Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
erlosch das Lächeln. Seine Miene
verfinsterte sich. Mit diesen Fissuren stimmte etwas nicht. Sie kamen
ihm sonderbar vor – nicht ganz…
Einen Augenblick lang hätte er geschworen, dies sei ein
primitiver Schädel, ein Atavismus, andererseits… Nun ja,
der Mann war von subnormaler Intelligenz. Warum also nicht?
Und dann entfuhr ihm ein jäher Aufschrei: »Wie konnte
ich das übersehen! Das Gesicht ist ja behaart!« Er wandte
sich an Arbin. »Hatte er schon immer einen Bart?«
»Einen Bart?«
»Haare im Gesicht! Kommen Sie her! Sehen Sie das denn
nicht?«
»Doch.« Arbin überlegte fieberhaft. Er hatte es am Morgen bemerkt und dann wieder vergessen. »Das ist
schon seit seiner Geburt so«, sagte er und schwächte die
Behauptung mit einem »Glaube ich« sofort wieder ab.
»Wir sollten die Haare entfernen. Sie wollen doch sicher
nicht, daß er wie ein wildes Tier herumläuft?«
»Nein.«
Der Techniker zog sich vorsichtshalber Handschuhe an, bevor er die
Enthaarungssalbe auftrug. Der Bart löste sich mühelos.
»Auch seine Brust ist behaart, Dr. Shekt«, bemerkte der
junge Mann.
»Bei der unendlichen Galaxis!« rief Shekt. »Lassen
Sie sehen! Der Mann ist ja der reine Teppich! Aber lassen wir’s
dabei bewenden. Wenn er ein Hemd trägt, ist das nicht zu sehen,
und ich will mit den Elektroden weitermachen. Setzen Sie die
Drähte hier und hier und hier.« Durch winzige Einstiche
wurden haarfeine Platindrähte in den Schädel geschoben.
»Und hier und hier.«
Ein Dutzend Anschlüsse führten durch die Hirnhaut zu den
Fissuren. In diesen schmalen Gängen hallten schattengleich die
zarten Echos der Mikroströme wider, die im Gehirninneren von
Zelle zu Zelle flossen.
Die Physiker beobachteten gespannt die Ausschläge der
empfindlichen Amperemeter, wenn eine Verbindung hergestellt und
wieder unterbrochen wurde. Winzige Nadeln zeichneten in
spinnwebfeinen Linien gezackte Gipfel und Schluchten auf
Millimeterpapier. Die Graphen wurden entfernt und auf eine
beleuchtete Milchglasscheibe gelegt. Die Wissenschaftler beugten sich
darüber und begannen zu tuscheln.
Arbin fing zusammenhanglose Wortfetzen auf: »…
auffallend regelmäßig… sehen Sie nur die hohen
Fünferspitzen… das müßte man genauer
analysieren… mit bloßem Auge erkennbar…«
Und dann mußte der Synapsifikator justiert werden, ein
mühsamer und schier endloser Prozeß. Knöpfe wurden
gedreht, Zeiger bewegten sich und kamen zum Stillstand, Werte wurden
abgelesen und aufgezeichnet. Wieder und wieder kontrollierte man
jedes einzelne Elektrometer, wieder und wieder wurden neue
Regulierungen erforderlich.
Endlich lächelte Shekt zu Arbin hinüber und sagte:
»Jetzt dauert es nicht mehr lange.«
Wie ein träges, gieriges Ungeheuer näherte sich die
riesige Apparatur dem Schläfer. Vier lange Drähte wurden zu
seinen Extremitäten gezogen, man schob ihm behutsam ein Polster
aus mattschwarzem, hartgummiähnlichem Material unter den Nacken
und befestigte es mit großen Klammern an seinen Schultern. Dann
klappten zwei Elektroden wie ein Riesenschnabel auseinander und
senkten sich auf das blasse Pfannkuchengesicht herab, bis jede sich
über einer Schläfe befand.
Shekt richtete den Blick fest auf eine Stoppuhr; in der anderen
Hand hielt er einen Schalter. Sein Daumen bewegte sich nach unten.
Sonst geschah nach außen hin gar nichts – selbst Arbin mit
seinen angstgeschärften Sinnen konnte nicht das geringste
erkennen. Es schien Stunden zu dauern – in Wirklichkeit waren es
weniger als drei Minuten – bis Shekt den Schalter wieder
freigab.
Sein Assistent beugte sich rasch über den immer noch
schlafenden Schwartz, richtete sich triumphierend auf. »Er ist
am Leben.«
In den nächsten Stunden wurde in einer Atmosphäre
knisternder Spannung eine ganze Bibliothek von Aufzeichnungen
angelegt. Erst lange nach Mitternacht verabreichte man dem
Schläfer eine Injektion. Seine Lider begannen zu flattern.
Erschöpft, aber glücklich trat Shekt zurück und
wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
»Es ist alles in Ordnung.«
Dann wandte er sich an Arbin und sagte kategorisch: »Wir
müssen ihn ein paar Tage hierbehalten.«
Der Blick des Farmers wurde starr vor Schreck. »Aber…
aber…«
»Nein, nein, Sie müssen mir vertrauen«,
drängte der Wissenschaftler. »Es wird ihm nichts geschehen,
dafür verbürge ich mich mit meinem Leben. Im wahrsten Sinne
des Wortes. Überlassen Sie ihn uns; hier bekommt ihn sonst
niemand zu sehen.
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