Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
brannten, er hätte gern seine Kontaktlinsen entfernt, und
vor allem war er enttäuscht.
Es ergab sich kein Bild! Hin und wieder sah er zu seinem
Adjutanten hinüber, doch der Major lauschte dem Administrator,
ohne eine Miene zu verziehen. Aratap selbst hatte nicht allzu
aufmerksam zugehört.
»Widemos’ Sohn? Was Sie nicht sagen«, hatte er etwa
zerstreut bemerkt. Und etwas später: »Dann haben Sie ihn
also verhaftet? Das war ganz richtig so!«
Aber er konnte nicht viel damit anfangen, denn den Geschehnissen
fehlte sozusagen ein roter Faden. Aratap legte großen Wert auf
Ordnung und Systematik, und so konnte er die Vorstellung, es mit
einem bunt zusammengewürfelten Haufen einzelner Fakten ohne
irgendeine Struktur zu tun zu haben, einfach nicht ertragen.
Widemos war ein Verräter gewesen, und Widemos’ Sohn
hatte sich um ein Treffen mit dem Administrator von Rhodia
bemüht, zunächst heimlich und dann, als er damit
gescheitert war – der Wunsch war offensichtlich sehr stark
gewesen – mit dieser albernen Geschichte von einem geplanten
Attentat. Das mußten doch zumindest die ersten Steinchen eines
Mosaiks gewesen sein.
Und jetzt fiel wieder alles auseinander. Hinrik hatte es so eilig,
den Jungen auszuliefern, daß es geradezu peinlich war. Er hatte
offenbar nicht einmal die Nacht abwarten können. Und das
paßte nun überhaupt nicht ins Bild. Es sei denn, Aratap
kannte noch nicht alle Fakten.
Wieder konzentrierte er sich auf den Administrator. Hinrik fing
an, sich zu wiederholen. Wieder einmal durchzuckte Aratap Mitleid mit
dem Mann. Zuerst hatten ihn die Tyranni zum Feigling gemacht, und nun
ging er mit seinem Zittern und Zagen sogar ihnen auf die Nerven.
Dennoch war dies die einzige Möglichkeit. Bedingungslose
Loyalität ließ sich nur durch Angst garantieren. Nur so
und nicht anders.
Widemos hatte keine Angst gehabt. Er hatte aufbegehrt, obwohl
seine eigenen Interessen allenthalben und untrennbar mit der
Fortdauer der tyrannischen Herrschaft verbunden waren. Hinrik hatte Angst, und das war der Unterschied.
Und weil Hinrik Angst hatte, saß er nun da und stammelte
ungereimtes Zeug, nur um ein wenig Beifall zu ernten. Der Major war
dafür natürlich nicht der richtige Mann, das wußte
Aratap. Der Mann hatte keine Phantasie. Er seufzte. Warum konnte er
selbst nicht auch so sein? Politik war ein schmutziges
Geschäft.
»Ganz richtig«, wiederholte er etwas lebhafter.
»Ich kann Ihre Entscheidungsfreudigkeit und Ihren Diensteifer
nur loben. Auch der Khan wird davon erfahren, das verspreche ich
Ihnen.«
Hinrik strahlte sichtlich, seine Erleichterung war fast mit
Händen zu greifen.
»Und nun lassen Sie den jungen Heißsporn
vorführen«, verlangte Aratap. »Hören wir uns an,
was er zu sagen hat.« Er unterdrückte ein Gähnen. Was
der ›Heißsporn‹ zu sagen hatte, war ihm herzlich
gleichgültig.
Hinrik war schon im Begriff, nach dem Wachhauptmann zu
läuten, doch das erwies sich als überflüssig, denn der
stand bereits unangemeldet in der Tür.
»Exzellenz«, rief er und trat ein, ohne auf eine
Aufforderung zu warten.
Hinrik starrte seine Hand an, die sich noch über dem
Signalknopf befand, und schien sich zu fragen, ob seine Absicht wohl
so stark gewesen sei, daß sie die Tat ersetzte.
»Worum geht es?« fragte er unsicher.
»Exzellenz«, meldete der Hauptmann, »der Gefangene
ist entwischt.«
Arataps Müdigkeit war wie weggeblasen. Was war das?
»Einzelheiten, Hauptmann!« befahl er und richtete sich in
seinem Stuhl auf.
Der Hauptmann berichtete in knappen Worten, ohne etwas zu
beschönigen. »Ich möchte Euer Exzellenz bitten«,
schloß er, »Großalarm auslösen zu dürfen.
Noch haben sie nur wenige Minuten Vorsprung.«
»Selbstverständlich«, stammelte Hinrik.
»Selbstverständlich. Großalarm, natürlich. Genau
das Richtige. Rasch! Rasch! Hochkommissar, mir ist unbegreiflich, wie
das geschehen konnte. Hauptmann, Sie setzen jeden verfügbaren
Mann ein. Wir werden eine Untersuchung einleiten, Hochkommissar.
Notfalls wird jeder einzelne Angehörige des Wachkorps durch die
Mangel gedreht. Durch die Mangel! Durch die Mangel!«
Das klang schon fast hysterisch. Aber der Hauptmann hatte sich
nicht von der Stelle gerührt. Er hatte offenbar noch mehr zu
sagen.
»Worauf warten Sie?« fragte Aratap.
»Kann ich Euer Exzellenz unter vier Augen sprechen?«
fragte der Hauptmann übergangslos.
Hinrik warf einen verängstigten Blick auf den Hochkommissar,
der so undurchdringlich und seelenruhig
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