Franley, Mark
hier in der Gegend häuslich niedergelassen hat. In der Nähe des kleinen Ortes Postbauer-Heng stand eine Art Lustschloss leer, das nun ohne jeden Kredit an den Russen verkauft wurde.« Der Polizeichef machte eine kurze Pause, um einen Schluck Wasser zu trinken, und fuhr dann fort: »Sie werden sich jetzt sicher fragen, warum wir wegen dieser Sache so ein Aufhebens machen und Sie alle hier einbestellt haben. Nun, Petrov ist nicht irgendjemand. Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass er einer der einflussreichsten Köpfe der internationalen Mafia ist. Das Fatale ist nur, man kann ihm absolut nichts nachweisen, und was fast noch schlimmer ist, er pflegt enge Kontakte zu Politik und Wirtschaft. Selbst die Italiener haben vor ihm Angst und keiner von ihnen wagt es, sich ihm entgegenzustellen. Sein Dienstleistungskatalog reicht von Waffen-, Drogen- und Menschenhandel bis hin zur Versorgung der Pädophilen-Szene. Darüber hinaus gibt es zahlreiche, wirklich kaltblütige Morde, die wir mit ihm in Zusammenhang bringen können. Wir befürchten, dass der Kauf des Schlosses nicht ohne Folgen für Nürnberg bleiben wird. Dieser Mann lässt sich kein Geschäft entgehen und wird sich auch hier mit Geld und Gewalt einkaufen! Für uns heißt das erhöhte Wachsamkeit, Dialog mit den Bar-, Club- und Restaurantbesitzern sowie mehr Präsenz zeigen. Auch wenn es nicht zu Ihrem Überwachungsbereich gehört, schicken Sie Ihre Beamten ruhig zwischendurch im Dienstwagen zu diesem Anwesen. Michail Petrov soll wissen, dass wir ihn im Blick haben!«
Nach der üblichen Frage- und Antwortrunde leerte sich der Saal und auch die beiden Kommissare gingen zurück in ihr Büro. Natalie setzte sich an Peters alten Platz, startete ihren Computer und gleich als erste Meldung erschien der Steckbrief, den sie eben an der großen Leinwand gesehen hatte. Mike, der hinter ihr stand, fragte: »Was hältst du von dieser Geschichte?« Als ihm seine neue Partnerin die Antwort schuldig blieb und einfach nur auf die drei Fotos von Petrov starrte, fügte er hinzu: »Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sich so einer einfach bei uns einnisten kann und dann mal eben so die Stadt auf den Kopf stellt!«
Natalie riss sich von den Fotos los, sah aber nicht zu Mike, sondern aus dem Fenster und antwortete: »Ich auch nicht, aber dieses ominöse Lustschloss würde ich mir gerne einmal ansehen!«
Mike warf einen Würfelzucker in seinen gerade fertig gewordenen Kaffee, blickte ebenfalls in den stahlblauen Himmel und sagte: »Ich kenne dieses Schloss! Gebaut hat es ein Industrieller, der Kaminöfen hergestellt hat und inzwischen insolvent ist. Dieser Prunkbau steht völlig unpassend mitten in der flachen Landschaft und gleicht einem Hochsicherheitsgefängnis. Wir können es uns aber gerne einmal ansehen, wenn du möchtest. Der Fall Maier ist beim Staatsanwalt und bis auf unsere Zeugenaussagen abgeschlossen. Wir haben also etwas Zeit.«
»Gerne!«, stimmte Natalie etwas steif zu und schon fünf Minuten später verließen sie das Gebäude.
Ob es einfach an der Neugierde oder an der Ansprache des obersten Polizeichefs lag, konnten die beiden Kommissare nicht sagen, auf jeden Fall kamen ihnen auf der Fahrt nach Postbauer-Heng nicht weniger als sechs Streifenwagen entgegen. Jeder ihrer Kollegen schien darauf erpicht, sich dieses ominöse Schloss einmal anzusehen.
»Schöne Gegend!«, stellte Natalie mit einem Blick aus dem Fenster fest, wo weite Felder sich mit kleinen Baumgruppen abwechselten und alles friedlich wirkte.
Erst als sie das Schloss fast erreicht hatten, tauchten die Türme hinter den weitläufigen Parkanlagen auf, was das Gebäude aber nicht weniger imposant machte. Vielleicht auch, weil man hier so etwas einfach nicht erwartete. Der hohe Zaun erlaubte zwar einen relativ freien Blick auf die goldverzierte Fassade, hielt aber jeden Neugierigen davon ab, näher heranzukommen. Abgerundet wurde die Mischung aus Prunk und Festung durch zahlreiche Kameras und einige, ziemlich breitschultrige Aufpasser, die jedes vorbeifahrende Auto misstrauisch begutachteten.
»Leer steht es auf jeden Fall nicht mehr!«, stellte Mike trocken fest und stoppte den Wagen fast direkt vor dem großen schmiedeeisernen Tor der Einfahrt.
Noch bevor Mike und Natalie ganz ausgestiegen waren, kamen gleich zwei der osteuropäisch aussehenden Aufpasser auf das Tor zu und eine der am Zaun angebrachten Kameras schwenkte zu ihnen herüber.
Unbeeindruckt schlug Natalie ihre Beifahrertür zu und
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