meine Liebe.«
Er brach die Verbindung ab und wartete zwei Atemzüge lang, ehe er zurückging. Sein Gesicht war grau vor Furcht und Besorgnis.
Ben stand mitten im Zimmer, als Baley zurückkam. Er hatte eine seiner Kontaktlinsen in dem kleinen Behälter untergebracht, trug aber die andere noch im Auge.
»Du meine Güte, Dad! Gibt’s hier denn kein Wasser?« sagte Ben. »Mr. Olivaw sagt, daß ich nicht ins Personal gehen darf.«
»Da hat er recht. Das darfst du nicht. Tu das Ding wieder ins Auge zurück, Ben! Eine Nacht kannst du schon mal damit schlafen.«
»Na schön.« Ben setzte die winzige Linse wieder ein, steckte das Etui weg und stieg ins Bett. »Junge, ist das eine Matratze!«
Baley sagte zu R. Daneel: »Ich nehme an, Ihnen macht es nichts aus, wenn Sie sitzen müssen.«
»Natürlich nicht. Das seltsame Glas interessiert mich übrigens, das Bentley im Auge trägt. Tragen alle Erdenmenschen so etwas?«
»Nein, nur einige«, sagte Baley geistesabwesend. »Ich beispielsweise nicht.«
»Und wozu trägt man sie?«
Aber Baley war zu tief in Gedanken versunken, um darauf zu antworten. In beunruhigende Gedanken.
Die Lichter waren ausgeschaltet.
Baley konnte nicht einschlafen. Er nahm unbestimmt Bens Atem wahr, der nach einer Weile tief und regelmäßig und dann etwas unruhig wurde. Als er den Kopf herumdrehte, nahm er R. Daneel wahr, der würdevoll und unbeweglich auf einem Stuhl saß und die Tür anblickte.
Dann schlief er ein. Und als er eingeschlafen war, träumte er.
Er träumte, Jessie fiele in die Kernspaltungskammer eines Atomkraftwerks; sie fiel und fiel immer tiefer. Sie streckte die Arme nach ihm aus, schrie, aber er konnte nur wie erstarrt hinter dem roten Strich stehen und zusehen, wie ihre verzerrte Gestalt sich im Fallen drehte und immer kleiner wurde, bis sie nur noch ein Punkt war.
Er sah ihr wie erstarrt nach, und dabei wußte er, daß er es war, der sie hineingestoßen hatte.
12
DIE AUSKUNFT EINES FACHMANNS
Elijah Baley blickte auf, als Commissioner Julius Enderby das Büro betrat. Er nickte ihm müde zu.
Der Commissioner sah auf die Uhr und brummte: »Jetzt sagen Sie mir bloß nicht, daß Sie die ganze Nacht hier waren!«
»Werde ich auch nicht sagen«, meinte Baley.
»Hat es gestern abend Ärger gegeben?« fragte der Commissioner mit leiser Stimme.
Baley schüttelte den Kopf.
»Ich hatte schon gedacht, daß ich die Gefahr von Krawallen vielleicht zu gering einschätze. Wenn irgend etwas…«, sagte der Commissioner.
»Um Himmels willen, Commissioner, wenn irgend etwas passiert, würde ich Ihnen es schon sagen«, meinte Baley auffahrend. »Es hat keinen Ärger gegeben.«
»Na schön.« Der Commissioner ging weiter und trat durch die Tür seines
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