Foundation 05: Das Foundation-Projekt
weiß, daß Demerzel selbst auf sich aufpassen kann. Aber das könnte ich weder Yugo noch sonst jemandem außer dir erklären.«
Er holte tief Atem. »Unglaublich, wie sehr es mich erleichtert, daß ich endlich mit dir darüber sprechen kann. Du weißt, daß Demerzel unverwundbar ist, ich weiß es, und Demerzel weiß es, aber niemand sonst – zumindest niemand, den ich kenne.«
Dors berührte einen Schalter in einer Nische der Wandvertäfelung, und weiches, pfirsichfarbenes Licht erhellte den Eßbereich der Wohnung. Gemeinsam ging sie mit Hari zum Tisch, der bereits gedeckt und mit Gläsern und Besteck versehen war. Kaum hatten sie Platz genommen, als auch schon das Essen kam – so spät am Abend gab es nie lange Wartezeiten – und Seldon nahm das ganz selbstverständlich hin. Er hatte sich seit langem an seine gesellschaftliche Stellung gewöhnt, die es ihm ersparte, mit den anderen Dozenten im Speisesaal essen zu müssen.
Seldon genoß das Mahl. Die Speisen waren mit Gewürzen zubereitet, die er und Dors seit ihrem Aufenthalt im Mykogenbezirk kannten und schätzten – das Essen war das einzige gewesen, was die beiden in diesem merkwürdigen, patriarchalisch geprägten, von religiösen Vorschriften bestimmten, rückwärtsgewandten Bezirk nicht verabscheut hatten.
Dors sagte leise: »Was meinst du mit ›unverwundbar‹?«
»Nun komm schon, Liebste, du hast doch wohl nicht vergessen, daß er Emotionen beeinflussen kann? Sollte Joranum wirklich gefährlich werden, dann brauchte man nur« – er vollführte eine unbestimmte Handbewegung – »eine Veränderung vorzunehmen, die ihn veranlaßt, sich eines anderen zu besinnen.«
Dors wirkte peinlich berührt, und das Abendessen verlief von da an ungewöhnlich schweigsam. Erst hinterher, als der Müllschlucker in der Tischmitte die Reste – Geschirr, Besteck und alles andere – aufgesogen hatte (worauf sich die Öffnung schloß, als wäre sie nie dagewesen), sagte sie: »Ich hätte dieses Thema lieber vermieden, Hari, aber ich kann nicht zulassen, daß du ein Opfer deiner eigenen Naivität wirst.«
»Naivität?« Er runzelte die Stirn.
»Ja. Wir haben nie davon gesprochen. Ich dachte auch nicht, daß wir je darauf eingehen müßten, aber auch Demerzel hat seine Schwächen. Er ist nicht unverwundbar, man kann ihm Schaden zufügen, und Joranum stellt tatsächlich eine Gefahr für ihn dar.«
»Ist das dein Ernst?«
»Natürlich. Du bist mit Robotern nicht vertraut – schon gar nicht mit einem so komplexen wie Demerzel. Ganz im Gegensatz zu mir.«
4
Wieder trat Schweigen ein, aber nur deshalb, weil Gedanken lautlos sind. In Seldons Kopf tobte nämlich ein Sturm. Ja, es war richtig. Seine Frau bewies immer wieder ein geradezu unheimliches Verständnis für Roboter. Hari hatte sich im Laufe der Jahre oft darüber gewundert, bis er endlich aufgegeben und diesen Umstand irgendwo in den Hintergrund seines Bewußtseins verbannt hatte. Nur dank Eto Demerzel – einem Roboter – hatte Hari seine Dors überhaupt kennengelernt. Denn Dors arbeitete für Demerzel, und Demerzel hatte sie vor acht Jahren auf Hari ›angesetzt‹, hatte ihr den Auftrag gegeben, ihn bei seiner Flucht durch die verschiedenen Bezirke von Trantor zu beschützen. Inzwischen war sie längst seine Frau, seine Gefährtin, seine ›bessere Hälfte‹, doch gelegentlich machte sich Hari immer noch Gedanken über ihr eigenartiges Verhältnis zu dem Roboter Demerzel. Dies war der einzige Bereich in Dors’ Leben, bei dem Hari sich des Gefühls nicht erwehren konnte, nicht dazuzugehören – und auch nicht willkommen zu sein. Und damit war er wieder einmal bei der schmerzlichsten aller Fragen angelangt: Blieb Dors nur bei ihm, weil Demerzel es verlangte, oder weil sie ihn liebte? Er hätte nur zu gerne letzteres geglaubt – und doch…
Sein Leben mit Dors war glücklich, aber dieses Glück hatte seinen Preis, es gab eine Bedingung dafür. Und an diese Bedingung war er um so mehr gebunden, als sie nie in einem offenen Gespräch ausgehandelt worden war, sondern eine stillschweigende Übereinkunft darstellte.
Seldon wußte, daß er in Dors die beste Ehefrau gefunden hatte, die er sich nur wünschen konnte. Gewiß, sie hatten keine Kinder, aber er hatte nie mit eigenen Kindern gerechnet und sich, wenn er ehrlich war, auch nicht unbedingt danach gesehnt. Schließlich gab es Raych, der gefühlsmäßig nicht weniger – vielleicht sogar noch mehr – sein Sohn war, als wenn er das gesamte
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