Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
bekannt?
Er blieb stehen, um sich zu vergewissern, doch schon spürte
er die harte Hand des Soldaten auf seiner Schulter.
»Weiter!«
Eine vierte Liege war leer. Schwartz spürte keine Bedrohung
im Geist des Soldaten, also kletterte er hinauf. Er wußte, was
jetzt kam.
Der Soldat fuhr ihm mit seinem Eisenstab über alle
Gliedmaßen. Ein kurzes Kribbeln, dann spürte er sie nicht
mehr. Sein Kopf schien im Nichts zu schweben.
Er drehte ihn zur Seite.
»Pola«, rief er. »Sie sind doch Pola, nicht wahr?
Das Mädchen, das…«
Sie nickte. Er hatte ihren Geistesfinger nicht erkannt.
Damals, vor zwei Monaten, hatte er ihn noch nicht spüren
können. In diesem frühen Stadium war er nur ganz allgemein
für die ›Atmosphäre‹ empfänglich gewesen,
das sah er jetzt, im Rückblick, ganz deutlich.
Doch jetzt konnte er ihrem Bewußtsein einiges entnehmen. Der
Mann neben ihr war Dr. Shekt; dahinter, am weitesten von Schwartz
entfernt, lag Dr. Bel Arvardan. Schwartz erfühlte ihre Namen,
ihre Verzweiflung, die letzten Reste ihres Abscheus und ihrer Angst
im Geist des jungen Mädchens.
Im ersten Augenblick taten sie ihm leid, doch dann fiel ihm wieder
ein, wer und was sie waren. Und er verhärtete sein Herz.
Mochten sie doch sterben!
Die drei anderen waren schon seit fast einer Stunde da. Der Raum,
in dem man sie abgelegt hatte, war riesengroß und wurde sonst
offenbar für Zusammenkünfte von mehreren Hundert Menschen
benützt. Die Gefangenen kamen sich klein und verloren darin vor.
Zu sagen hatten sie sich nichts. Arvardans Kehle war wie
ausgedörrt, er warf ständig ruhelos den Kopf hin und her,
ohne damit irgend etwas zu erreichen. Es war eben der einzige
Körperteil, den er bewegen konnte.
Shekt hielt die Augen geschlossen und preßte die Lippen so
fest aufeinander, daß sie nur noch weiße Striche
waren.
»Shekt«, zischte Arvardan: »Shekt, hören Sie
mich!«
»Was? – Was?« Bestenfalls ein schwaches
Flüstern.
»Was machen Sie denn? Sie dürfen nicht einschlafen,
Mann! Sie müssen nachdenken, nachdenken!«
»Wozu? Was gibt es da noch nachzudenken?«
»Wer ist dieser Joseph Schwartz?«
Dünn und kraftlos ließ sich Polas Stimme vernehmen.
»Weißt du nicht mehr, Bel? Damals im Kaufhaus, als wir uns
zum ersten Mal begegnet sind? – Es ist so lange her.«
Mit einer gewaltigen Anstrengung und unter Qualen gelang es
Arvardan, den Kopf eine Handbreit zu heben. Nun konnte er einen
kleinen Ausschnitt von Polas Gesicht erkennen.
»Pola! Pola!« Wenn er nur zu ihr gehen könnte
– zwei Monate lang hätte er die Gelegenheit gehabt, und er
hatte sie nicht genützt. Sie sah ihn an und lächelte so
matt wie eine Statue. »Wir werden es schaffen. Du wirst schon
sehen.«
Aber sie schüttelte nur den Kopf – und dann gaben seine
strapazierten Halssehnen nach, und er sank zurück.
»Shekt«, begann er wieder. »Hören Sie mir zu.
Wie haben Sie diesen Schwartz kennengelernt? Wie wurde er Ihr
Patient?«
»Der Synapsifikator. Er hatte sich als Versuchsperson
gemeldet.«
»Und wurde behandelt?«
»Ja.«
Arvardan ließ sich diese Auskunft durch den Kopf gehen.
»Was hat ihn veranlaßt, zu Ihnen zu kommen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber – vielleicht ist er tatsächlich ein
kaiserlicher Agent.«
(Schwartz hatte dem Gedankengang gut folgen können und
lächelte stumm in sich hinein. Er hatte bisher kein Wort gesagt
und war entschlossen, auch weiterhin zu schweigen.)
Shekts Kopf bewegte sich. »Ein kaiserlicher Agent? Nur weil
der Sekretär des Höchsten Ministers das behauptet? Unsinn.
Und wenn schon, was würde es ändern? Er ist genauso hilflos
wie wir. – Hören Sie, Arvardan, vielleicht könnten wir
Zeit gewinnen, wenn wir alle mehr oder weniger die gleiche Geschichte
erzählen. Irgendwann würde man uns
vielleicht…«
Der Archäologe ließ ein hohles Lachen hören. Seine
Kehle brannte wie Feuer. »Man würde uns am Leben lassen,
meinen Sie? Die ganze Galaxis ausgerottet, die Zivilisation in
Trümmern, und das nennen Sie Leben? Da ziehe ich doch den Tod
vor!«
»Ich denke an Pola«, murmelte Shekt.
»Ich auch«, gab Arvardan zurück. »Fragen wir
sie doch selbst. – Pola, sollen wir kapitulieren? Sollen wir um
unser Leben kämpfen?«
Polas Stimme war fest. »Ich weiß, wohin ich
gehöre. Ich sterbe nicht gern, aber wenn meine Seite sterben
muß, dann gehe ich mit ihr.«
Innerlich triumphierte Arvardan. Sicher würde man über
das Erdenmädchen die Nase rümpfen, wenn er sie zum
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