Frag Nicht - Kuess Mich
mir etwas über diesen Mitarbeiter“, forderte er Beryl auf.
Es erschien ihm unfassbar, Lara nach so langer Zeit wieder über den Weg zu laufen! Aber wie hätte er ahnen sollen, dass sie ausgerechnet für den Verlag arbeitete, den er übernommen hatte, um ein Standbein auf der südlichen Welthalbkugel zu haben? War diese Lara Meadows wirklich die, für die er sie hielt? Seine Larissa?
Eigentlich müsste sie inzwischen verheiratet sein. Aber vielleicht hatte sie ja dennoch ihren Mädchennamen behalten.
Der arme Narr, der sich mit ihr eingelassen hatte, dachte Alessandro verbittert. Dem machte es wohl nichts aus, enttäuscht zu werden. Lara hatte einfach etwas an sich, was jedem Mann den Verstand raubte.
Kein Wunder, dass der ehemalige Geschäftsführer Bill Carmichael sehr viel von Lara gehalten hatte. Vielleicht war sie sogar sein Untergang gewesen.
Gerne hätte Alessandro die Sekretärin nach Lara ausgefragt, doch das würde unweigerlich Gerüchte in Umlauf bringen. Und das galt es zu vermeiden. Außerdem ging ihn Lara Meadows nichts mehr an. Heute konnten ihn ihre eigensinnigen Launen nicht mehr beeindrucken. Eine Frau, die mit den Gefühlen eines ehrlichen Mannes spielte, interessierte Alessandro nicht.
Trotzdem verblüffte ihn die Ironie des Schicksals. Wahrscheinlich ahnte Lara Meadows nicht einmal, dass sie ihm einmal die Welt bedeutet hatte. Und nun lag ihr berufliches Schicksal in seinen Händen. Im Mittelalter hätte ein Vincenti es auf Rache abgesehen …
Ein Rachefeldzug muss eiskalt geplant sein, sagte Alessandros Mutter immer. Doch was bedeutete das für ihn? Hatte er tatsächlich mit der unseligen Geschichte von damals abgeschlossen?
Alessandro schüttelte diese Gedanken ab. Die Zeiten jugendlicher Leidenschaft waren vorbei. Trotzdem wäre es interessant, Lara wiederzusehen. Wie mochte sie aussehen? Und wie würde sie wohl auf ihn reagieren?
Wahrscheinlich hat Alessandro inzwischen eine Glatze oder ist aufgegangen wie ein Hefeteig, dachte Lara, als sie sich im Spiegel des Fahrstuhls betrachtete. Ihr Bild von ihm hatte sich mit den Jahren sicher verklärt.
Doch auf dem Weg zum Konferenzraum bekam sie trotzdem weiche Knie. Die Aussicht auf ein Wiedersehen war prickelnder, als sie vermutet hatte.
Allerdings zweifelte sie daran, dass Alessandro dieses überwältigende Gefühl teilte. Für einen internationalen Playboy waren sechs Jahre eine lange Zeit, um sich noch an jemanden erinnern zu können.
Vor der Tür blieb Lara stehen und atmete tief durch. Noch immer lief vor ihrem geistigen Auge der Film ihrer ersten Begegnung in Sydney ab. Ihre erste Buchmesse, überhaupt ihre erste Messe, ihr erstes Mal …
Der erste Blickkontakt mit Alessandro bei einer Cocktailparty. Über den Kopf einer aufgedonnerten Diva hinweg hatte er Lara amüsiert zugezwinkert und einen Erdbeer-Daiquiri für sie organisiert. Er verzog das Gesicht, als der Cocktail serviert wurde, doch Lara tat so, als schmecke er köstlich. Wunderschöne Tage verbrachten sie anschließend miteinander. Lange Spaziergänge, lebhafte Diskussionen über Literatur, Musik, Shakespeare – ihre große Leidenschaft.
Alessandro bezeichnete sich lachend als Weltbürger. Ursprünglich stammte er aus Venedig. Laras Vorstellungen begegnete er mit Respekt und Einfühlungsvermögen. Noch nie hatte sie sich so angeregt mit jemandem unterhalten. Hingerissen hing sie an seinen Lippen.
Und dann hatte sie den Ursprung seines Nachnamens erfahren …
Neugierig forschte sie im Internet nach. Kein Wunder, dass Alessandro sie völlig in seinen Bann schlug. Er entstammte dem alten venezianischen Adelsgeschlecht der Vincentis. Seine Vorfahren gehörten dem Rat an, der den Dogen wählte und ihn beim Regieren von Venedig unterstützte.
Seit Jahrhunderten führte das jeweilige Familienoberhaupt den Titel „Marchese d’Isole Veneziane Minori“ – Marquis der kleinen Inseln in der Lagune von Venedig. Das war wunderschön und so romantisch.
Nur zögernd hatte Alessandro zugegeben, diesem alten Adelsgeschlecht anzugehören. Als Lara nicht lockerließ, verriet er ihr schließlich, dass er der derzeitige Marchese war.
Nach einiger Übung ging ihr der Titel ganz flüssig über die Lippen. Alessandros Herkunft beeindruckte sie sehr, immer wieder hatte sie ihn damit aufgezogen, doch er lachte nur. Und dieses Lachen war schlicht und ergreifend unwiderstehlich. Damals, bei ihrem ersten gemeinsamen Nachmittag am Strand, hatte sie sich bis über beide Ohren in diesen
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