Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Sie
hatte sich kraftvoll abgestoßen und war so pfeilschnell
himmelwärts gerast, daß Biron rücklings aus seinem
Sessel kippte und sich fast die Schulter ausrenkte. Artemisia und
Gillbret, die sich, unerfahren wie sie waren, vorsichtshalber
angeschnallt hatten, waren mit voller Wucht in die gepolsterten Gurte
geschleudert worden. Der tyrannische Gefangene war gegen die Wand
geprallt und, heftig an seinen Fesseln zerrend und leise vor sich
hinfluchend, dort liegengeblieben.
Biron hatte sich schwankend erhoben und den aufsässigen
Tyrannier mit einem Fußtritt zum Schweigen gebracht. Dann hatte
er sich an dem an der Wand angebrachten Handlauf gegen den
Beschleunigungsdruck Hand über Hand zu seinem Sessel
zurückgezogen. Erst als das Schiff unter einem vorwärts
gerichteten Schub der Bremsdüsen erzitterte, wurde die
Beschleunigung auf ein erträgliches Maß reduziert.
Inzwischen hatten sie die oberen Schichten der rhodianischen
Atmosphäre erreicht. Der Himmel erglühte in einem dunklen
Violett, und die Reibung hatte den Schiffsrumpf so stark aufgeheizt,
daß die Wärme bis ins Innere zu spüren war.
Danach brauchte Biron mehrere Stunden, um das Schiff in eine feste
Umlaufbahn um Rhodia zu bringen. Da er die Geschwindigkeit, die
erforderlich war, um Rhodias Schwerkraft zu überwinden, nicht so
ohne weiteres berechnen konnte, mußte er experimentieren. Mit
Schüben in beide Richtungen beschleunigte beziehungsweise
bremste er das Schiff und beobachtete dabei das Massometer, ein
Instrument, das die Entfernung von der Planetenoberfläche
ermittelte, indem es die Stärke des Gravitationsfeldes
maß. Zum Glück war das Gerät bereits auf Rhodias
Masse und seinen Radius eingestellt. Biron hätte erst
umständliche Versuche anstellen müssen, um diese Werte zu
ermitteln.
Irgendwann pendelte sich die Massometeranzeige ein und zeigte auch
über einen Zeitraum von zwei Stunden keine nennenswerten
Abweichungen mehr an. Biron atmete auf, und die anderen befreiten
sich aus ihren Sicherheitsgurten.
»Ich würde Ihren Flugstil nicht unbedingt als elegant
bezeichnen, Gutsherr«, stichelte Artemisia.
»Immerhin fliege ich, Hoheit«, schoß Biron
zurück. »Sie dürfen gern versuchen, es besser zu
machen, aber ich steige zuvor lieber aus.«
»Still, still, still«, mahnte Gillbret. »Wir sitzen
hier viel zu eng aufeinander, um uns mit Gehässigkeiten das
Leben noch weiter zu erschweren. In diesem Zusammenhang hätte
ich übrigens einen Vorschlag: Diese mobile Gefängniszelle
zwingt uns zu unangenehmer Vertraulichkeit. Um nicht jedes
Gespräch in Förmlichkeit ersticken zu lassen, sollten wir
auf all die ›Hoheiten‹ und ›Euer Gnaden‹ besser
verzichten und zum Du übergehen. Ich bin Gillbret, du bist
Biron, und das ist Artemisia, und so oder in ähnlicher Form
sollten wir uns künftig auch ansprechen. Was nun die Steuerung
des Schiffs betrifft, könnte uns dabei nicht unser tyrannischer
Freund hier behilflich sein?«
Der Tyrannier warf ihm einen haßerfüllten Blick zu, und
Biron sagte: »Nein. Wir könnten ihm nicht vertrauen. Meine
Flugkünste werden sich schon noch verbessern, wenn ich erst
einmal ein Gefühl für dieses Schiff bekomme.
Schließlich habe ich keine Bruchlandung gebaut, oder?«
Nach dem holprigen Start tat ihm immer noch die Schulter weh, und
Schmerzen machten ihn gereizt.
»Aber was fangen wir dann mit ihm an?« fragte
Gillbret.
»Es liegt mir nicht, einen Menschen kaltblütig
umzubringen«, sagte Biron. »Und es wäre auch nicht
sinnvoll. Wir würden die Tyranni nur noch mehr provozieren.
Einen Angehörigen der Herrenrasse zu töten, wäre
wahrhaft unverzeihlich.«
»Aber was ist die Alternative?«
»Wir setzen ihn ab.«
»Schön. Aber wo?«
»Auf Rhodia.«
»Was!«
»Hier werden sie sicher nicht nach uns suchen. Und wir
müssen ohnehin bald runter.«
»Warum?«
»Nun, dies ist das Schiff des Hochkommissars, und er ist
damit nur auf der Oberfläche dieses Planeten herumgehüpft.
Für Weltraumflüge reichen die Proviantvorräte nicht
aus. Bevor wir auf große Fahrt gehen, ist eine
vollständige Bestandsaufnahme erforderlich, zumindest
müssen wir uns vergewissern, daß wir ausreichend
Verpflegung und Wasser an Bord haben.«
Artemisia nickte eifrig. »Das stimmt. Gut! Daran hätte
ich nicht gedacht. Das war sehr klug von dir, Biron.«
Biron errötete vor Stolz, winkte aber bescheiden ab. Eben
hatte sie ihn zum ersten Mal beim Vornamen genannt. Sie konnte
wirklich nett sein, wenn sie nur
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