Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
wenn er in Chica war, drehte er unentwegt den Kopf hin
und her und war stets auf dem Sprung. Genauer befragt, hätte er
nicht erklären können, wie er einen Außenweltler,
selbst wenn ihm denn ein solcher begegnen sollte, von einem
Erdenmenschen unterscheiden wolle, aber im Innersten war er ganz
sicher, daß es irgendeinen Unterschied geben müsse.
Bevor er das Institut betrat, sah er ein letztes Mal über die
Schulter. Er hatte sein Zweirad im Freien abgestellt und sich den
Platz mit einem Parkschein für sechs Stunden reserviert. Ob er
sich mit dieser Extravaganz verdächtig gemacht hatte? –
Inzwischen hatte er vor allem und jedem Angst. Überall lauerten
Augen und Ohren.
Hoffentlich vergaß der Fremde nicht, daß er sich
hinten im Wagen auf den Boden kauern sollte. Er hatte lebhaft genickt
– aber hatte er auch wirklich begriffen? Mit einem Mal war Arbin
wütend auf sich selbst. Wie hatte er sich nur von Grew zu diesem
Wahnsinn überreden lassen können?
Dann ging die Tür vor ihm auf, und eine Stimme riß ihn
aus seinen Gedanken.
»Was wollen Sie?« fragte die Stimme.
Sie klang ungeduldig; vielleicht hatte sie die Frage schon
mehrmals gestellt.
Seine Kehle würgte heisere, pulvertrockene Worte hervor:
»Kann man sich hier für den Synapsifikator
melden?«
Die Empfangsdame hob ruckartig den Kopf und verlangte: »Bitte
unterschreiben.«
Arbin legte beide Hände hinter den Rücken und
wiederholte mit rauher Stimme: »Mit wem kann ich wegen des
Synapsifikators sprechen?« Grew hatte ihm gesagt, wie der
Apparat hieß, aber aus seinem eigenen Mund klang der Name wie
sinnloses Gestammel.
Die Empfangsdame war unerbittlich: »Bevor Sie sich nicht ins
Besucherbuch eingetragen haben, kann ich nichts für Sie tun. Das
ist Vorschrift.«
Ohne ein Wort wandte sich Arbin zum Gehen. Die junge Frau hinter
der Theke preßte die Lippen aufeinander und trat kräftig
gegen den Alarmhebel, der seitlich an ihrem Stuhl angebracht war.
Arbin hatte sich verzweifelt bemüht, jedes Aufsehen zu
vermeiden, doch der Versuch war kläglich mißlungen. Jetzt
sah ihn das Mädchen so durchdringend an, daß sie ihn noch
in tausend Jahren wiedererkennen würde. Am liebsten wäre er
einfach davongerannt, zurück zu seinem Wagen, zurück zu
seiner Farm…
Eine Gestalt in weißem Laborkittel kam rasch aus einer
Tür. Die Empfangsdame zeigte auf ihn. »Ein Freiwilliger
für den Synapsifikator, Miss Shekt«, sagte sie. »Er
will seinen Namen nicht nennen.«
Arbin blickte auf. Noch ein Mädchen, ebenfalls jung. Verwirrt
sah er sie an. »Sind Sie für die Maschine
zuständig?«
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Sie lächelte so
freundlich, daß seine Nervosität ein wenig abflaute.
»Aber ich kann Sie zu dem zuständigen Mann
bringen«, fuhr sie fort. »Sie wollen sich wirklich
freiwillig für den Synapsifikator melden?« Das klang
erwartungsvoll.
»Ich will nur mit dem zuständigen Mann sprechen«,
erklärte Arbin stur.
»Schön.« Die Abfuhr schien sie nicht weiter zu
stören. Sie huschte in den Raum zurück, aus dem sie
gekommen war. Arbin wartete eine Weile. Endlich kam sie zurück
und winkte ihm…
Er folgte ihr mit klopfendem Herzen in ein kleines Vorzimmer. Sie
sagte freundlich: »Sie müssen sich ein klein wenig
gedulden, höchstens eine halbe Stunde, dann kommt Dr. Shekt zu
Ihnen. Er ist im Moment sehr beschäftigt… Ich bringe Ihnen
gerne ein paar Buchfilme und ein Lesegerät, damit Sie sich nicht
langweilen.«
Doch Arbin schüttelte den Kopf. Die Wände des Raumes
schienen immer enger zusammenzurücken. Er war starr vor Angst.
Saß er jetzt in der Falle? Würden ihn die Ahnen holen?
Dem armen Arbin stand die längste halbe Stunde seines ganzen
Lebens bevor.
Lord Ennius, Statthalter der Erde, hatte sehr viel weniger
Mühe gehabt, zu Dr. Shekt vorzudringen, doch seine Erregung war
kaum geringer als die des Bauern. Auch nach vier Jahren im Amt des
Statthalters war ein Besuch in Chica noch ein Ereignis für ihn.
Als direkter Vertreter des fernen Kaisers stand er theoretisch zwar
auf der gleichen gesellschaftlichen Stufe wie die Vizekönige
riesiger, glanzvoller Galaxissektoren, die sich über Hunderte
von Kubikparsek erstreckten, praktisch gesehen war sein Posten
freilich gleichbedeutend mit einer Verbannung.
Für jemanden, der in der sterilen Leere des Himalaya
festsaß, gefangen in den ebenso sterilen Auseinandersetzungen
zwischen der Erdbevölkerung, die ihn haßte, und dem
Imperium, bedeutete sogar eine Reise nach Chica
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