Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Wenn Sie ihn jetzt mitnehmen, überlebt er
womöglich nicht. Was hätten Sie dann davon? - Und wenn er
tatsächlich stirbt, müssen Sie vielleicht noch den Ahnen
erklären, wie Sie zu seiner Leiche kommen.«
Das gab den Ausschlag. Arbin schluckte und sagte: »Aber
hören Sie, wie soll ich denn erfahren, wann ich ihn wieder
abholen kann? Meinen Namen sage ich Ihnen nämlich
nicht!«
Damit hatte er kapituliert. Shekt konnte ihn beruhigen. »Ich
will Ihren Namen auch gar nicht wissen. Sie kommen heute in einer
Woche um zehn Uhr abends wieder hierher. Ich erwarte Sie am
Garagentor, da, wo wir Ihr Zweirad untergestellt haben. Sie
müssen mir vertrauen, Mann; Sie haben nichts zu
befürchten.«
Es war Abend, als Arbin mit seinem Zweirad von Chica wegbrauste.
Vierundzwanzig Stunden waren vergangen, seit der Fremde an seine
Tür geklopft hatte, und er hatte es geschafft, in dieser Zeit
ein zweites Mal gegen das Sittengesetz zu verstoßen. Ob er sich
jemals wieder sicher fühlen konnte?
Unwillkürlich blickte er über die Schulter, während
sein Zweirad über die leere Straße raste. Ob ihn am Ende
jemand verfolgte? Um herauszufinden, wo er zu Hause war? Oder war
sein Gesicht schon registriert worden? Verglich man es bereits in
aller Ruhe mit irgendwelchen Unterlagen in den Archiven der
Bruderschaft im fernen Washenn, wo alle lebenden Erdenmenschen
zusammen mit ihren wichtigsten Daten für die Sechzig
erfaßt waren.
Die Sechzig, die irgendwann jeden Erdenmenschen trafen. Er hatte
noch ein Vierteljahrhundert Zeit, dennoch lebte er Grews und nun auch
des Fremden wegen tagtäglich in Angst davor.
Und wenn er nun nächste Woche nicht nach Chica
zurückkehrte?
Nein! Er und Loa konnten nicht ewig für drei arbeiten, und
sobald sie das Soll nicht mehr erfüllten, würde ihr erstes
Verbrechen, die Verheimlichung von Grews Leiden, ans Licht kommen.
Wenn man erst einmal damit angefangen hatte, zog ein Verstoß
gegen das Sittengesetz zwangsläufig den nächsten nach
sich.
Arbin wußte, daß er zurückkehren würde,
trotz aller Gefahren.
Es war nach Mitternacht, bis Shekt daran dachte, sich zur Ruhe zu
begeben, und er tat es nur, weil die besorgte Pola energisch darauf
bestand. Doch er fand keinen Schlaf. Sein Kissen drohte ihn
heimtückisch zu ersticken, und die Laken schlangen sich wie
Fesseln um seine Glieder und trieben ihn fast zum Wahnsinn. Er stand
wieder auf und setzte sich ans Fenster. In der Stadt war jetzt alles
dunkel, doch am Horizont, am gegenüberliegenden Seeufer konnte
er ganz schwach jenes bläuliche Todesleuchten erkennen, das bis
auf wenige Stellen über der gesamten Erde lag.
Die Ereignisse des eben vergangenen Tages wirbelten wie in einem
verrückten Tanz vor seinem inneren Auge vorbei. Nachdem er den
verängstigten Bauern überredet hatte, nach Hause zu fahren,
hatte er sofort Fernsichtverbindung mit der Residenz aufgenommen.
Ennius mußte schon darauf gewartet haben, denn er war selbst am
Apparat gewesen. Er schleppte sich immer noch mit dem schweren
Bleianzug ab.
»Ach, Shekt, guten Abend. Haben Sie Ihr Experiment
abgeschlossen?«
»Mein armer Freiwilliger hat es nur knapp
geschafft.«
Ennius wirkte betroffen. »Es war schon richtig, nicht
dabeizubleiben. Mir scheint, ihr Wissenschaftler seid nicht viel
besser als brutale Mörder.«
»Noch ist er nicht tot, Statthalter, und vielleicht
können wir ihn ja retten, aber…« Er zuckte die
Achseln.
»An Ihrer Stelle würde ich mich künftig lieber auf
Ratten beschränken, Shekt… Aber Sie scheinen mir auch nicht
ganz der Alte, mein Freund. Dabei müßten doch zumindest
Sie sich an solche Erlebnisse gewöhnt haben.«
»Ich werde alt, Lord Ennius«, sagte Shekt schlicht.
»Was auf der Erde ein gefährlicher Zeitvertreib
ist«, lautete die trockene Antwort. »Legen Sie sich
schlafen, Shekt.«
Und nun saß Shekt da und blickte hinaus auf eine dunkle
Stadt in einer sterbenden Welt.
Seit zwei Jahren befand sich der Synapsifikator nun schon im
Erprobungsstadium, und seit zwei Jahren war er, Shekt, ein Sklave und
ein Spielball der Gesellschaft der Ahnen oder der
›Bruderschaft‹, wie diese sich selbst bezeichnete.
Er hatte sieben oder acht Aufsätze verfaßt, die er in
der Sirianischen Zeitschrift für Neurophysiologie hätte veröffentlichen, mit denen er sich jenen
galaxisweiten Ruhm hätte erwerben können, den er so
brennend ersehnte. Diese Aufsätze verstaubten nun in seiner
Schreibtischschublade, und an ihrer Stelle gab es nur jenen
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