Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
Sie auf die Probe stellen, Mann. Angenommen,
ich würde Sie auffordern, Ihre Mathematik einzusetzen, um mir zu
sagen, ob ich eines Tages ermordet werde? Was würden Sie
sagen?«
»Mein mathematisches System würde auf eine so
spezifische Frage keine Antwort liefern, selbst wenn die
Psychohistorik noch so gut funktionierte. Alle Quantenmechanik in der
Welt erlaubt es nicht, das Verhalten eines einzelnen Elektrons
vorherzusagen. Nur das durchschnittliche Verhalten von
vielen.«
»Sie kennen Ihre Mathematik besser als ich. Sprechen Sie
einfach eine Vermutung aus. Werde ich eines Tages ermordet
werden?«
»Sie stellen mir eine Falle, Sire«, sagte Seldon mit
leiser Stimme. »Entweder müssen Sie mir sagen, welche
Antwort Sie hören wollen, dann gebe ich sie Ihnen, oder Sie
müssen mir das Recht geben, jede mir beliebige Antwort
ungestraft zu geben.«
»Sprechen Sie, wie Sie wollen.«
»Ihr Ehrenwort?«
»Wollen Sie es schriftlich?« fragte Cleon
sarkastisch.
»Ihr mündliches Ehrenwort genügt mir«, sagte
Seldon, dem das Herz sank, weil er dessen keineswegs sicher war.
»Sie haben mein Ehrenwort.«
»Dann kann ich Ihnen sagen, daß in den letzten
vierhundert Jahren fast die Hälfte aller Kaiser Attentaten zum
Opfer gefallen sind, woraus ich schließe, daß die
Wahrscheinlichkeit Ihrer Ermordung ungefähr fünfzig Prozent
beträgt.«
»Die Antwort kann jeder Idiot liefern«, sagte Cleon
verächtlich. »Dazu braucht es keinen
Mathematiker.«
»Und doch habe ich Ihnen mehrere Male gesagt, daß meine
Mathematik für praktische Probleme unbrauchbar ist.«
»Können Sie nicht einmal annehmen, daß ich die
Lektionen lernen werde, die mir meine unglücklichen
Vorgänger geboten haben?«
Seldon atmete tief und stürzte sich dann hinein: »Nein,
Sire. Die Geschichte zeigt immer wieder, daß wir die Lektionen nicht lernen, die die Vergangenheit uns anbietet. Sie haben
mich beispielsweise hier in einer Privataudienz empfangen. Was, wenn
ich es mir in den Sinn gesetzt hätte, Sie zu töten? –
Was übrigens nicht der Fall ist, Sire«, fügte er
hastig hinzu.
Cleon lächelte humorlos. »Guter Mann, Sie ziehen unsere
Gründlichkeit nicht in Betracht – oder die Fortschritte,
die die Technik gemacht hat. Wir haben alles studiert, was wir
über Sie wissen. Als Sie hier ankamen, hat man Sie durch und
durch untersucht. Ihr Ausdruck und Ihre Sprachabdrücke wurden
analysiert. Wir kennen Ihren emotionellen Zustand in Einzelheiten;
praktisch kennen wir Ihre Gedanken. Hätte der geringste Zweifel
an Ihrer Harmlosigkeit bestanden, hätte man Sie nicht in meine
Nähe gelassen. Tatsächlich würden Sie jetzt nicht mehr
am Leben sein.«
Eine Welle der Übelkeit durchflutete Seldon, aber er
antwortete: »Außenstehenden ist es immer schwergefallen,
an Kaiser heranzukommen, selbst bei weniger weit fortgeschrittener
Technik. Aber fast jedes Attentat war eine Palastrevolution.
Diejenigen, die dem Kaiser am nächsten stehen, sind auch die
größte Gefahr für ihn. Verglichen mit dieser Gefahr
ist die gründliche Untersuchung von Außenstehenden
belanglos. Und was Ihre eigenen Beamten angeht, Ihre eigenen
Gardisten, Ihre intimen Freunde, so können Sie sie nicht so
behandeln, wie Sie mich behandeln.«
»Das weiß ich auch«, sagte Cleon, »und zwar
wenigstens so gut wie Sie. Die Antwort darauf ist, daß ich
meine Umgebung anständig behandle und ihr keinen Grund zur
Unzufriedenheit biete.«
»Eine unsinnige…« begann Seldon und hielt dann
verwirrt inne.
»Nur weiter!« sagte Cleon ärgerlich. »Ich habe
Ihnen erlaubt, offen zu sprechen. Inwiefern bin ich
unsinnig?«
»Das Wort ist mir so herausgerutscht, Sire. Ich meine
›irrelevant‹. Es ist irrelevant, wie Sie Ihre unmittelbare
Umgebung behandeln. Sie müssen argwöhnisch sein; es
wäre unmenschlich, das nicht zu sein. Ein unbedachtes Wort, wie
das, das ich gebrauchte, eine unbedachte Geste, ein rätselhafter
Ausdruck, und Sie müssen sich etwas zurückziehen und
argwöhnisch blicken. Und jeder Hauch von Argwohn löst einen
Teufelskreis aus, der zu andersartigem Verhalten führt. Sie
spüren das und werden argwöhnischer, und am Ende wird der
Betreffende entweder hingerichtet oder Sie werden ermordet. Das ist
ein Vorgang, den die Kaiser der letzten vierhundert Jahre nicht
vermeiden konnten; und das ist nur ein Zeichen dafür, wie
zunehmend schwieriger es wird, die Angelegenheiten des Imperiums zu
führen.«
»Dann kann nichts, was ich tue, meine
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