Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Vergangenheit haben. Alles, was davon abweicht, wird als Frevel
angesehen, auch wenn es die Wahrheit ist. Man will nicht die Wahrheit
hören; man will seine Traditionen bewahren.«
»Bei«, sagte Pola, »ich glaube, er hat
recht.«
Arvardan knirschte mit den Zähnen. »Wir könnten es
wenigstens versuchen.«
»Wir würden scheitern«, beharrte Schwartz.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich weiß es eben.« Das klang wie ein
Orakelspruch. Arvardan verstummte.
Dafür sah Shekt seinen ehemaligen Patienten fest an. Seine
müden Augen waren aufgeleuchtet.
»Hatte die Behandlung mit dem Synapsifikator irgendwelche
negativen Auswirkungen?« fragte er leise.
Schwartz kannte das Wort Synapsifikator nicht, verstand aber den
Sinn der Frage. Man hatte ihn also operiert, und zwar am
Gehirn. Wieder eine neue Erkenntnis!
»Keine negativen Auswirkungen«, sagte er.
»Aber Sie haben erstaunlich schnell unsere Sprache gelernt,
wie ich sehe. Sie sprechen sie ganz ausgezeichnet, man könnte
Sie für einen Einheimischen halten. Überrascht Sie das
nicht?«
»Ich hatte schon immer ein gutes Gedächtnis«,
lautete die abweisende Antwort.
»Und Sie fühlen sich jetzt nicht anders als vor der
Behandlung?«
»Richtig.«
Dr. Shekts Augen waren hart geworden. »Warum sprechen Sie
überhaupt noch mit mir? Ich bin sicher, Sie wissen genau, was
ich denke.«
Schwartz lachte kurz auf. »Sie glauben, ich kann Gedanken
lesen? Und wenn schon?«
Doch Shekt hatte sich bereits von ihm abgewandt. Bleich und ratlos
sah er Arvardan an. »Er spürt, was in den Köpfen der
Menschen vorgeht, Arvardan. Was könnte ich nicht alles mit ihm
machen. Statt dessen muß ich hier liegen – muß
ohnmächtig zusehen…«
»Was… was… was…«, stieß Arvardan
aufgeregt hervor.
Auch Pola zeigte jetzt Interesse. »Können Sie das
wirklich?« fragte sie Schwartz.
Er nickte. Sie hatte ihn damals betreut, und jetzt würde man
sie töten. Aber schließlich war sie eine
Verräterin.
Shekt sprach bereits weiter. »Wissen Sie noch, Arvardan, ich
hatte Ihnen von einem Bakteriologen erzählt, der die
Nachwirkungen der Synapsifikatorbehandlung nicht überlebte?
Eines der ersten Anzeichen für seinen geistigen Zusammenbruch
war die Behauptung, er könne Gedanken lesen. Und er konnte es tatsächlich. Ich fand es kurz vor seinem Tod heraus, aber
ich habe es geheimgehalten. Kein Mensch außer mir weiß
davon – aber es könnte sein, Arvardan, es wäre
möglich. Sehen Sie, wenn man die Durchlässigkeit der
Gehirnzellen erhöht, ist es denkbar, daß das Gehirn
befähigt wird, die elektromagnetischen Felder, die durch die
Mikroschwingungen bei der Gehirntätigkeit anderer Menschen
erzeugt werden, aufzufangen und wieder in Schwingungen
zurückzuverwandeln. Jedes Tonbandgerät funktioniert nach
diesem Prinzip. Das wäre Telepathie im wahrsten Sinne des
Wortes…«
Langsam wandte Arvardan sich Schwartz zu, doch der verharrte in
feindseligem Schweigen. »Wenn Sie recht hätten, Shekt,
könnte er uns womöglich helfen.« Der Verstand
des Archäologen lief jetzt auf Hochtouren, um das
Unmögliche zu verarbeiten. »Vielleicht gibt es doch noch
einen Ausweg. Es muß einfach einen Ausweg geben.
Für uns und für die Galaxis.«
Schwartz spürte die Erregung des Archäologen ganz
deutlich in seinem Bewußtsein, aber er ließ sich davon
nicht anstecken. »Sie meinen, ich soll die Gedanken unserer
Bewacher lesen?« sagte er. »Wozu sollte das gut sein?
Allerdings kann ich nicht nur Gedankenlesen. Was halten Sie zum
Beispiel davon?«
Es war nur ein leichter Stoß, doch Arvardan schrie auf vor
Schmerz.
»Das war ich«, sagte Schwartz. »Wollen Sie noch
mehr?«
Arvardan keuchte. »Können Sie das auch mit den Wachen
machen? Mit dem Sekretär? Warum haben Sie sich dann
überhaupt hierherbringen lassen? Bei der großen Galaxis,
Shekt, damit sind alle Probleme gelöst. Hören Sie zu,
Schwartz…!«
»Nein«, sagte Schwartz. »Sie hören
zuerst mir zu. Warum sollte ich fliehen wollen? Wohin denn?
Ich müßte ja doch auf dieser toten Welt bleiben. Ich
möchte nach Hause, und ich kann nicht nach Hause. Ich sehne mich
nach meiner Familie und nach meiner Welt, aber das ist aussichtslos.
Und deshalb möchte ich sterben.«
»Aber es geht um das Schicksal der gesamten Galaxis,
Schwartz. Sie dürfen nicht an sich denken.«
»Ich darf nicht? Warum nicht? Was geht mich Ihre Galaxis an?
Meinetwegen kann sie verfaulen. Ich weiß, was die Erde vorhat,
und ich freue mich darüber. Die
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