Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
wollte sich
ausschütten vor Lachen.
Arvardan sah stirnrunzelnd auf seinen Teller nieder und sagte ohne
aufzusehen: »Ich habe nicht den Wunsch, über
Rassenunterschiede zu streiten, besonders, da sie in diesem Fall
keine Rolle spielen. Ich spreche nämlich vom
prähistorischen Erdenmenschen. Seine heutigen Abkömmlinge
sind seit langem isoliert und leben unter höchst
ungewöhnlichen Bedingungen – dennoch würde ich sie
nicht so ohne weiteres abschreiben.«
Er wandte sich an Ennius. »Wenn ich mich nicht irre, Sir,
sprachen Sie vor dem Essen von einem ganz bestimmten
Erdenmenschen.«
»Tatsächlich? Ich erinnere mich nicht.«
»Ein Physiker. Shekt.«
»Ach ja, richtig.«
»Affret Shekt vielleicht?«
»Genau. Haben Sie von ihm gehört?«
»Ich denke schon. Seit Sie den Namen erwähnten, geht er
mir nicht mehr aus dem Kopf, aber ich glaube, jetzt weiß ich,
wo ich ihn einzuordnen habe. Er arbeitet nicht zufällig im
Institut für Kernforschung in… Oh, wie heißt die
verdammte Stadt doch noch?« Er schlug sich ein paarmal mit der
flachen Hand gegen die Stirn. »In Chica?«
»Das ist er. Was wissen Sie über ihn?«
»Nichts weiter. In der Augustausgabe der Physikalischen
Rundschau war ein Aufsatz von ihm abgedruckt. Er ist mir nur
deshalb aufgefallen, weil ich auf alles achte, was mit der Erde zu
tun hat, und weil es eine Seltenheit ist, wenn ein Erdenmensch
in einer galaxisweit verbreiteten Zeitschrift einen Artikel
veröffentlicht… Wie auch immer, was ich sagen wollte, ist
folgendes: der Mann behauptet, einen Apparat entwickelt zu haben, den
er Synapsifikator nennt, und der die Lernkapazität des
Nervensystems von Säugetieren steigern soll.«
»Tatsächlich?« gab Ennius ein klein wenig zu scharf
zurück. »Davon hatte ich noch nichts gehört.«
»Ich kann Ihnen sagen, wo Sie den Artikel finden. Er ist
nicht uninteressant, obwohl ich natürlich nicht behaupten will,
die mathematische Seite des Ganzen zu verstehen. Jedenfalls hat
dieser Shekt irgendeine auf der Erde heimische Lebensform – ich
glaube, man nennt sie Ratten – mit dem Synapsifikator behandelt
und die Tiere dann in ein kleines Labyrinth gesetzt. Sie wissen
schon: sie sollten lernen, sich den kürzesten Weg zu einem
Futterdepot einzuprägen. Zur Kontrolle verwendete er
nichtbehandelte Ratten, und er stellte fest, daß die
synapsifizierten Ratten das Labyrinth ausnahmslos in weniger als
einem Drittel der Zeit durchquerten, die die anderen brauchten…
Verstehen Sie, was das bedeutet, Colonel?«
Der Offizier, der das Thema angeschnitten hatte, blieb
unbeeindruckt. »Nein, Doktor, das verstehe ich nicht.«
»Dann will ich es Ihnen erklären. Ich bin der festen
Überzeugung, daß ein Wissenschaftler, selbst ein
Erdenmensch, der solche Leistungen vollbringt, mir und, ohne Ihnen zu
nahe treten zu wollen, auch Ihnen intellektuell zumindest
ebenbürtig ist.«
Ennius unterbrach. »Sie verzeihen, Dr. Arvardan, aber ich
würde gerne noch einmal auf diesen Synapsifikator
zurückkommen. Hat Shekt auch schon Versuche mit Menschen
angestellt?«
Arvardan lachte. »Das bezweifle ich, Lord Ennius. Neun
Zehntel seiner synapsifizierten Ratten haben die Behandlung nicht
überlebt. Er würde es kaum wagen, mit menschlichen
Versuchspersonen zu arbeiten, solange er nicht sehr viel
größere Fortschritte gemacht hat.«
Ennius ließ sich mit leichtem Stirnrunzeln auf seinen Stuhl
zurücksinken, aß bis zum Ende des Banketts keinen Bissen
mehr und schwieg beharrlich.
Noch vor Mitternacht verließ der Statthalter unbemerkt die
Gesellschaft und trat nach ein paar knappen Worten an seine Frau mit
seinem Privatkreuzer den zweistündigen Flug in die Stadt Chica
an. Die Falten auf seiner Stirn hatten sich noch immer nicht
geglättet, und in seinem Herzen tobte ein heftiger Sturm.
So kam es, daß ausgerechnet an dem Nachmittag, als Arbin
Maren den Fremden Joseph Schwartz nach Chica brachte, um ihn von
Shekt mit dem Synapsifikator behandeln zu lassen, Shekt selbst schon
seit mehr als einer Stunde mit niemand anderem als dem Statthalter
der Erde persönlich in vertraulichem Gespräch
beisammensaß.
4
DER KÖNIGSWEG
Arbin war dieses Chica noch nie geheuer gewesen. Er fühlte
sich von Feinden umgeben. Irgendwo in dieser Stadt, einer der
größten der Erde – sie wurde angeblich von
fünfzigtausend Menschen bewohnt – irgendwo liefen hier
Vertreter des riesigen Imperiums herum.
Er hatte zwar noch nie einen Bürger der Galaxis zu Gesicht
bekommen, doch
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