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Fragebogen (German Edition)

Fragebogen (German Edition)

Titel: Fragebogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frisch
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gelegentlich auch Anzüge von sich, die noch solid sind: was nehmen Sie unbefangener an?
    7.  Haben Sie schon gestohlen:
    a.  Bargeld?
    b.  Gegenstände (ein Taschenbuch am Kiosk, Blumen aus einem fremden Garten, eine Erstausgabe, Schokolade auf einem Camping-Platz, Kugelschreiber, die umherliegen, ein Andenken an einen Toten, Handtücher im Hotel usw.)?
    c.  eine Idee?
    8.  Solange Sie kein Vermögen und ein schwaches Einkommen haben, reden die Reichen vor Ihnen ungern über Geld und umso lebhafter über Fragen, die mit Geld nicht zu lösen sind, z. B. über Kunst: empfinden Sie dies als Takt?
    9.  Was halten Sie von Erbschaft:
    a.  wenn Sie eine in Aussicht haben?
    b.  wenn nicht?
    c.  wenn Sie einen Säugling betrachten und dabei wissen, daß er, wie immer er sich entwickle, die Hälfte einer Fabrik besitzen wird oder eine Villa, ein Areal, das keine Inflation zu fürchten braucht, ein Ferienhaus auf Sardinien, fünf Miethäuser in der Vorstadt?
    10.  Sind Sie ein Sparer? Und wenn ja:
    11.  Erklären Sie, wieso die Staatsbank bestimmt, wieviel das Geld wert ist, das Sie als Lohn erhalten und gespart haben, und zu wessen Gunsten sich Ihre Ersparnisse plötzlich verflüchtigen?
    12.  Gesetzt den Fall, Sie stammen aus einfachen Verhältnissen und verfügen unversehens über ein großes Einkommen, so daß das Geld für Sie sozusagen keine Rolle mehr spielt: fühlen Sie sich als Person unverändert? Und wenn ja: finden das Ihre bisherigen Freunde auch oder finden sie, das Geld spiele wohl eine Rolle, indem es Sie als Person deformiert?
    13.  Was kostet zur Zeit ein Pfund Butter?
    14.  Wenn Sie in der Lage sein sollten, von Zinsen leben zu können: halten Sie sich deswegen nicht für einen Ausbeuter, weil Sie, obschon Sie von den Zinsen leben könnten, selber auch arbeiten?
    15.  Fürchten Sie sich vor den Armen?
    16.  Warum nicht?
    17.  Gesetzt den Fall, Sie sind ein großer Mäzen, d. h. Sie verteilen an Leute, die Sie persönlich schätzen, teilweise die beträchtlichen Zinsen aus der Arbeit andrer Leute: verstehen Sie die öffentliche Hochachtung, die Sie als Mäzen genießen, und Ihre eigene Unbefangenheit dabei?
    18.  Was tun Sie für Geld nicht?
    19.  Timon von Athen hat eines Tages, um die Freundschaft seiner Freunde zu prüfen, nur Schüsseln voll Wasser aufgetischt; er erfuhr dabei, was er eigentlich schon wußte, und gab sich bitter vor Enttäuschung über die Menschen, denn siehe, sie kamen immer nur seines Reichtums wegen und waren keine wahren Freunde. Finden Sie seine großen Flüche über die andern berechtigt? Offenbar hatte der reiche Timon von Athen gemeint, Freundschaft kaufen zu können.
    20.  Möchten Sie eine reiche Frau?
    21.  Wie erklären Sie es sich, daß Sie als Reicher es gerne zeigen, wenn Sie sich etwas versagen, was Sie sich ohne weiteres leisten könnten (z. B. eine Yacht), und daß Sie sich fast kindlich freuen, wenn Sie irgend etwas besonders billig erworben haben, geradezu spottbillig, so daß jedermann es sich hätte leisten können, und warum sind Sie zugleich erpicht auf unersetzbare Objekte, beispielsweise Ikonen, Säbel, Porzellan aus der Ming-Zeit, Kupferstiche, Werke toter Meister, historische Münzen, Autographen, Gebetsteppiche aus Tibet usw.?
    22.  Was mißfällt Ihnen an einem Neureichen:
    a.  daß er ohne Heraldik auskommt?
    b.  daß er vom Geld spricht?
    c.  daß er nicht von Ihnen abhängig ist?
    23.  Wie rechtfertigen Sie eignen Reichtum:
    a.  durch Gotteswillen?
    b.  daß Sie es einzig und allein Ihrer persönlichen Tüchtigkeit verdanken, d. h. durch die Annahme, daß andere Fähigkeiten, die sich nicht in Einkommen umsetzen, minderwertig seien?
    c.  durch würdiges Benehmen?
    d.  indem Sie sich sagen, daß nur die Reichen überhaupt eine Wirtschaft in Gang bringen können zum Gedeihen aller, d. h. durch Unternehmergeist?
    e.  durch Caritas?
    f.  durch Ihre höhere Bildung, die Sie einem ererbten Reichtum verdanken oder einer Stiftung?
    g.  durch asketische Lebensart?
    h.  durch vorbildliche Gewissenhaftigkeit in allen sittlichen Belangen, die das bürgerliche Profit-System nicht berühren, sowie durch Verinnerlichung der Gegebenheiten, Sensibilität für Kulturelles, Geschmack usw.?
    i.  indem Sie beträchtliche Steuern zahlen?
    k.  durch Gastgeberschaft?
    l.  indem Sie sich sagen, daß es seit Menschengedenken immer Arme und Reiche gegeben hat und also immer geben wird, d. h. daß Sie gar

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