Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
endgültigen Ankunft in Salomons Tempel wurden der Mannakrug sowie der Stab Aarons entfernt.
Danach werden der Bundeslade keine Seuchen oder Katastrophen mehr zugeschrieben. Es sieht also so aus, als hätten zumindest die Priester gewusst, dass zwischen beidem eine Verbindung bestand.
Da das Volk Israel ermahnt wurde, auf Hautausschläge zu achten, hielten es die Gelehrten für möglich, dass die Bundeslade mit der Beulenpest in Verbindung gebracht wurde. Wer einen Ausschlag bekam, musste fortan außerhalb des Lagers leben. Wenn die Bundeslade nicht unter absolut hygienischen Bedingungen und unter der Beachtung strikter Reinlichkeitsregeln aufbewahrt wurde, konnte sie massive Zerstörung bewirken.
Für die Annahme der Gelehrten, es habe eine Verbindung zwischen der Bundeslade und der Beulenpest gegeben, spricht auch, dass die Philister bei der Rückgabe der Bundeslade gol-dene Nachbildungen von Tumoren und Ratten mitschickten. Wie konnte die Lade als Überträger einer Seuche wirken? Die Erreger der Beulenpest siedeln im Verdauungstrakt des Flohs. Möglicherweise ernährten sich die Flöhe in der Lade von einer Kombination aus Manna und den Blüten an Arons Stab. Auf diese Weise wurde die Lade, nachdem diese Gegenstände entfernt wurden und damit die Brutstätte der Flöhe zerstört worden war, zu einem rein religiösen Totem.
Die Theorie, dass die Bundeslade möglicherweise elektrisch geladen war, beruht auf ihrem Baumaterial und auf Berechnungen, welche statischen Spannungen sich in einer so schweren Goldtruhe aufbauen konnten. Diese Annahme wird von der Tatsache gestürzt, dass die Priester barfuß gehen mussten; der Brustpanzer des Hohen Priesters schützte möglicherweise den Träger, wenn er die Lade öffnete; und der Tempel selbst war wie ein riesiges Schutzfeld gegen die Kraft der Lade konzipiert.
Aufmerksame Leser werden schon vermutet haben, dass Av-gay’el (Abigail) bei mir zur Autorin der Urbibel wird, die Autorin der »J«-Version. Ich habe ihr diese Machtstellung und die Verantwortung übertragen, indem ich mich, was die Syntax der Übersetzung sowie den Kern ihrer Geschichten betrifft, freizügig bei Harold Blooms und David Rosenbergs The Book of J bedient habe.
Hiram von Tsor (Tyrus) gehört zu den rätselhaftesten Gestalten der Geschichte. Was sprach dagegen, diesen Mann, der die Freimaurerlegende inspirierte, dessen Wurzeln bis ins alte Ägypten sowie nach Atlantis zurückreichen, der die Muse für so viele Gottheiten darstellt und der noch dazu den Tempel erbaute - was sprach dagegen, diesen Mann von Dion verkörpern zu lassen? Der unsterbliche, düstere und von seinen Begierden gepeinigte Grieche konnte nach seinem Sturz problemlos in die von so vielen Legenden umrankte Rolle schlüpfen.
Es gibt keinerlei vernünftige Erklärung für Echnatons Herrschaft, während der er eigenhändig das ägyptische Imperium zu Grunde richtete und die Menschen ihren Göttern entfremdete, um auf diese Weise zum alleinigen Priester der narzisstischen Religion bis hin zum Massaker von Jonestown zu werden. Es ist durchaus denkbar, dass er aus den Psalmen abschrieb und sie umschrieb. Er heiratete seine Töchter und hinterließ keine Söhne. Dennoch wurde, so meint wenigstens der Ägyptologe James Breasted, mehr Papier über diesen Zeitabschnitt voll geschrieben als über die gesamte übrige ägyptische Geschichte. Echnaton muss ein extremes Charisma besessen haben, sonst hätte er keinesfalls die Ma’at kippen, den Hof umschmeicheln, Nofretete - die schönste Frau seiner Zeit -heiraten und sich über zehn Jahre auf dem Thron halten können.
Semenchkare bleibt uns ebenfalls ein Mysterium. Wir haben die Mumie eines achtzehn- bis zweiundzwanzigjährigen Menschen dieses Namens, doch Identität und Geschlecht des Toten sind seit fast hundert Jahren umstritten. Wer weiß? Es war zu jeder Zeit modern, die Mächtigen zu imitieren, darum ließ ich Echnaton mit seiner Androgynie einen solchen Trend setzen, dass RaEm sich in der Verkleidung eines Mannes einen Platz am Hof erobern konnte - bis hin zur Hochzeit mit Meritaton, die zufälligerweise zur gleichen Zeit wie Semenchkare von der Bildfläche verschwindet.
Eine beinahe gespenstische Erfahrung beim Schreiben hatte ich, als ich auf den Namen von Davids ägyptischem Schreiber stieß. Er wird auf verschiedene Weise interpretiert, darunter auch als Chavsha. Vieles deutet darauf hin, dass David sich die ägyptische Regierungsform zum Vorbild für seine neue vereinte
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