Eroberung unter Palmen
1.
Kapitel
Domenic
Silvagni seufzte ärgerlich. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf
Minuten summte nun schon die Telefonanlage, und er hatte erst ein
Drittel des Geschäftsberichts durchgearbeitet. Gereizt warf er
den Füllhalter hin, so heftig, dass der wie ein Katapult über
den ledergebundenen Ordner schoss.
Bestimmt
wieder sein Vater.
Niemand
sonst hätte es geschafft, an der resoluten Ms. Hancock
vorbeizukommen, deren Aufmerksamkeit einem Wachhund alle Ehre gemacht
hätte. Sie war Domenic Silvagni während seines
Sydney-Aufenthalts im Vorzeigehotel der Silvers-Kette als persönliche
Assistentin zugeteilt und schirmte ihn rigoros vor der Außenwelt
ab. Und genau das brauchte er, wollte er den Bericht jemals schlüssig
auswerten. Irgendwo hinter dieser Flut von Daten und Fakten und
Marktbeobachtungen verbarg sich der Grund für die rückläufigen
Unternehmensergebnisse der australischen Hotelniederlassungen. Wie
auch immer, er war fest entschlossen, es schleunigst herauszufinden,
denn er beabsichtigte, noch am selben Abend nach Rom zurückzufliegen.
So
viel zum Thema "keine Anrufe durchstellen". Wie er seinen
Vater kannte, wollte der ihm ohnehin nur den Kopf zurechtrücken.
Und er hatte keine Lust auf dessen ständige Vorträge. Schon
gar nicht, wenn es wieder um diese Fotos ging – die
beiden Abbildungen in den Klatschspalten von Caught in The Act. Domenic hielt sein Privatleben nämlich für eine rein
persönliche Angelegenheit, aber die Leute von der Zeitschrift
hatten es gnadenlos vor der Öffentlichkeit ausgebreitet.
Dabei
wusste Guglielmo Silvagni verdammt gut, dass das Playboy-Image, das
die Sensationspresse seinem Sohn anhängte, nicht zutraf.
Trotzdem war sein alter Herr darüber tief unglücklich.
"Hast
du nichts Besseres zu tun, als dich mit Supermodels und Starlets
herumzutreiben?" hatte Guglielmo Silvagni gefragt. "Such
dir eine Frau mit Stil und ein bisschen Geist – eine, die es
nicht nur auf dein Geld abgesehen hat."
Emma
und Kristin wären zu Recht empört gewesen über dieses
vernichtende Urteil. Selbst aufsteigende Hollywood-Sternchen und
Supermodels brauchten mehr als nur ein gutes Aussehen, um Karriere zu
machen.
Nicht
zu vergessen ihre Eifersucht. Beide hatten die Sache mit den
veröffentlichten Fotos sehr persönlich genommen.
Natürlich
war es eine unangenehme Geschichte. Aber noch lange kein Grund, sich
deshalb an die Kette legen zu lassen. Domenic war nicht unbedingt
darauf versessen, eine Frau zum Heiraten zu finden oder eine Familie
zu gründen. Egal, wie oft Guglielmo kritisierte, dass sein Sohn
darüber allmählich zu alt würde.
Zu
alt! Verdammt, er war erst zweiunddreißig. Ein Mann in den
besten Jahren.
Das
Lämpchen auf der Telefonanlage blinkte ihn vorwurfsvoll an, als
signalisierte es ihm: Lügner … Lügner. Er
stöhnte missmutig – jetzt dachte er schon wie sein Vater –
und nahm den Hörer auf.
"Sagen
Sie meinem Vater, dass ich ihn später zurückrufe. Sobald
ich den Bericht durchgearbeitet habe."
"Verzeihen
Sie, Mr. Silvagni, aber es ist … nicht Ihr Vater …."
Er
stutzte. Irgendetwas stimmte da nicht. Ms. Hancock hatte ihren
gewohnt scharfen Ton abgelegt. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft
klang die sonst so energische Mitarbeiterin irgendwie kleinlaut.
"Es
ist eine Frau …", fuhr sie fort.
Er
biss die Zähne zusammen. Zu schade, dass mein
Vorzimmerdrachen plötzlich so zahm ist.
Domenic
war klar, dass sein Vater sich spielend über diese letzte
Barriere hinwegsetzen konnte. Schließlich war er Silvers
Hotels. Gemeinsam mit Domenics verstorbenem Großvater hatte er
das Unternehmen von einer Dreizimmerpension in Neapel zu einer
weltweit erfolgreichen Fünfsterne-Hotelkette ausgebaut. Und
obwohl er sich nach einer überstandenen Krebserkrankung in die
ländliche Toskana zurückgezogen hatte und sein Sohn
inzwischen das internationale Geschäft leitete, ging von
Domenics Vater weiterhin die Aura der Macht aus. Aber wieso
ausgerechnet eine Frau?
"Ich
hatte Sie doch gebeten, mir keine, absolut keine Telefonate
durchzustellen."
"Sie
ist nicht am Telefon", brachte Ms. Hancock hastig hervor, ehe er
auflegen konnte. "Sie ist hier. Sie sagt, es sei wichtig und
dass Sie sie bestimmt empfangen werden."
Domenic
lehnte sich in dem ledergepolsterten Chefsessel zurück und
trommelte nervös mit den Fingerspitzen auf die
Schreibtischplatte. "Wer ist es?" fragte er, während
er in Gedanken unwillkürlich die ihm bekannten Aufenthaltsorte
seiner bislang letzten
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